wissenschaft und politik
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Author(s):  
Michael Böcher ◽  
Max Krott ◽  
Ulrike Zeigermann

Wissenschaftliche Politikberatung genoss während der ersten Welle der Corona-Pandemie so große Aufmerksamkeit, dass von manchen gar eine „Technokratisierung“ der Politik in Deutschland beklagt wurde. Der Artikel analysiert die Frage, ob die wissenschaftliche Politikberatung des Robert-Koch Instituts (RKI) tatsächlich so viel Gewicht erlangte. Anhand einer Dokumentenanalyse zu fünf ausgewählten Fällen – der Vorlaufforschung des RKI sowie den Entscheidungen zum ersten Lockdown, zur Grenzschließung, Maskenpflicht und zu Schulschließungen – werden auf der Basis des RIU-Modells des wissenschaftlichen Wissenstransfers Integrationsprozesse zwischen Wissenschaft und Politik hinsichtlich der Rolle des RKI untersucht. Deutlich wird, dass das RKI als zuständige Ressortforschungseinrichtung für eine Politik im Krisenmodus unterschiedliche Integrationsleistungen erbrachte. Trotzdem war die Politik der dominante Akteur. Aufgezeigt wird, dass vorhandene unabhängige wissenschaftliche Expertise, die Vernetzung wissenschaftlicher Institutionen, enger Informationsaustausch mit politischen Akteuren und Medien die Chance erhöhen, dass wissenschaftliche Informationen von der Politik in Handlungsgrundlagen aufgenommen werden.


