ZusammenfassungDie beiden im Exil entstandenen Romane „The Real Life of Sebastian Knight“ (1941) von Vladimir Nabokov und „Doktor Faustus“ (1947) von Thomas Mann sind zwei fiktionale Texte über das Schreiben nicht-fiktionaler Künstler-Biographien. Da die fiktiven Biographen-Figuren selbst keine Künstler sind, wird in beiden Romanen der Blick von außen auf die künstlerische Kreativität dargestellt. Auf der Werkebene werden diese Versuche, einen anderen Menschen in seinem Gewordensein aus seiner Lebensgeschichte heraus zu verstehen, aber immer wieder mit den Mitteln der Groteske als unzulänglich bloßgestellt, nicht zuletzt durch die Lächerlichkeit ihrer den Prämissen und Strukturmerkmalen der anti-modernen Romanbiographien der 1920er und 1930er verpflichteten Erzähler-Figuren. Nabokovs besonders selbstreferentieller Roman ist ein Text über die Unmöglichkeit, einen anderen Menschen zu verstehen, indem man sein Leben erzählend rekonstruiert, was durch einen nicht offen unzuverlässigen, aber dennoch höchst zweifelhaften Ich-Erzähler narrativ gestaltet wird. Mann dagegen nutzt einen offen unzuverlässigen Erzähler, um einen Meinungsvorschlag zur Diskussion zu stellen, ohne dass Mann sich selbst als Autor zu dieser Position bekennen müsste. Beide Romane verfügen über die erzählerischen Traditionen der Romantik und bringen somit letztlich ihre Interpreten in die Position, in ihren Verstehensakten nun auch selbst Position zu beziehen, ob das Verstehen eines Künstlers – hier nicht seines Lebens, sondern eines seiner Werke – möglich sei.