Deutsche Vierteljahrsschrift für Literaturwissenschaft und Geistesgeschichte
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Author(s):  
Clemens Pornschlegel

ZusammenfassungAusgehend von zwei Texten Simone Weils und Charles Baudelaires untersucht der Beitrag die religiöse Signatur der literarischen und politischen Moderne des 19. und 20. Jahrhunderts. Manifest wird sie in einem genuin allegorischen Sprach- und Weltverständnis, das sich gegen die schlechte Unendlichkeit einer techno-wissenschaftlich verdinglichten Welt richtet, die sich jeder Alteritätserfahrung verschließt. Religiöse Begriffe und Figuren sind in der literarischen Moderne nicht je schon uneigentliche Rede, sondern verlangen nach einer vorurteilsfreien Lektüre, die theologische Fragen nicht aus-, sondern miteinschließt. Dafür steht nicht zuletzt auch Walter Benjamins Lektüre Baudelaires ein.


Author(s):  
Magdalena Gronau ◽  
Martin Gronau

ZusammenfassungDer vorliegende Aufsatz beleuchtet die komplexen Wechselbeziehungen zwischen Physik, Literatur und Philologie in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Ausgehend von einem Brief des österreichischen Physikers Erwin Schrödinger an Ernst Cassirer gehen wir der Frage nach, inwiefern die prominenten deutschsprachigen Vertreter der aufstrebenden theoretischen Physik nicht nur literarische Texte und Inhalte verarbeiteten, sondern in ihrer zutiefst philologisch geprägten Publikations- und Arbeitspraxis auch textwissenschaftlich operierten. Lassen sich in den nachgelassenen und publizierten Schriften von Physikern wie Schrödinger neue Hinweise darauf finden, dass die »Macht der Philologie« noch weit ins Jahrhundert der Physik nachwirken, ja Philologie vielleicht sogar als Wissensmodell in der theoretischen Physik fungieren konnte?


Author(s):  
Erika Thomalla

ZusammenfassungDer Beitrag befasst sich am Beispiel von Christian August Vulpius’ Roman Rinaldo Rinaldini mit frühen Formen moderner Fanfiction. Die Fortsetzungen des Romans von fremder Hand arbeiten in unterschiedlicher Weise daran, jene Probleme, die im Original ungelöst bleiben, zu beheben und der kontingenten Ereignisfolge ein Telos zu verleihen. Das Beispiel zeigt, dass Fanfiction die unrealisierten Möglichkeiten literarischer Werke nutzt, indem sie durch eigenwillige Lektüren die Zwangsläufigkeit von Handlungsverläufen hinterfragt und alternative Welterklärungsmodelle entwirft. Zugleich lässt sich an Vulpius’ Roman beobachten, inwiefern Vorlage und Fanfiction hier in einem Wechselverhältnis stehen. Die Untersuchung von Fanfiction eröffnet damit auch Perspektiven für eine netzwerkförmige Literaturgeschichtsschreibung.


Author(s):  
Claus Zittel

ZusammenfassungDass Also sprach Zarathustra einen Erzähler hat, wird meist übersehen. Der Beitrag arbeitet die unterschiedlichen Rollen und Funktionen des Erzählers in Nietzsches Hauptwerk heraus, diskutiert die damit verbundene Gattungsproblematik und fragt nach den Formen und Folgen eines Erzählens nach dem Tode Gottes. Es werden die unterschiedlichen Störungen in der Erzählordnung vorgeführt und diese im Licht einer chaotisch und kontingent gewordenen Moderne interpretiert.


Author(s):  
Sabine Mainberger
Keyword(s):  

ZusammenfassungDie barocke grâce bildet die sozio-politische und ökonomische Kontrastfolie für das ideale Griechenland, das Winckelmann als Gesellschaft im Zeichen der charis entwirft. Es entspricht avant la lettre der Gaben tauschenden Gesellschaft im Sinne von Marcel Mauss. Der Begriff der charis deckt sich, wie an Pindar, einer entscheidenden Referenz des Gelehrten, deutlich ist, in vielen Hinsichten mit dem der Gabe. Winckelmann entwickelt Aspekte der charis und der Gabenbeziehung an der griechischen Lebensweise, den antiken Kunstwerken und der Kunstbetrachtung und konzipiert ›Grazie‹ als Verhältnis der Anerkennung. Seine Statuenbeschreibungen fungieren selbst als Gaben, die eine neue Art der Sozialität ermöglichen. Denn ein zeitgenössisches Pendant zu einer Gesellschaft, in der Schönheit ein fait social total bildet, ist die amikale Gemeinschaft der ästhetisch Sensibilisierten: In ihr kultivieren Gleichrangige einen liebend-vertrauten Umgang mit den Kunstwerken.


Author(s):  
Eva Horn

ZusammenfassungDas aktuelle Interesse an Phänomenen der Atmosphäre wie Wetter und Klima hat sich bislang vor allem auf die literarische Auseinandersetzung mit der frühen Meteorologie gerichtet. Der vorliegende Aufsatz schlägt eine wissenshistorische und ästhetische Erweiterung der Perspektive vor: ein Blick auf die sehr viel ältere, aber höchst wirkmächtige Tradition, Luft als Element zu verstehen. Von der antiken Medizin bis ins späte 19. Jahrhundert ist Luft – als Witterungsphänomen, lokales Klima oder Medium schädlicher Dünste – eine spürbare und intensiv wirksame Dimension von Umwelt, die auf Körper, Seelen und Gesellschaften einwirkt. Diese Tradition wird in der Moderne langsam verdrängt, überdauert aber in der Literatur. Während die Wissenschaften von der Atmosphäre die Luft entsinnlichen, bewahren literarische Texte ein Sensorium für ihre Qualitäten und Wirkmacht, das es neu zu entziffern gilt. Als Beispiel einer solchen meteorologischen Lektüre liest der Aufsatz Thomas Manns Novelle Der Tod in Venedig (1912) als einen Text, der sich exakt am Übergang von der alten Theorie der Luft als Element zu einem modernen Verständnis von Atmosphäre und Ansteckung situiert. In den Stimmungen und Witterungen, die der Text entfaltet, zeigt sich Luft als Resonanzraum und maßgeblicher Schrittmacher für Aschenbachs Untergang.


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