scholarly journals Pflegende Angehörige in der hausärztlichen Praxis – Hausärztliche Sichtweisen und Lösungsansätze

Author(s):  
Yvonne Marx ◽  
Thomas Frese ◽  
Alexander Bauer

Zusammenfassung Hintergrund Frühes Erkennen gesundheitlicher Belastungen pflegender Angehöriger sowie die Koordination adäquater Maßnahmen obliegen zumeist dem Hausarzt. Dessen individuelle Perspektiven und Ansätze zu Identifizierung und Unterstützung pflegender Angehöriger wurden bisher kaum untersucht. Ziel der Arbeit Die Studie untersucht daher subjektive Sichtweisen von Hausärzten im Hinblick auf Identifikation und Betreuung pflegender Angehöriger in der hausärztlichen Praxis. Mithilfe der Ergebnisse sollen Erleichterungsbedarfe und Bedingungen für eine Implementierung eines Instruments zur Identifikation in der Praxis identifiziert werden. Material und Methoden Zur Beantwortung der Fragestellung wurden 12 leitfadengestützte Experteninterviews mit niedergelassenen Hausärzten aus Sachsen-Anhalt durchgeführt. Für die Auswertung der Interviews wurde das Verfahren der qualitativen Inhaltsanalyse nach Mayring angewendet. Ergebnisse Die Auseinandersetzung mit subjektiven Sichtweisen bestätigt die grundlegende zentrale Stellung von Hausärzten bezüglich der Betreuung pflegender Angehöriger. Sie zeigt aber auch Ansatzpunkte mit Potenzial zu Verbesserung bzw. Erleichterung der Versorgung pflegender Angehöriger: Zeitliche Probleme und mangelnde Kommunikation erschweren die Betreuung. Ambulante Pflegedienste und regionale (Beratungs‑)Angebote sind vorhanden; eine systematische Zusammenarbeit und Koordination fehlt. Diskussion Ein Screeninginstrument für pflegende Angehörige (Identifikation, Messen der empfundenen Belastung) stellt eine sinnvolle Intervention dar. Die besonderen Anforderungen und Eigenschaften von Interventionen in der allgemeinmedizinischen Praxis müssen systematisch erforscht werden und die Häusliche Pflege-Skala entsprechend angepasst und implementiert werden. Die Zusammenarbeit aller Akteure nimmt zukünftig eine zentrale Stellung ein.

2000 ◽  
Vol 13 (2) ◽  
pp. 85-94 ◽  
Author(s):  
Elmar Gräßel

Zusammenfassung: Vorgestellt wird ein Pflegemodell für die häusliche Pflege, das einen wesentlichen Beitrag liefern soll zur Erklärung, wie häusliche Pflege zustande kommt, unter welchen Bedingungen sie aufrecht erhalten wird und wodurch die subjektive Belastung der familiären (informellen) Pflegeperson beeinflußt wird. Im Zentrum des Modells steht das eindimensionale, bipolare Pflegemotiv «Zuneigung - Verpflichtung». Einflüsse auf das pflegende Handeln von Angehörigen gehen außerdem von Umständen aus, wie zum Beispiel von dem Gesundheitszustand der Pflegeperson oder der Ursache der Pflegebedürftigkeit (Demenz ja/nein). Aus dem Modell werden konkrete Hilfen für pflegende Angehörige abgeleitet.


