Religion als Kommunikationssystem
Zusammenfassung Wenn man Religion als gesellschaftliches Kommunikationssystem beschreiben will, müssen zunächst einige system- und sinntheoretische Voraussetzungen geklärt werden. Auf dieser Grundlage kann die Frage nach der gesellschaftlichen Funktion der Religion bestimmt werden als Behandlung der Paradoxie des in sinnhafter Kommunikation mitlaufenden Unbestimmten des Bestimmten. Der evolutionäre Erfolg der Religion unter sehr verschiedenen gesellschaftsstrukturellen Bedingungen lässt sich darauf zurückführen, dass die Religion Duplikate der gesellschaftlichen Unbestimmtheiten erzeugt und dafür eigene Umgangsformen mit systemrelativen Ungewissheiten entwickelt. So wird der Offenheit der eigenen Sinnverweisungen durch die Etablierung eines spezifischen binären Codes (Immanenz/Transzendenz) Rechnung getragen. Historisch lässt sich dabei eine zunehmende Abstraktion des Negativwertes beobachten, der erst die gesamte Welt für die Religion zugänglich werden lässt. Die Frage nach der Einheit des Codes wird, nachdem zunächst die Grenze selbst tabuisiert wurde, dann durch die Erfindung des Symbolischen bearbeitet, bevor auch diese Lösung zunehmend in Frage gestellt wird. Neuerdings stellt sich der Eindruck ein, dass unter den Bedingungen zunehmender gesellschaftlich erzeugter Unsicherheit die etablierten Formen der Reformulierung der Unbestimmtheit in eine Krise geraten.