Gesellschaft, Gott und Offenbarung
Zusammenfassung Ausgehend von einem strikt auf Kommunikation bezogenen Verständnis von Gesellschaft, das eine Kommunikation mit Außergesellschaftlichem ausschließt, fragt der Text nach den Folgen für das Gottesverständnis, insbesondere der theologischen Annahme der Möglichkeit einer Kommunikation mit Gott. Es lassen sich in der Geschichte unterschiedliche Lösungsversuche unterscheiden. Sowohl Naturreligionen wie der Deismus des 18. Jahrhunderts haben einen nichtkommunizierenden Gott postuliert, der sich in der Natur bzw. der gesellschaftlichen Ordnung offenbart. Die Offenbarungstheologie überzeugt aufgrund der zunehmenden Komplexität der Gesellschaft im 18. Jahrhundert, in dem sich das Phänomen der Inkommunikabilität aber nicht nur auf die Religion beschränkt, nicht mehr. Mit der Ausdifferenzierung funktional differenzierter, binär codierter Kommunikationszusammenhänge geht der Ausschluss dritter Werte einher. Gott kann dann als Wiedereinführung des Ausgeschlossenen verstanden werden, er kommt auf beiden Seiten der Unterscheidung – gut/böse, arm/reich usw. – vor. Das ermöglicht aber keine adäquate Beschreibung der dann möglichen Kommunikation, wie auch unklar bleibt, für was ein solcher Gott in der Gesellschaft noch zuständig ist. Die Idee des schweigenden Gottes hat das 19. Jahrhundert nicht überlebt; zeitgleich mit der Idee der Evolution, die von Differenz statt von Einheit ausgeht, übernimmt nun in der Theologie das Konzept der auch durch Gott nicht überblickbaren Schöpfung die Themenführerschaft. Dadurch wird die Figur des schweigenden Gottes ersetzt, nicht aber das Konzept der Offenbarung, obwohl die funktionale Ausdifferenzierung des Gesellschaftssystems den Offenbarungsgedanken zunehmend marginalisiert.