2007 ◽  
Vol 20 (4) ◽  
pp. 227-237 ◽  
Author(s):  
Wolfgang Hasemann ◽  
Annemarie Kesselring ◽  
Markus Stöcklin ◽  
Elmar Gräßel

Hintergrund: Die häusliche Pflege eines Menschen, der einen Schlaganfall erlitten hatte, durch Angehörige beinhaltet emotionale, soziale und körperliche Betreuung. Diese kann von den Angehörigen als belastend empfunden werden. Forschungsresultate beinhalten widersprüchliche Aussagen über Risikofaktoren (Prädiktoren), die eine mehr oder weniger starke subjektive Belastung pflegender Angehöriger erwarten lassen. Ziel dieser Studie war, in einer Gruppe pflegender Angehöriger Prädiktoren für deren subjektive Belastung zu identifizieren. Methode: Es wurden die Daten einer Teilstichprobe pflegender Angehöriger von Schlaganfallbetroffenen (N = 466) aus einer größeren deutschen Querschnittsstudie analysiert. Merkmale des Patienten, der Pflegeperson und der Pflegesituation dienten als potenzielle Prädiktorvariablen in einem Strukturgleichungsmodell, in dem die subjektive Belastung der pflegenden Angehörigen, gemessen mit der «Häusliche-Pflege-Skala» (HPS), die Ergebnisvariable darstellt. Ergebnisse: Das Risiko, sich subjektiv belastet zu fühlen, stieg für pflegende Angehörige, wenn sie jünger bzw. gesundheitlich eingeschränkt waren, eine hohe Arbeitsbelastung empfanden, oder wenn der Patient Veränderungen im Verhalten zeigte. Der stärkste Prädiktor für subjektive Belastung war eine negative Bewertung der Pflegesituation durch die pflegenden Angehörigen, welche mit Gefühlen, wie sich zur Betreuung gezwungen fühlen oder fürchten, die eigene Identität zu verlieren, korrelierte. Die prädiktive Beziehung zwischen nächtlichem Arbeitsaufwand und Belastung war inkonsistent. Der kognitive Zustand, der Antrieb und das Alter des pflegebedürftigen Menschen beeinflussten die subjektive Belastung der Pflegeperson nicht signifikant. Diskussion: Die subjektive Belastung pflegender Angehöriger von Schlaganfallbetroffenen wird von mehreren Faktoren beeinflusst. Ein zentraler Punkt für ein erweitertes Assessment subjektiver Belastung ist die Bewertung der Pflegesituation durch die Pflegeperson. Professionelle, an praktischen Pflegeaufgaben orientierte Unterstützung reduziert zwar den Arbeitsaufwand betreuender Angehöriger, lindert jedoch kaum deren subjektive Belastung. Dafür wären psycho-soziale Interventionen notwendig.


Pflege ◽  
2018 ◽  
Vol 31 (3) ◽  
pp. 155-166
Author(s):  
Natalie Nguyen ◽  
Anna Renom-Guiteras ◽  
Gabriele Meyer ◽  
Astrid Stephan

Zusammenfassung. Hintergrund: Der Umzug von Menschen mit Demenz in ein Pflegeheim kann notwendig werden, wenn die häusliche Pflege nicht mehr ausreicht. Die Übergangsphase wird von Angehörigen als zusätzliche Belastung erlebt. Ziel: Die Sichtweisen von pflegenden Angehörigen und professionellen Akteuren in der Übergangsphase von Menschen mit Demenz in ein Pflegeheim wurden untersucht, um Angehörigen eine positive Gestaltung des Übergangs zu ermöglichen. Methode: Diese Sekundäranalyse beinhaltete die Daten aus allen fünf Fokusgruppen des „RightTimePlaceCare“-Projekts mit n = 30 pflegenden Angehörigen und professionellen Akteuren. Das Material bezieht sich auf nur eine Interviewfrage und wurde daher durch eine Literaturübersicht mit dem gleichen Fokus ergänzt. Ergebnisse: Die zusammengeführten Ergebnisse legten nahe, dass pflegende Angehörige bereits in der Häuslichkeit bis nach dem Umzug Unterstützung benötigten. Die Entscheidungsfindung war durch Vorbehalte gegenüber Pflegeheimen, finanzielle Aspekte und das familiäre Umfeld geprägt. Professionelle Akteure empfahlen diesbezüglich eine frühzeitige Beratung sowie das Sammeln eigener Erfahrungen mit Pflegeheimen. Professionelle Akteure sollten in der Übergangsphase als Mittler fungieren und sich dazu miteinander vernetzen. Schlussfolgerungen: Beratung in der häuslichen Situation über Entlastungs-, Wohn- und Finanzierungsmöglichkeiten könnte Familien mehr Selbstbestimmung ermöglichen. Professionelle Akteure sollten Angehörige bei ihrer Entscheidung, der Vorbereitung des Übergangs und der Eingewöhnung unterstützen.


