Zeitschrift für Semiotik
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Published By Technische Universitat Chemnitz

2625-4328, 0170-6241

2018 ◽  
Vol 36 (3-4) ◽  
pp. 49-67
Author(s):  
Anne Reichold

Im vorliegenden Beitrag soll gezeigt werden, dass mit der perspektivischen Konstruktion linguistischer Praxis als Ich-du-Sozialität bei Brandom zugleich eine raumzeitliche Konzeption diskursiver Personen artikuliert wird. Brandom selbst konzentriert sich bei der Explikation des Selbstverständnisses diskursiver Wesen vor allem auf die Sozialität und Perspektivität diskursiver Praxis. Im vorliegenden Beitrag soll der Fokus der Analyse im Ausgang von der Ich-du-Sozialität auf das in der diskursiven Praxis vorausgesetzte und pragmatisch in Anspruch genommene raumzeitliche Bezugssystem gelegt werden. Es wird gezeigt, wie die genuin inferentiellen Zuschreibungen assertorischer Sprechakte, das Einfordern und Geben von Gründen und der Ausdruck normativer Einstellungen auf raumzeitliche Kategorien zurückgreifen bzw. in raumzeitlich lokalisierte Kontexte eingebunden sind. In einer Analyse von Brandoms perspektivischer Konzeption der Ich-du-Sozialität, seiner Kritik an einer Ich-wir-Sozialität sowie seiner Konzeption begrifflicher Objektivität als Einstellungstranszendenz wird herausgearbeitet, inwiefern Brandom ein raumzeitliches Bezugssystem voraussetzt, in das alle Teilnehmer eingebettet sind und das in der wechselseitigen Zuweisung und Adressierung normativer Status in Anspruch genommen wird. Die raumzeitliche Individuation von Personen oder Adressaten erfolgt dabei weder vorgängig noch unabhängig von den Relationen des Gebens und Forderns von Gründen, sondern sie ist genuiner Bestandteil der kontextsensitiven Auslotung adäquater Zuschreibungen und Beurteilungen von Festlegungen. Der perspektivische Ansatz der Ich-du-Sozialität beinhaltet demnach eine Konzeption von Personen, die sich in der Kommunikation und im Verstehen immer auch raumzeitlich orientieren, unterscheiden und lokalisieren.


2018 ◽  
Vol 36 (3-4) ◽  
pp. 187-192
Author(s):  
Dagmar Rinker

Am 28. Juni 2015 verstarb der international renommierte Semiotiker und Designer Professor Dr. Martin Krampen in Ulm. Seine langjährige Lebensgefährtin, Reintraut Semmler, und sein Freundeskreis trafen sich am 3. Juli 2015 zu einer Trauerfeier im historischen Gebäude der Hochschule für Gestaltung (HfG) Ulm. Martin Krampen hatte dort von 1953 bis 1957 studiert. Neben den persönlichen Erinnerungen von Hanne Tächl und Prof. Eugen Gomringer sprach Prof. Dr. Dagmar Rinker über den wissenschaftlichen und gestalterischen Weg von Martin Krampen. Dagmar Rinker leitete von 1997 bis 2012 das Archiv der ehemaligen Hochschule für Gestaltung Ulm. Seit 2012 ist sie als Professorin für Designgeschichte und Ausstellungstheorie an der HfG Schwäbisch Gmünd tätig. Während ihrer Ulmer Zeit begleitete sie zahlreiche Projekte von Martin Krampen. In Erinnerung an den Wissenschaftler Martin Krampen publiziert die Zeitschrift für Semiotik die Rede von Dagmar Rinker.


2018 ◽  
Vol 36 (3-4) ◽  
pp. 15-48
Author(s):  
Ulf Harendarski

Der philosophisch-linguistische Pragmatismus der Expressiven Vernunft Robert B. Brandoms wird skizziert, auf seine Anschlussfähigkeit zu semiotischen Fragestellungen untersucht und die offenkundige Möglichkeit geprüft, ihn als Beitrag zu einer allgemeinen Semiotik zu verstehen. Dafür wird das von Brandom gesetzte, aber nicht eigens festgelegte Kommunikationsmodell herausgearbeitet und schließlich der Ansatz mit einem Zirkelvorwurf konfrontiert. Denn Sprache lasse sich nicht – so die Kritik – ohne vorausgesetzte mentale Konzepte erlernen, auf die Brandoms auf Proposition, Behauptung, Urteil und Begriff gestützter Inferentialismus aber verzichte. Schließlich wird im letzten Abschnitt die Idee der Intentionalitätszuschreibung aufgenommen und so erweitert, dass das Modell auch sprachliche Attribuierungen von Intentionalität erlaubt, die keinen propositionalen Kern enthalten oder die keinen solchen artikulieren.


