Zusammenfassung
Eine angemessene theoretische Beschreibung der Kunst muss sich von den philosophischen Traditionen lösen. Dies geschieht durch einen Ansatz, der von dem unterscheidungstheoretischen Begriff der Beobachtung und darauf aufbauend dem Konzept der Beobachtung 2. Ordnung ausgeht. Auf diese Weise können neue Ansätze einer Theorie der Ästhetik skizziert werden, für die ein entsprechender Begriff der Wahrnehmung zentral ist. Wahrnehmung kann als eine besonders kompakte, unterscheidungsbezogen simultane Form der Beobachtung beschrieben werden. Die Wahrnehmung eines Kunstwerks ist eine dritte Möglichkeit des Beobachtens: das Kunstwerk benutzt eine Unterscheidung, um die eine und nicht die andere Seite zu fokussieren, diese aber gleichzeitig mitzuzeigen, und es benutzt eine Vielzahl von aufeinander verweisenden Unterscheidungen gleichzeitig. Dies führt zu einer Erstaunlichkeit des Kunstwerks und stellt besondere Anforderungen an den Beobachter von Kunst. Diesen Beobachter der Kunst und die von ihm vorausgesetzten Unterscheidungen kann wiederum ein Beobachter – die Literatur, die Psychologie, die Soziologie – beobachten. Die Erstaunlichkeit des Kunstwerks ist Anlass für und ist ein Medium der Kommunikation über Kunst, da verschiedene Beobachter Verschiedenes sehen. Entsprechend kann man Zusammenhänge zwischen dem Formangebot der Kunstwerke und der Ausdifferenzierung der Kunst als soziales System identifizieren. Abschließend wird auf dieser Basis nach der binären Codierung des gesellschaftlichen Funktionssystems Kunst gefragt.