ZusammenfassungEntgegen der landläufigen Meinung betreibt die Europäische Währungsunion keine vollständig zentralisierte Geldpolitik, sondern ist föderalistisch strukturiert. Der Autor stellt die dezentralen Elemente europäischer Geldpolitik in einer institutionellen Analyse vor und erläutert Chancen und Risiken. Insbesondere bei der Beurteilung der Bankensolidität, der Schaffung notenbankfähiger Sicherheiten, der Notfall-Liquiditätshilfe sowie den Portfolioentscheidungen der nationalen Zentralbanken gibt es diskretionäre Entscheidungsspielräume. Diese helfen, asymmetrische Schocks zu dämpfen und Ansteckungseffekte einzudämmen. Sie sind seit der Eurokrise aber auch in die Kritik geraten, Anreizprobleme und Interessenkonflikte zu verursachen. Bei den Anleihekäufen finden sich Hinweise auf moralische Risiken: Nationale Zentralbanken handeln riskanter, wenn sie das Risiko ihrer Käufe innerhalb der Währungsunion teilen. Mittelfristig ließe sich dies ändern, die aktuellen Abstimmungsverfahren des Eurosystems erschweren Reformen jedoch.