2018 ◽  
Vol 36 (3-4) ◽  
pp. 3-14
Author(s):  
Ulf Harendarski ◽  
Anne Reichold

Einführung in das Themenheft „Kommunikation, Inferentialismus und Semiotik – Robert B. Brandoms Expressive Vernunft“.


2018 ◽  
Vol 36 (3-4) ◽  
pp. 69-87
Author(s):  
Matthias Kiesselbach
Keyword(s):  

Dieser Artikel untersucht den meta-philosophischen Graben, der sich durch die  P i t t s b u r g h e r  S c h u l e  der zeitgenössischen Philosophie zieht. Es handelt sich dabei um eine Meinungsverschiedenheit über die Angemessenheit und Erfolgsaussichten philosophischer Erläuterungsversuche, in denen begriffliche Praktiken, welche wir nur implizit beherrschen, durch die Kombination einfacher und einfach zu überblickender praktischer Regeln nachkonstruiert werden. Während solche philosophischen Rekonstruktionen für Robert Brandom zu einem besseren Verständnis der relevanten Begriffe bzw. Vokabulare führen und damit ein taugliches Mittel für die analytische Philosophie sein können, hält John McDowell sie für Symptome eines fehlerhaften Verständnisses diskursiver Praxis und ihr Scheitern für unvermeidbar. Nach McDowell liegt die Aussichtslosigkeit („linearer“) philosophischer Rekonstruktionen im Holismus der Sprachkompetenz und der Intentionalität begründet: Zwischen konkreten begrifflichen Fähigkeiten gibt es holistische (und damit letztlich zirkuläre) Voraussetzungsverhältnisse. Dieser Artikel verteidigt Brandoms These der Kompatibilität zwischen dem von McDowell zitierten Holismus und der Möglichkeit philosophischer Rekonstruktionen mit einem konkreten Beispiel einer glückenden Rekonstruktion, welche in einer zentralen Hinsicht als „linear“ bezeichnet werden könnte. Schließlich werden zwei mögliche Antworten McDowells skizziert, aus denen sich Raum für eine Fortführung der Debatte ergeben könnte.


2018 ◽  
Vol 36 (3-4) ◽  
pp. 193-198
Author(s):  
Michael Kaiser

2018 ◽  
Vol 36 (3-4) ◽  
pp. 141-186
Author(s):  
Axel Mueller

Dieser Beitrag untersucht, inwieweit Brandoms in Making It Explicit (MIE) und Articulating Reasons (AR) entwickelte inferentialistische Semantik Probleme lösen kann, die sich aus dem im Inferentialismus unter relativ unkontroversen Zusatzannahmen entstehenden und von Brandom bewusst zugrundegelegten Bedeutungsholismus ergeben. Aus dem Inferentialismus folgt mit Bedeutungsholismus eine perspektivische Bestimmung sprachlichen Gehalts, die wegen der damit angenommenen Idiolektbasis ein Kommunikationsproblem erzeugt. Brandom betrachtet dieses systematische Informationsgefälle als natürliche Motivation zur Kommunikation. Er erklärt Kommunikation mittels eines Modells des „Navigierens zwischen Perspektiven“, das letztlich auf der Verfügbarkeit substitutioneller und anaphorischer Äußerungsverknüpfungen beruht. Semantisch entscheidend ist die These, dass anaphorische Ketten rein inferentieller, also referenzfrei semantisch bestimmter Natur sind, sowie die Behauptung, dass anaphorisch-inferentielle Mittel zu gegenseitig erfolgreicher „Informationsextraktion“ oder „Interpretation“ hinreichen. In diesem Aufsatz wird die These bestritten. Erstens lassen sich in Brandoms plausiblen Darstellungen anaphorischer Kommunikationsstrukturen systematische „Referenzinfiltrationen“ nachweisen. Dass dies die Behauptung unterminiert zeigt sich zweitens an einer Analyse der Durchführbarkeit einer semantisch entscheidenden inneranaphorischen Unterscheidung (zwischen Initiator und Glied) im Rahmen kontextsensitiver Ausdrucksformen. Brandoms Semantik kann entweder für Sprecher und Hörer bestimmbare Gehalte annehmen, muss aber dann irreduzibel referenzielle semantische Normen unterstellen, oder aber sie lässt Gehalte systematisch unbestimmbar.


