Zusammenfassung: Die Sprachpsychologie befindet sich am Ende dieses Jahrhunderts in keinem zufriedenstellenden Zustand. Ein wesentlicher Grund dafür ist das Vollständigkeits-Geschlossenheits-Dilemma: Sprache ist ein so facettenreicher Sachverhalt, daß man ihn entweder nur bei starker thematischer Reduzierung mit einem geschlossenen theoretischen Ansatz rekonstruieren kann oder daß man, bei hinreichender Berücksichtigung seines Facettenreichtums, auf eine geschlossene Theoriebildung verzichten muß. In der kontinentaleuropäischen Tradition, für die Wilhelm Wundt , Karl Bühler und Hans Hörmann namhafte Beispiele sind, wurde die möglichst vollständige Erforschung der Sprache auf Kosten der theoretischen Geschlossenheit angezielt. Im derzeit herrschenden angelsächsischen Nach-Chomsky-Paradigma erkauft man sich umgekehrt eine zufriedenstellende theoretische Geschlossenheit mit äußerster thematischer Verarmung. Das Vollständigkeits-Geschlossenheits-Dilemma wird besonders dann sichtbar, wenn Sprachpsychologen die mentalen Prozesse der Sprachproduktion und Sprachrezeption und die Kommunikativität der Sprachverwendung zugleich zu berücksichtigen versuchen. Es wird kurz erörtert, wie man das Sprechen als individuellen Prozeß und die Kommunikativität des Sprechens zugleich in Rechnung stellen kann.