2021 ◽  
Vol 30 ◽  
pp. 5-6
Author(s):  
Astrid Stadler

Im Sommer des Jahres 2020 jährte sich der Beginn der Zusammenarbeit unserer Universitäten zum 10. Mal. Die enge rechtswissenschaftliche Kooperation mit gemeinsamen Seminaren von Professoren, Studierenden und Doktoranden nahm im Juni 2010 mit dem ersten vom DAAD geförderten Seminar in Tartu seinen Anfang – ins Leben gerufen von den Professoren Paul Varul, Rainer Hausmann und Astrid Stadler. Für mich war es die erste Reise nach Estland und es sollten noch einige in dieses kleine, aber faszinierende Land folgen. Das erste Seminar wurde unter dem Obertitel „Die Harmonisierung des Europäischen Privat- und Verfahrensrechts” abgehalten und bot auch für die Gruppe von deutschen Studierenden erstmals die Gelegenheit, Estland und einer der ältesten ehemals deutschsprachigen Universitäten in Europa kennenzulernen. Wie auch später waren wir alle vom Charme der Stadt und der Universität begeistert und unsere Studierenden machten die für viele überraschende Entdeckung einer gemeinsamen Geschichte und rechtlichen Tradition. Es folgten in fast jährlicher Abfolge weitere Seminare, die abwechselnd in Konstanz und Tartu bzw. Tallinn (Konferenzsprache überwiegend Englisch) abgehalten wurden und von dem „Kern“ Irene Kull, Merike Ristikivi, Marju Luts-Sootak, Astrid Stadler und den jeweiligen Nachfolgern auf dem Konstanzer Lehrstuhl von Rainer Hausmann, zunächst Christoph Althammer, dann ab 2014 Michael Stürner und dem Konstanzer Rechtshistoriker (bis 2020) Matthias Armgardt durchgeführt wurden: im Frühjahr 2011 in Konstanz unter dem Titel „Die schwächere Partei – ein wechselvolles Konzept des Privatrechts“; 2013 in Tartu/Tallinn („Handelsbeziehungen in Europa: die Perspektive des Privatrechts und Internationalen Privatrechts“); im Herbst 2014 in Konstanz („Neue Wege zur Harmonisierung des Privatrechts in Europa – Lehren aus dem Einheitlichen Europäischen Kaufrecht und künftige Herausforderungen“); im Dezember 2016 in Konstanz („Privatrecht im Zeitalter der Digitalisierung“); im November 2017 in Tartu/Tallinn („Vergleichendes Privatrecht und EU- Recht“); im Dezember 2018 in Konstanz („Vertrag und Delikt“) und zuletzt im Winter 2019 in Tartu/Tallinn („Personen und persönliche Freiheit im Privatrecht“). Die Veranstaltung im Oktober 2014 wurde ausnahmsweise in größerem Format und unter Beteiligung weiterer Professoren (Burckhard Hess, MPI Luxemburg; Soazick Kerneis, Paris; Nils Janssen, Münster; Pascal Pichonnaz, Fribourg) durchgeführt – wie es sich für das große Thema der Harmonisierung des europäischen Privatrechts gehörte. Die für den Herbst 2020 in Konstanz geplante Jubiläumsveranstaltung war schon genau geplant, wurde aber bedauerlicher Weise wie so vieles in 2020 ein Opfer der Covid19-Pandemie. Die Veranstaltung kann hoffentlich schon in 2021 nachgeholt werden. Die Seminare waren für die deutschen Teilnehmer immer ein großer persönlicher und wissenschaftlicher Gewinn, da sich immer schnell ein freundschaftliches Miteinander der Seminarteilnehmer einstellte und die Gastfreundschaft der Kollegen überwältigend war. Manche Doktoranden beider Seiten begegneten sich in den Seminaren wiederholt und wir konnten miterleben, wie sie zu erfolgreichen jungen Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen heranwuchsen. Abgerundet wurden die Veranstaltungen stets auch von Vorträgen der beteiligten Professoren mit aktuellen Einblicken in deren Forschungsaktivitäten. Thematisch waren die Seminare bewusst breit angelegt und erlaubten Präsentationen zu hochaktuellen Themen mit innovativen Ideen der jeweiligen Studierenden und Doktoranden. Dies bot gerade den deutschen Studierenden, deren engmaschiges Studium bis zum Staatsexamen sich in einem eher traditionellen Kanon von Themen und Fächern bewegt, schon in einer frühen Phase ihres Studiums interessante Einblicke in neue und gesamteuropäische Entwicklungen. Themen wie die Digitalisierung, die heute in aller Munde sind, waren dank der Vorreiterrolle Estlands in diesem Bereich schon früh auch ein Thema in den Seminaren, ebenso wie alle rechtlichen Probleme rund um Bitcoins, smart contracts etc., aber auch methodischen Fragen der Rechtsvergleichung und europäischen Harmonisierung. Neu war für die deutschen Teilnehmer/innen insoweit häufig der völlig andere und offenere Blick eines Landes wie Estland auf die Harmonisierungsbemühungen in der Europäischen Union. Sie erfuhren, dass man in Estland aufgrund der wechselvollen Geschichte und einer noch eher jungen Tradition autonomer Rechtssetzung nach Loslösung von der Sowjetunion, deren Teil die Estnische Sozialistische Sowjetrepublik von 1940−1991 gewesen war, viel aufgeschlossener ist gegenüber neuen Ideen und einer Harmonisierung als in Deutschland, wo häufig der Reflex in Wissenschaft und Politik überwiegt, das lieb gewonnene BGB zu bewahren. Ebenso konnten sie darüber staunen, dass es in einem Land wie Estland ohne weiteres möglich war, schon als junge/er Rechtswissenschaftler/in an landesweiten Kodifikationsprojekten mitzuarbeiten und Universität, Gerichte und Ministerien generell einen engen personellen Austausch pflegen und Wissenschaft und Praxis viel enger verbunden sind als in Deutschland. Die Kooperation mit Tartu ist für den Fachbereich Rechtswissenschaft der Universität Konstanz die längste und traditionsreichste Beziehung zu einer ausländischen Universität. In deren Mittelpunkt stehen zwar die gemeinsamen Seminare, aber darüber hinaus besteht auch ein reger Austausch durch Forschungsaufenthalte und wissenschaftliche Vorträge zu verschiedenen Anlässen. Die über die Jahre gewachsenen freundschaftlichen Beziehungen zu den Kollegen und Kolleginnen in Tartu sind eine einzigartige Basis, aufgrund derer sich den Studierenden an beiden Universitäten Möglichkeiten bieten, die sie sonst nicht wahrnehmen könnten. Dies alles wäre nicht möglich gewesen, ohne den enormen persönlichen Einsatz von Irene Kull, Marju Luts-Sootak und Merike Ristikivi, aber auch nicht ohne die stets wohlwollende finanzielle und organisatorische Unterstützung des DAAD und unserer beider Universitätsverwaltungen, insbesondere dem International Office der Universität Konstanz. Ihnen allen sei an dieser Stelle ganz herzlich gedankt – auch im Namen aller Kollegen und Studierenden. Am Fortbestand der Kooperation, die auf beiden Seiten auch von den jüngeren Kollegen mit großem Engagement getragen wird, besteht kein Zweifel und wir freuen uns auf den weiteren Austausch.