2018 ◽  
Vol 36 (3-4) ◽  
pp. 89-111
Author(s):  
Bernd Prien
Keyword(s):  
De Re ◽  

Es ist allgemein anerkannt, dass sich für Vertreter des holistischen Inferentialismus die Frage stellt, wie sprachliche Kommunikation möglich ist. Diese These führt nämlich anscheinend unausweichlich dazu, dass Behauptungen für verschiedene Sprecher verschiedene Bedeutungen haben. In seinem Buch Expressive Vernunft (EV) vertritt Brandom einen solchen Inferentialismus und gibt auch zu, dass sich das Problem der Kommunikation für seine Theorie stellt. Im ersten Teil meines Beitrags möchte ich genauer erläutern, wie sich dieses Problem im Rahmen von Brandoms Theorie propositionalen Gehalts darstellt, bevor ich im zweiten Teil Brandoms Antwort darauf vorstelle. Bezüglich dieser Antwort hat allerdings Daniel Whiting in seinem Aufsatz Meaning Holism and De Re Ascription gezeigt, dass sie eine Lücke aufweist. Im dritten Teil dieses Aufsatzes stelle ich kurz dar, worin diese Lücke besteht, und schlage eine Ergänzung zu Brandoms Antwort vor, die man im theoretischen Rahmen von EV vornehmen könnte.


2018 ◽  
Vol 36 (3-4) ◽  
pp. 113-140
Author(s):  
Elena Tatievskaya

In seinem Aufbau kritisiert Carnap Gätschenbergers Vorstellung von der Unmöglichkeit einer reinen Sprache des „Gegebenen“. Für Carnap ist das Gegebene ein Gegenstand und die Erkenntnis die Konstruktion („Konstitution“) der Gegenstände aus dem Gegebenen. Der Begriff des Gegebenen ist entscheidend auch für die als Alternative zur traditionellen Erkenntniskritik formulierte semiotische Theorie Gätschenbergers. Gätschenberger betrachtet das Gegebene oder jedes einzelne Erlebnis als natürliches Symbol, das einen Gegenstand setzt. Der Gegenstand kann durch die Wirkungen des Erlebnisses und insbesondere Handlungen, die das Erlebnis auslöst, identifiziert werden. Das Gegebene kann sich dank seiner symbolischen Natur auf jeden möglichen Gegenstandsbereich beziehen und fungiert als Fundament der Erkenntnis. Gätschenberger glaubt, dass sich diese Eigenschaften des Gegebenen vor allem in dessen „demonstrierender“ Funktion in Bezug auf Satzsysteme zeigen. Ich behaupte, dass diese Annahme problematisch ist und dass Gätschenbergers Auffassung des Gegebenen als Symbol sie nicht rechtfertigt. Carnaps Begriff des Gegebenen kann als eine Lösung dieses und einiger anderer Probleme der Theorie Gätschenbergers angesehen werden.


2018 ◽  
Vol 37 (3-4) ◽  
pp. 55-70
Author(s):  
Andreas Weber

In this essay I will explore the possibility of an objective ecological ethics. To do this, I follow the embodied ethos of relationships: meaningful expression and mutual sharing occuring in living organisms and systems. Living beings on various levels of identity (cellular selves, individuals, and ecosystems) strive toward increased aliveness. They are self-healing, and generate meaningful relationships, all without the need or interference of human ethical thinking. Ecosystems tend toward complexity and organisms tend to avoid their own destruction. Both tendencies create “natural values” – values not extractable into abstraction, yet nonetheless fundamentally embodied in the actions of living beings and living systems. An ethics based on these principles (or insights) is inclusive in that it can be conceived as a sort of “poetic objectivity”. Here the ethically good is the increase in “aliveness”, which can be shared by other beings, and which is only possible as “being through the other”. Aliveness is ineffable and cannot be extracted analytically. Hence it is objective only in a poetic sense that can be shared through participation. An ethics of poetic objectivity leaves room to negotiate individual relationships and narratives while providing goodness as an encompassing context tuning into the degree of sharing and mutual inspiration to be more alive. The natural values generated by sharing transformative relationships produce the whole of nature as an “ethical commons”. Its principles can be instructive in reorganising human exchange on ethical and economical levels.


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