Fragestellung: Die vorliegende Studie untersucht die Übereinstimmung von strukturierten Kind- und Elterninterviews sowie dem klinischen Urteil bei der Diagnostik depressiver Episoden im Kindes- und Jugendalter. Zudem prüft sie, ob sich die Treffsicherheit und die optimalen Cut-off-Werte von Selbstbeurteilungsfragebögen in Referenz zu diesen verschiedenen Beurteilerperspektiven unterscheiden. Methodik: Mit 81 Kindern (9–12 Jahre) und 88 Jugendlichen (13–16 Jahre), die sich in kinder- und jugendpsychiatrischen Kliniken oder Praxen vorstellten, und ihren Eltern wurden strukturierte Kinder-DIPS-Interviews durchgeführt. Die Kinder füllten das Depressions-Inventar für Kinder und Jugendliche (DIKJ) aus, die Jugendlichen die Allgemeine Depressions-Skala in der Kurzform (ADS-K). Übereinstimmungen wurden mittels Kappa-Koeffizienten ermittelt. Optimale Cut-off-Werte, Sensitivität, Spezifität sowie positive und negative prädiktive Werte wurden anhand von Receiver operating characteristic (ROC) Kurven bestimmt. Ergebnisse: Die Interviews stimmten untereinander sowie mit dem klinischen Urteil niedrig bis mäßig überein. Depressive Episoden wurden häufiger nach klinischem Urteil als in den Interviews festgestellt. Cut-off-Werte und Validitätsmaße der Selbstbeurteilungsfragebögen variierten je nach Referenzstandard mit den schlechtesten Ergebnissen für das klinische Urteil. Schlussfolgerungen: Klinische Beurteiler könnten durch den Einsatz von strukturierten Interviews profitieren. Strategien für den Umgang mit diskrepanten Kind- und Elternangaben sollten empirisch geprüft und detailliert beschrieben werden.