Der Stil des Spinozismus. Über ein offenes Geheimnis in der Moderne
«Es kann wohl keiner hoffen, zum Wahren und Vollendeten in der Philosophie fortzugehen, der nicht einmal wenigstens in seinem Leben sich in den Abgrund des Spinozismus versenkt hat.»1 So schreibt Friedrich Wilhelm Joseph Schelling in seiner 1856 erstmals im Druck erschienenen Vorlesung Zur Geschichte der neueren Philosophie von 1827. Das Buch zeichnet den Werdegang der modernen Geistesgeschichte von ihren cartesianischen Ursprüngen bis zur kantischen Kritik und deren hegelianischer Aufhebung nach, indem es zeigt, wie sich jedes philosophische Ideal als Reaktion auf das jeweils vorhergehende gebildet hat. Innerhalb dieser Geschichte spielt Spinoza eine faszinierende Rolle. Denn der Spinozismus hat der modernen Welt eine bedeutende Idee hinterlassen – nämlich die, dass Gott alles ist, auch wenn «in Gott [...] weder Wille noch Verstand ist», sondern nichts als Existenz. Wir seien – so Spinoza – in dieser Existenz unausweichlich gefangen, eine Idee, die so übermächtig ist, dass sich angesichts ihrer der Zweck der Philosophie selbst erübrige.