Michael Balint und Raoul Schindler

2021 ◽  
Vol 22 (04) ◽  
pp. 121-129
Author(s):  
Volkmar Ellmauthaler

ZusammenfassungZwei prägende Namen und Methoden sind hier in Beziehung gesetzt: Michael BALINT für die psychoanalytische Methode und Raoul SCHINDLER für eine psychoanalytisch-rangdynamische Methode, die „Gruppendynamik“: beide sind besonders geeignet für Training und (Lehr)Supervision. Nach einer kurzen biographischen Darstellung von Michael Balint (1896–1970) und Raoul Schindler (1923–2014) erfolgt ein Vergleich beider Methoden.Bei der dynamischen Gruppe mit bi- und multifokalen Beziehungsstrukturen haben Gruppen dieser Art sich selbst zum Thema. Interne und externe Beziehungen werden unter den Aspekten der Rangdynamik und der unterschiedlichen emotionalen Sensibilität der Gruppenmitglieder untersucht. Externe „unbeteiligte Beobachter(m/w/i)“ können konstruktive Beiträge für den Reflexionsprozess leisten. Die Expertentrainer(m/w/i) übernehmen gemäß den bekannten Diskretions- und Abstinenzregeln die Funktion von „unbeteiligten Expertenbegleitern“, die zuvor in einem separaten Prozess zusammen mit mindestens einem der Trainer(m/w/i) ihre eigenen Strategien und Interventionen in dem supervisorischen Umfeld reflektieren. Die Idee, Beziehungen zu spiegeln, realisiert sich durch die Anwendung der Methoden und Techniken der klassischen Psychoanalyse in einer Gruppe von Spezialisten – der Balintgruppe. Neu ist die Verwendung einer Gruppe selbst als „Organ“ zur systematischen Darstellung und Reflexion der Außenbeziehungen sowie der Gruppenmitglieder(m/w/i), um dies zu erreichen. Werden die „Problembereiche“ unserer eigenen Verhaltensmuster und die eigene Verwundbarkeit aufgrund von oft vor- oder gänzlich unbewussten Traumata kennengelernt, kann der gesamte Prozess dazu beitragen, sich von problematischen Beziehungen zu befreien oder sie im besten Fall neu zu formen. Abseits therapeutischer Überlegungen ist das ein konstruktiver Weg des Trainings der Selbst- und Beziehungsreflexion sowohl für angehende als auch im Beruf stehende Experten(m/w/i). Die Art der Balint-Gruppenarbeit ist daher im Wesen analytisch, doch nicht primär therapeutisch. Sie folgt dem Prinzip einer analytischen Reflexionsgruppe mit einer verhaltensmodifizierenden Einstellung. Die Teilnehmer(m/w/i) können sich der eigenen, vor- oder unbewussten Beteiligung an einer „schwierigen“ externen Beziehung innerhalb und mithilfe der Expertengruppe bewusst werden. Un- oder vorbewusste libidinöse Bindungen, die Dynamik zwischen einem Experten(m/w/i) und seinen bzw. ihren Patienten kann in einem „stellvertretenden Prozess“ innerhalb einer von Experten geleiteten, standardisierten Gruppe analysiert werden. Die Frage von virtuellen Gruppen (bspw. im Internet) wird reflektiert.

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