ZusammenfassungDie vorliegende Fallstudie beschreibt die psychoanalytische Behandlung einer Patientin, die als Mann mit schweren Depressionen, sexuellen Funktionsstörungen und einem Sich-hingezogen-Fühlen zu transidenten Menschen Hilfe suchte. Im Laufe der Behandlung wagte sich die Patientin in ihren Transitionsprozess. Der regressive Prozess sowie Probehandlungen in einer neuen weiblichen Geschlechterrolle förderten den allmählichen Zugang zu inneren Objektwelten, führten zu abnehmendem Hass auf die männlichen Genitalien und einer intensiven Auseinandersetzung mit Kastrationsängsten und -wünschen. In den Symptomen von Erektionsstörung und Ejaculatio praecox fanden sich eine enge Verschränkung präödipaler und ödipaler Ängste und Fantasien, der die Patientin zunächst durch die genitalangleichende Operationen auszuweichen gehofft hatte. Durch die Veränderung ihres Verständnisses im Geschlechtserleben entwickelten sich zeitweilig ein manisches Hochgefühl, männlich wie weiblich sein zu können und zu wollen, aber auch Identitätsverwirrung und Haltlosigkeit. Das analytische Setting konnte die Gefühlsschwankungen auffangen, sodass die Patientin zum Ende der Therapie ein In-Between aushalten und den männlichen Anteil in sich integrieren konnte.