Zusammenfassung
Hintergrund
„Critical-incident-reporting“-Systeme (CIRS) dienen dazu, Organisationen und Individuen für bislang unbekannte und sicherheitsrelevante Ereignisse zu sensibilisieren und dadurch Veränderungen herbeiführen zu können. In den letzten Jahren häufen sich allerdings kritische Stimmen, die Einsatz und Nutzen von CIRS in der Medizin hinterfragen, u. a. aufgrund unklarer bzw. zu allgemeiner inhaltlicher Kriterien für die Aufnahme einer Meldung in ein System. Ziel der Arbeit ist die Auswertung und Analyse aller Fälle aus CIRSmedical Anästhesiologie (CIRS-AINS) als Grundlage weiterer, differenzierter Betrachtungen.
Methode
In einer retrospektiven Datenbankanalyse wurden alle Fälle aus CIRS-AINS (April 2010–Juni 2019) inhaltlich analysiert.
Ergebnisse
Die gemeldeten 6013 Fälle setzen sich aus 3492 „incidents“ (58,1 %), 1734 „near-misses“ (28,8 %) und 787 sonstigen Meldungen (13,1 %) zusammen. Unter Letztere fielen 21 Konfliktmeldungen (0,4 %), 102 Beschwerden (1,7 %), 89 Überlastungsanzeigen (1,5 %) sowie 575 sonstige Meldungen, die keine CIRS-Fälle darstellen (9,6 %). Seit 2015 zeigt sich eine stetige Zunahme der sonstigen Meldungen um das 2,8-Fache von 7,4 % auf 20,8 %. In 20,1 % der Meldungen wurde Technik, in 27,7 % Medizinprodukte erwähnt. Medikamente waren in 10,7 % der Meldungen Gegenstand der Zwischenfälle. Aus dem perioperativen Umfeld wurden 47,8 % der stationären Zwischenfälle berichtet, 24,6 % aus den Bereichen Intensivstation/Aufwachraum. Das CIRS-Team des BDA analysierte und kommentierte 36,1 % der Fälle .
Schlussfolgerung
Die Analyse liefert Erkenntnisse für die Gestaltung zukünftiger Melderichtlinien und Anwenderschulungen. Insbesondere der Häufung „sonstiger“ Meldungen, welche nicht den Kriterien einer CIRS-Meldung entsprechen, sollte künftig Rechnung getragen werden.