Regelungsautonomie der Sportverbände vs. Kartellverbot – Zum Anwendungsbereich der Meca-Medina-Ausnahme

2021 ◽  
Vol 19 (4) ◽  
pp. 565-600
Author(s):  
Florian Bien ◽  
Björn Christian Becker

Zusammenfassung Dieser Beitrag klärt das Verhältnis zwischen sportverbandlicher Regelungsautonomie und Kartellverbot. Ausgangspunkte sind das grundlegende Urteil des EuGH in der Rechtssache Meca-Medina und die Anwendung der vom Gerichtshof in Meca-Medina aufgestellten Grundsätze durch das EuG im Fall ISU. Der Beitrag weist nach, dass die vom Gerichtshof judizierte Einschränkung des Kartellverbots im Fall „rein sportlicher Regelwerke“ ihre Grundlage in der verfassungsrechtlich geschützten Vereinigungsfreiheit und der daraus resultierenden Regelungsautonomie der Verbände hat. Vor diesem Hintergrund lässt sich die vom EuGH in Meca-Medina durchgeführte Verhältnismäßigkeitsprüfung dogmatisch als Versuch deuten, praktische Konkordanz zwischen Verbandsautonomie und Wettbewerbsschutz herzustellen (II.5.). Angesichts der zentralen Bedeutung, die dem Grundrecht der Vereinigungsfreiheit als Bezugspunkt der Meca-Medina-Ausnahme zukommt, wird die sachliche und persönliche Reichweite der Meca-Medina-Ausnahme aufgefächert und abgegrenzt (III.1., III.2.). Unterschieden werden vier Grundtypen verbandlicher Regelwerke (I.2.). Es zeigt sich, dass Sportausübungsregeln im engeren und im weiteren Sinne sowie interne Organisationsregeln (Verbandsregeln des Typs 1 und 2) in den Schutzbereich der Verbandsautonomie fallen, weshalb hier eine Einschränkung des Kartellverbots aufgrund der Verhältnismäßigkeitsprüfung in Betracht kommt. Der darüberhinausgehende Versuch von Sportverbänden, das wettbewerbliche Verhalten von Verbandsmitgliedern gegenüber verbandsexternen Dritten oder gar von verbandsexternen Dritten selbst zu reglementieren (Regelungen des Typs 3 und 4) erfährt demgegenüber keine Privilegierung im Hinblick auf das Kartellverbot.

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