ZusammenfassungEin 55-jähriger Patient mit einem seit Jahrzehnten vorbekannten systemischen Lupus erythematodes (SLE) und zahlreichen medikamentös behandelten Komorbiditäten (arterielle Hypertonie, Diabetes mellitus Typ 2, Hyperurikämie, Niereninsuffizienz, Antiphospholipid-Syndrom, venöse Thromboembolien und periphere arterielle Verschlusskrankheit) stellte sich zur Abklärung von Ulcera crurum bei einem Hautarzt vor. Der Dermatologe diagnostizierte eine Immunvaskulitis und verordnete Azathioprin (100 mg/Tag). In der Folge kam es zu einer deutlichen Verschlechterung des Allgemeinbefindens sowie zu einem Abszess am Oberschenkel; als Ursache stellte sich eine schwere Panzytopenie heraus. Während des nachfolgenden stationären Aufenthaltes wurde der Patient dialysepflichtig, entwickelte eine Pneumonie, Gerinnungsstörungen und zerebrale Infarkte mit Entwicklung einer kortikalen Blindheit. In zeitlichem Abstand traten eine akute Cholecystitis bei Cholelithiasis, eine Sepsis und zunehmende Ischämien im Bereich der hirnzuführenden Arterien mit motorischen Ausfällen, Sprachstörungen und rezidivierenden Krampfanfällen auf, die schließlich zum Tode führten.Gutachterlich festgestellt und von der Schlichtungsstelle bestätigt wurde als Ursache der Panzytopenie die behandlungsfehlerhafte Komedikation von Azathioprin mit der vorbestehenden Medikation mit Allopurinol ohne Dosisanpassung. Xanthinoxidasehemmer wie Allopurinol können die Myelotoxizität von Azathioprin erhöhen; sollte im Einzelfall eine entsprechende Kombination unvermeidbar sein, ist laut Fachinformation eine Dosisreduktion von Azathioprin auf 25 % erforderlich sowie eine engmaschige Kontrolle von Blutbild und Thrombozyten.Gerade bei multimorbiden, multimedikamentös vorbehandelten Patienten sollten bei Neuansetzen einer medikamentösen Therapie mögliche Arzneimittelinteraktionen sorgfältig überprüft werden.