Menschen ohne Krankenversicherung – Prävalenz und
Rückführung in die sozialen Sicherungssysteme durch den
Sozialdienst am Beispiel des Universitätsklinikums Essen
Zusammenfassung Ziel der Studie Trotz der seit 2007 grundsätzlich geltenden Versicherungspflicht leben in Deutschland Menschen ohne ausreichenden Krankenversicherungsschutz. Daten zur Prävalenz oder zur Beschreibung dieser Bevölkerungsgruppe gibt es kaum, vor allem für den stationären Sektor. Die vorliegende Studie beschreibt deren Prävalenz und soziodemographische Verteilung am Beispiel des Universitätsklinikums Essen über einen Zeitraum von fünf Jahren. Darüber hinaus berichten wir Ergebnisse der Kostenträgerermittlung und deren monetäre Auswirkungen für den Leistungserbringer. Methodik Eingeschlossen wurden Patienten mit fehlendem oder unklarem Versicherungsstatus der Jahre 2014–2018. Für eine differenzierte Auswertung wurden vier Statusgruppen gebildet Patienten mit Leistungsanspruch in Deutschland, EU-Bürger, Patienten aus Drittstaaten und Patienten ohne Aufenthaltsstatus. Ergebnisse Die Stichprobe umfasst 918 Patienten ohne Krankenversicherungsschutz (mittleres Alter 31,3±20,6 Jahre, 52,1% Männer). Für den Fünfjahreszeitraum wurde in 74% der Fälle ein Kostenträger ermittelt und dadurch eine Kostenerstattung in Höhe von insgesamt 7,5 Million Euro erreicht. Die größte Inanspruchnahme zeigt sich in den Fachabteilungen Frauenheilkunde und Geburtshilfe mit 20%, der Kinderheilkunde mit 17%, der Orthopädie und Unfallchirurgie mit 14% und der Innere Medizin mit 13%. Schlussfolgerung Die Studie belegt, dass Menschen ohne Krankenversicherungsschutz im medizinischen Versorgungssystem nach wie vor existieren. Für den stationären Sektor zeigen die Ergebnisse, dass eine Kostenträgerermittlung und Kostenerstattung möglich sind und sich die Kosten beziffern lassen. Um insgesamt zielgruppenspezifischere Maßnahmen für die Praxis entwickeln zu können, bedarf es intensivere Forschungsansätze zu den Ursachen und Einflussfaktoren. Die Verfügbarkeit flächendeckender Informationen würde die Thematik der fehlenden Vergütung für diese Patientengruppe politisch diskutierbar machen.