Jahrbuch der Psychoanalyse
Latest Publications


TOTAL DOCUMENTS

30
(FIVE YEARS 30)

H-INDEX

0
(FIVE YEARS 0)

Published By Psychosozial Verlag

0075-2363, 2703-0989

2021 ◽  
Vol 62 (2) ◽  
pp. 63-77
Author(s):  
Dionne R. Powell
Keyword(s):  

Der vorliegende Text beschäftigt sich mit der psychischen Repräsentation von Schwarzem Leben in den Vereinigten Staaten von Amerika, wie es von Black Lives Matter (BLM) und den Vorgängern dieser Bewegung symbolisiert wird, und dem psychischen Widerstand gegen die Anerkennung Schwarzen Lebens. Die Autorin verbindet den Kampf von BLM um nachhaltige Anerkennung mit dem Widerstand auf einer gesellschaftlichen, aber vor allem einer psychischen Ebene, die Afrikaner in Amerika in ihrem ganzen Menschsein zu akzeptieren. Ein Teil dieses Widerstands resultiert aus dem Bildungssystem, das die Rassengeschichte der Vereinigten Staaten ausspart, hinzu kommt die beiderseitige Verleugnung der traumatischen Vergangenheit der Immigranten und der rassischen Traumata des heutigen Amerikas. Dieser Widerstand gegen Veränderung erstreckt sich bis in den Behandlungsraum hinein und reicht damit bis zum Psychoanalytiker selbst. Es werden Theorien darüber aufgestellt, wie es zu diesem Widerstand unter Psychotherapeuten und Psychoanalytikern kommt und was wir verlieren können, wenn wir uns unbewussten Rassismus, die Privilegiertheit der Weißen und unausgesprochene Vorurteile nicht bewusst machen. Ergänzt wird diese Arbeit durch klinische Beispiele.


2021 ◽  
Vol 62 (2) ◽  
pp. 105-129
Author(s):  
Karin Johanna Zienert-Eilts
Keyword(s):  

Ausgehend von den derzeit erstarkenden gesellschaftlichen radikalen Kräften in Deutschland, die sich unter anderem in Empörung und Hass auf die Bundeskanzlerin Angela Merkel artikulieren, untersucht die Autorin die Strukturen fanatischer Überzeugungen, ihre individuellen Entwicklungsbedingungen im Zusammenspiel von unbewussten Phantasien mit Schutzund Abwehrformationen sowie innere Radikalisierungsprozesse. Indem sie Susan Isaacs Ausführungen über unbewusste Phantasien mit Wilfred Bions Metapher des Retikulums und seinem Konzept des Containings verbindet und misslingendes Containing in frühen somatopsychischen Prozessen skizziert, entwirft sie ein psychoanalytisches Erklärungsmodell, das fanatische gesellschaftliche Phänomene verstehen hilft.


2021 ◽  
Vol 62 (2) ◽  
pp. 131-154
Author(s):  
Christoph Bialluch ◽  
Kerstin Sischka

Ausgehend von dem Wunsch zu verstehen, warum sich junge Menschen islamistischen Gruppen zuwenden, möchten wir Einblick in unsere Arbeit im Bereich der Prävention und Deradikalisierung geben, die wir im Sinne einer angewandten Psychoanalyse zu gestalten versuchen. Nach einer kleinen Literaturschau über entsprechende Zugänge gehen wir auf die Rahmenbedingungen unserer Arbeit ein, wie wir Erstgespräche durchführen, und greifen etwaige Konfliktlinien auf. Im Mittelpunkt stehen zwei Fallvignetten, eine ausführliche aus dem Bereich der Radikalisierungsprävention, eine kurze aus der Deradikalisierung, die wir im Anschluss noch einmal explizit mit psychoanalytischen Konzepten wie Spaltung, destruktiver Narzissmus und anderen mehr verbinden. Im Ausblick streifen wir die Diskussion, Radikalisierung nicht nur als regressive, sondern auch als progressive Bewegung zu beachten, sie eben auch eine adoleszente Suche nach Sinn und Zugehörigkeit darstellt.


2021 ◽  
Vol 62 (2) ◽  
pp. 155-174
Author(s):  
Ulrich Moser

Berührung ist ein essenzielles Erleben von Nähe und Lebendigkeit. Die Fernsinne Sehen, Riechen, Hören eröffnen Informationskanäle, die im Affektaustausch Trajektorien oder »Felder« erzeugen. Trajektorie ist neben Raum und Zeit ein drittes Grundkonzept, das sich vermutlich genetisch am frühesten ausbildet. Trajektorie ist Spur eines Ablaufes, einer Verbindung, Verknüpfung, im weitesten Sinne ein Informationskanal mit oder ohne Wechselwirkung. Trajektorie ist ein implizites Grundprinzip psychodynamischen Denkens sowie auch von kybernetischen Funktionen. Abstraktes Denken in mathematischen und Computer-Sprachen kann durch Trajektorien visualisiert werden. Der Schilderung verschiedener klinischer Beispiele folgt ein Exkurs in die Struktur von Graph-Theorien und sozialen, neuronalen und artifiziellen Netzwerken. Auch diese Denkstrukturen enthalten spezifische, jedoch vereinfachte, zumeist gerichtete Trajektorien.


2021 ◽  
Vol 62 (2) ◽  
pp. 79-103
Author(s):  
Julia Schuler ◽  
Clara Schließler ◽  
Oliver Decker

In diesem Beitrag wird die Fruchtbarkeit des psychoanalytischen Diktums der »Wiederkehr des Verdrängten« einerseits für die politikwissenschaftlichen Debatten um das Erstarken von Rechtspopulismus und andererseits für das sozialpsychologische Verständnis antidemokratischer Ressentiments diskutiert. In der politikwissenschaftlichen Analyse wurde das Diktum zuletzt vermehrt als Metapher genutzt, um Rechtspopulismus als Folge von Verdrängungsund Ausschlussprozessen des »demos« und damit als Symptom der Repräsentativen Demokratie zu verstehen. Aus Sicht psychoanalytischer Sozialpsychologie versuchen wir mit der Analyse der gesellschaftlichen autoritären Dynamik und des autoritären Syndroms – als die individuelle Binnenseite dieser gesellschaftlichen Dynamik – die Wiederkehr des Verdrängten im Ressentiment zu verstehen. Dabei greifen wir auf Ergebnisse der Leipziger Autoritarismus-Studien zurück und gehen vor dem Hintergrund sich verändernder gesellschaftlicher Bedingungen auf Veränderungen der autoritären Dynamiken in modernen Gesellschaften ein.


2021 ◽  
Vol 62 (2) ◽  
pp. 17-42
Author(s):  
Hans-Jürgen Wirth

Die Forschungen über Rechtspopulismus und Antisemitismus konzentrieren sich überwiegend auf kognitiven Strukturen, politische Einstellungen und soziale und psychologische Merkmale, während die Emotionen weitgehend unbeachtet bleiben. In diesem Artikel werden exemplarisch die aversen Gefühle von Misstrauen, Neid, Ekel und Verbitterung in ihrer psychischen und sozialen Bedeutung für die Herausbildung von populistischen Ressentiments untersucht. Kollektiv geteilte Emotionen entwickeln sich zu einer mächtigen Einflussgröße, weil sie ein zentrales Bindeglied zwischen der individuellen Psyche und dem affektiven Netzwerk von Gruppen und sogar ganzen Gesellschaften darstellen.


Sign in / Sign up

Export Citation Format

Share Document