Materialität und Gesellschaftstheorie

MedienJournal ◽  
2021 ◽  
Vol 44 (4) ◽  
pp. 32-45
Author(s):  
Andreas Langenohl ◽  
Doris Schweitzer

In der Soziologie ist gegenwärtig der Trend zu erkennen, auf die Dingbegriffe der objektorientierten Soziologien, der Neuen Materialismen bzw. des material und auch practical turn zurückzugreifen. Angesichts dessen wird der Frage nachgegangen, welche Implikationen es aus gesellschaftstheoretischer Sicht hat, wenn für die Analyse sozialer Phänomene auf diese neuen Dingbegriffe zurückgegriffen wird. Denn die Neuen Materialismen, die in ihrer Argumentation primär auf der sozialtheoretischen Ebene ansetzen, blenden gegenüber dem klassischen materialen bzw. dinghaften Erbe der Soziologie (etwa Durkheim, Marx) die historischen Verschränkungen von Materialität und gesellschaftlichen Verhältnissen aus. Dadurch fallen sie einen entscheidenden Schritt hinter diese klassischen, gesellschaftstheoretisch gelagerten Ansätze zurück, können sie doch in ihrem sozialtheoretischen Zuschnitt den Nexus zwischen Gesellschaftstheorie, Materialität und Gesellschaftsgeschichte nicht adäquat konzeptionalisieren. Was eine solche Einlagerung von Materialitäten in die jeweilige Gesellschaftsgeschichte bedeuten kann, wird für drei analytische Ebenen skizziert: für die historische Genese von Dingen, für die Dingwerdung des Sozialen sowie für die Materialität sozialer Praxis selbst. Gerade im letzten Punkt zeigt sich – verdeutlicht an Habermas’ Theorie des kommunikativen Handelns – dass es gerade auch für die Medientheorie von Vorteil ist, die Konstitution von Dingen (und darunter Verdinglichung als maßgebliche Variante) in ihrer doppelten, sozial- und gesellschaftstheoretischen – und daher auch geschichtlichen – Rahmung zu analysieren.

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