ZusammenfassungKognitive Beeinträchtigungen treten bei etwa jedem zweiten MS-Betroffenen unabhängig von der Verlaufsform auf. Sie zeigen weder Linearität zum körperlichen Beeinträchtigungsgrad gemessen mittels Expanded Disability Status Scale (EDSS), noch gibt es eine direkte Relation zur Erkrankungsdauer. Kognitive Defizite können bereits früh im Krankheitsgeschehen, beispielsweise bei einem Clinically Isolated Syndrome (CIS) oder Radiologically Isolated Syndrome (RIS) auftreten und werden auch bei Patienten mit einem benignen Verlauf beobachtet. Obgleich die Progression als eher moderat betrachtet werden kann, wirken sich kognitive Einbußen in beinahe jedem Stadium stark negativ auf die Lebensqualität und die Therapieadhärenz aus. Diagnostisch sind wir in der Lage mittels sensitiver Screeninginstrumente diejenigen kognitiven Teilfunktionen zu erfassen, die bei MS-Patienten am häufigsten beeinträchtigt sind. Wie so häufig in der Medizin hinkt jedoch die Therapie dem Fortschritt bei der Diagnostik hinterher, sodass wir keine zuverlässige evidenzbasierte symptomatische Therapie zur Behandlung kognitiver Defizite bei MS zur Verfügung haben. Derzeit sind nonpharmakologische Ansätze, mit dem Ziel die kognitive Reserve des Gehirns zu stärken, Erfolg versprechend. Methodisch saubere Wirksamkeitsstudien stehen allerdings noch aus.