2021 ◽  
Author(s):  
Rolf Brühl

Wissen schafft die Wissenschaft durch ihre (empirischen) Methoden. Dieses Buch zeigt für die Sozial- und Wirtschaftswissenschaften, wie ihre Methoden wissenschaftstheoretisch fundiert werden. Mittels eines pluralistischen Konzepts werden zentrale Themen diskutiert und gezeigt, wie im Wettbewerb um Ideen wissenschaftliche Forschungsstandards auf ihre Begründungsansprüche zu prüfen sind. Die 3., überarbeitete und erweiterte Auflage geht nun konkret auf die Wechselwirkungen zwischen Wissenschaft und Politik sowie Wirtschaft ein. Das Buch richtet sich gleichermaßen an Studierende, Lehrende und Forschende aus den Sozial- und Wirtschaftswissenschaften.


2021 ◽  
Vol 69 (4) ◽  
pp. 361-379
Author(s):  
Sebastian Werr

Das Dogma, wonach kulturelle Phänomene durch naturhafte Konstanten wie die "Rasse" ihrer Träger erklärt werden können, war keine Erfindung des nationalsozialistischen Regimes. Es fand bereits im Deutschland des 19. Jahrhunderts seinen Niederschlag in einer Vielzahl von Theorien, die die angebliche kulturelle Überlegenheit der Germanen als naturgegeben beweisen sollten. Von der akademischen Welt erfuhren die Theorien meist Ablehnung. Einige der geistigen Grundlagen des Musikschrifttums im Nationalsozialismus werden beleuchtet, wobei wegen ihrer hier nachgezeichneten Wirkung auf die damalige Fachdiskussion Friedrich Blumes Schrift "Das Rasseproblem in der Musik" (1939) als ein zentrales Dokument der musikwissenschaftlichen "Rassenforschung" gedeutet wird. Zunächst wird Blumes Veröffentlichung, die den Untertitel "Entwurf zu einer Methodologie musikwissenschaftlicher Rassenforschung" trägt, in ihrem Entstehungszusammenhang untersucht, wobei der Frage nachgegangen wird, ob es sich dabei um Propaganda oder einen "Schlag ins Gesicht der Rassenforschung" handelte. Zu diesem Zweck wird Blumes Buch im Kontext der Rassenforschung, insbesondere Richard Eichenauer ("Musik und Rasse", 1932) und Hans F.K. Günther ("Kleine Rassenkunde des deutschen Volkes", 2. Auflage 1942) diskutiert, bevor vor diesem Hintergrund auf einige Thesen des Buchs genauer eingegangen wird ("Haben Tonsysteme biologische Grundlagen?", "Gregorianik", "Sonderstellung des Deutschen"). Im Zusammenhang seines Entnazifizierungsverfahrens 1947 behauptete Blume, er habe sich mit seinem Vortrag eindeutig gegen die NSDAP und ihre Rassenideologie positioniert, wobei er Unterstützung durch den Gutachter Hans Dunkelmann erhielt. Dessen Behauptung, Blumes Buch sei eine "mutige Tat" mutet angesichts einer genaueren Untersuchung des Werks allerdings geradezu absurd an. Zwar werden weder die politische Rassenfrage noch die Judenfrage direkt berührt, die Zusammenhänge zwischen Wissenschaft und Politik sind jedoch weiter zu fassen: Der musikwissenschaftliche Diskurs im Nationalsozialismus behandelte fachspezifische Themen, die in der einen oder anderen Weise mit der schon von der "völkischen Bewegung" behaupteten besonderen Stellung des germanisch-nordischen Menschen in Beziehung standen. Blumes Kritik an der bisherigen Forschung war kein Akt des Widerstands gegenüber der "Rassenforschung", sondern der Versuch, sich innerhalb des Diskurses an führender Stelle zu positionieren. Seine ambitioniert gedachte, dabei mitunter widersprüchliche und merkwürdig zwischen aus heutiger Sicht reflektierten und abseitigen Positionen oszillierenden Schrift war dazu gedacht, die Deutungshoheit auf einem karriereträchtigen Sektor zu erlangen - und dieses Ziel scheint er erreicht zu haben, wie die zeitgenössischen Reaktionen zeigen bms online (Beatrix Obal)


