Die ‚Freirechtler‘ als Intellektuellengruppe betrachtet

2021 ◽  
Vol 0 (0) ◽  
Author(s):  
Clemens Boehncke

Zusammenfassung Die sogenannten ‚Freirechtler‘ spielen eine entscheidende Rolle während des Aufeinandertreffens von Soziologie und Jurisprudenz Anfang des 20. Jahrhunderts. Im Beitrag wird gezeigt, dass sie charakteristische Strukturmerkmale einer Intellektuellengruppe aufweisen, wie sie idealtypisch von Jürgen Frese und Wolfgang Eßbach entworfen wurden. Konzentriert wird sich hierbei auf den überindividuellen Zusammenhang zwischen Hermann Kantorowicz, Gustav Radbruch, Theodor Sternberg, Ernst Fuchs und Eugen Ehrlich in den Jahren zwischen 1903 und 1914. Zunächst werden die sozialen Wandlungsprozesse insbesondere innerhalb von Rechtsleben und Rechtswissenschaft um 1900 geschildert, die den ‚Nährboden‘ dieser Art von (Intellektuellen-)Gruppenbildung darstellen. Daran anschließend werden drei typische innere Merkmale geschildert: Man argumentierte aus einer (verschiedentlich bedingten) marginalisierten Position innerhalb der Rechtswissenschaft heraus; man bediente sich zur Selbstinszenierung einer Grammatik, mit der man sich selbst in den Zusammenhang mit der häretischen Linie des Christentums stellte; man hatte durch ein gemeinsames Treffen in Heidelberg im Jahr 1910 als Gruppe ein ‚Pfingsterlebnis‘. Zugleich scheiterten alle Versuche, den Gruppenzusammenhang zu institutionalisieren.

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