IV. Zusammenfassende BetrachtungenIm ersten Teil der Übersichtsarbeit wurden vier pathogenetisch unterschiedliche Formen eines vergleichbar schweren AT-III-Mangels vorgestellt.Am besten läßt sich anhand des angeborenen, autosomal dominant vererbten AT-III-Mangels die Beziehung zwischen niedrigen Plasma-ATIII-Spiegeln und Thromboserisiko ableiten, da es sich hier um eine isolierte Störung handelt. Das Hämostasegleichgewicht ist hier einseitig durch eine geringere Gerinnungshemmung gestört. Als Ausdruck dieses Ungleichgewichts resultieren fast ausschließlich schwere venöse thromboembolische Ereignisse, jedoch gelegentlich erst nach jahrzehntelangerLatenz. Eine weitere wichtige Erkenntnis ist, wenn AT III nicht substituiert wird, die Unwirksamkeit einer Behandlung mit Heparin bei thromboembolischen Ereignissen, jedoch eine volle prophylaktische Wirksamkeit peroraler Antikoagulantien vom Kumarintyp, offenbar durch eine Wiederherstellung des hämostatischen Gleichgewichts auf niedrigerem Niveau.Ein hämostatisches Gleichgewicht auf niedrigerem Niveau scheint auch bei der fortgeschrittenen Leberzirrhose vorzuliegen, da trotz schwerem ATIII-Mangel das Thromboserisiko nicht erhöht ist. Dieses Gleichgewicht ist aber leichter störbar, auf relativ geringe gerinnungsfördernde Stimuli reagieren diese Patienten gehäuft mit einer VK.Am Beispiel des schweren nephrotischen Syndroms, bei welchem das Hämostasegleichgewicht zuungunsten des AT III und zugunsten gerinnungsfördernder Faktoren verändert ist, läßt sich eine im Vergleich zum angeborenen AT-III-Mangel wesentlich höhere Thromboseneigung nachweisen.Bei der Septikämie mit vergleichbar schwerem AT-III-Mangel ist über das Thromboserisiko zu wenig bekannt. Nach bisherigen Erkenntnissen herrscht hier die klinisch und therapeutisch nicht weniger relevante DIG mit ihren sehr komplexen Hämostaseveränderungen vor.Im folgenden Teil der Arbeit wurde auf einige Zustände mit evidenter Thromboseneigung eingegangen, bei denen nicht sicher eine Beziehung zu einem entsprechend schweren AT-III-Mangel gefunden werden konnte, wie die Einnahme östrogenhaltiger Kontrazeptiva, größere chirurgische Eingriffe und maligne Tumoren. Interessanterweise ist bei diesen Zuständen eine Prophylaxe oder Therapie mit Heparin zumeist wirksam.