Author(s):  
Simon Schaub ◽  
Jale Tosun

ZusammenfassungDie Belastung von Gewässern mit sogenannten Spurenstoffen wie etwa Medikamentenrückstände wird zunehmend als ein handlungsrelevantes Problem wahrgenommen. Inwiefern tragen Umweltgruppen als Knowledge Broker zwischen Wissenschaft und Politik zu einer evidenz-basierten Politikgestaltung in Hinblick auf die Regulierung von Spurenstoffen in Gewässern bei? Um diese Forschungsfrage zu beantworten, wird in diesem Beitrag der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) und dessen Einfluss auf den Politikgestaltungsprozess untersucht. Spezifisch geht es in dieser Abhandlung um die Darlegung der Strategien des BUND hinsichtlich der Interessenvermittlung und dessen konkreter Mitwirkung an Stakeholder-Konsultationen sowie der Umsetzung eines Lösungsansatzes auf der lokalen Ebene. Hierbei wird aufgezeigt, dass der BUND durch seine fachliche Expertise als ein Knowledge Broker wahrgenommen wird. Die wissenschaftliche Fundierung der Positionen des BUND wird auch dadurch deutlich, dass dieser im Lichte neuer Erkenntnisse seine politischen Forderungen verändert hat. Diese Abhandlung argumentiert, dass die Darlegung von Unsicherheit in der Bewertung des Problems sowie die Bereitschaft, die politischen Forderungen zu ändern, dem BUND den Status als Knowledge Broker verleiht. Dadurch eröffnen sich der Organisation vielfältige Möglichkeiten der Teilnahme an Entscheidungsprozessen. Zudem wendet sich der BUND an die Öffentlichkeit und bedient sich einer Strategie der indirekten Interessenvertretung. Der zentrale Beitrag dieser Untersuchung besteht darin, dass dargelegt werden kann, dass beide Strategien – direkter Zugang zur Politik und indirekte Beeinflussung über die Medien und die Öffentlichkeit – komplementär angewandt werden, um den politischen Entscheidungsprozess effektiv zu beeinflussen. Dies bedeutet, dass selbst wenn Umweltorganisationen bei der Politikgestaltung mitwirken können, sie zusätzlich die Öffentlichkeit für ihr Anliegen aufsuchen, um ihre Verhandlungsposition zu stärken.


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