Zusammenfassung. Die Vorhersage des Schlaganfall-Outcome bleibt aufgrund einer hohen interindividuellen Variabilität eine Herausforderung. Die steigende Lebenserwartung und die Zunahme der Anzahl von chronisch kranken Patienten werden die Variabilität im Schlaganfall-Outcome weiter erhöhen. Die Bedeutung von durch den Schlaganfall hervorgerufenen kognitiven Defiziten sollte in dieser Hinsicht nicht unterschätzt werden. Sie sind relevant für die spätere Alltagsselbstständigkeit aber auch unmittelbar für die somatische Rehabilitation. Die kognitive Störung nach Schlaganfall kann i) in einer oder mehreren kognitiven Domänen auftreten und damit unterschiedlichste Profile zeigen; ii) in der Ausprägung stark variieren – von leichter kognitiver Störung bis hin zu klinisch manifester Demenz; iii) sich sofort nach dem Ereignis oder um einige Monate verzögert manifestieren. Viele demographische, klinische Faktoren oder Schlaganfallfaktoren sind als Prädiktoren für relevante kognitive Verschlechterung nach Schlaganfall bekannt. Bisher wurden diese Risikofaktoren aber unabhängig voneinander untersucht. Ein umfassendes Modell, welches einheitlich alle diese Faktoren zusammen berücksichtigte, fehlte bis jetzt. Wir schlagen vor, dass die Konzepte für Hirnreserve und kognitive Reserve, die bereits für die Erfassung der inter-individuellen Variabilität bei neurodegenerativen Erkrankungen etabliert sind, auch für eine Vorhersage von kognitiven Defiziten nach Schlaganfall hilfreich sein können. Dabei lässt sich der Schweregrad der kognitiven Störung als Interaktion zwischen Hirnreserve (z. B. Hirnvolumen), kognitiver Reserve (z. B. Ausbildungsniveau) und Schlaganfallfaktoren (z. B. Läsionsgrösse, Anatomie) verstehen. Die ersten Studien konnten diese Hypothese bestätigen. Zukünftig dürfte die Berücksichtigung dieser Faktoren eine wesentlich präzisere Vorhersage der kognitiven Störung nach Schlaganfall erlauben. Für die Klinik bietet dies dann die Möglichkeit, im Rahmen einer individualisierten Rehabilitation gefährdete Patienten frühzeitig zu erkennen und diesen ggf. zusätzliche Interventionen zur Prävention einer Demenz nach Schlaganfall zukommen zu lassen.