Pflege ◽  
2009 ◽  
Vol 22 (4) ◽  
pp. 277-286 ◽  
Author(s):  
Iren Bischofberger ◽  
Julia Lademann ◽  
Andrea Radvanszky

Im deutschsprachigen Europa mangelt es an Konzepten zur Vereinbarkeit von Erwerbstätigkeit und familialer Pflege. Allerdings steigt die Relevanz, weil Frauen zunehmend erwerbstätig sind und damit über weniger Zeitressourcen für die von ihnen traditionell übernommene häusliche Pflege verfügen. Für die professionelle Pflege bringt die Thematik insofern Herausforderungen, als erwerbstätige pflegende Angehörige noch stärker als nicht berufstätige auf integrierte und koordinierte Versorgungsangebote angewiesen sind. In der Literaturanalyse geht es darum, den Diskussionsstand zu «work & care» und die Relevanz für die professionelle Pflege im deutschsprachigen Raum zu präsentieren. Nach einer Darstellung der pflegerischen Herausforderungen und der methodischen Vorgehensweise folgen Daten zur Prävalenz, die bislang erst unscharf berechnet werden konnten. Aufgrund der identifizierten Risiken und Ressourcen, die aus der Vereinbarung von beruflichen und pflegerischen Tätigkeit hervorgehen, werden Strategien und Angebote von Betrieben untersucht. Auf dieser Grundlage werden erste Überlegungen angestellt, welche Lösungsszenarien und innovativen Angebote die professionelle Pflege (mit)entwickeln sollte.


Author(s):  
Gabriele Wilz ◽  
Christina Reiter ◽  
Anne Katrin Risch

Der Umgang mit altersbedingten Verlusten und Beeinträchtigungen stellt eine wesentliche Herausforderung dar. Besonders pflegende Angehörige von Menschen mit Demenz sind fortwährend mit unveränderlichen Erkrankungsfolgen und den damit verbundenen Verlusten konfrontiert. Zudem geht die häusliche Pflege eines Demenzerkrankten auch mit einer starken Belastung und einer enormen Veränderung des Lebens der betreuenden Angehörigen einher. Durch den Fokus auf die Akzeptanz von Unveränderlichem sowie auf persönlich bedeutsame Werte stellt die Akzeptanz und Commitment-Therapie (ACT) einen passenden therapeutischen Ansatz für ältere Psychotherapiepatienten und pflegende Angehörige dar. Es werden praxisbezogen Interventionstechniken aus der Akzeptanz und Commitment-Therapie vorgestellt, die bei der psychotherapeutischen Behandlung von älteren Personen und insbesondere bei pflegenden Angehörigen eingesetzt werden können.


2007 ◽  
Vol 20 (4) ◽  
pp. 265-268 ◽  
Author(s):  
Barbara Lischka

Im Rahmen des § 45c SGB XI betreuen freiwillige Helferinnen und Helfer stundenweise demenzkranke Menschen, um so deren pflegende Angehörige zu entlasten. Um den Herausforderungen dieser Tätigkeit gewachsen zu sein, benötigen Freiwillige eine gründliche Vorbereitung sowie eine umfassende Begleitung. Am Fallbeispiel einer freiwilligen Helferin, die eine alleinlebende demenzkranke Frau betreut, wird aufgezeigt, dass diese über Wissen über das Krankheitsbild einer Demenz sowie über fachliche und methodische Kompetenz in Bezug auf den Umgang mit demenzkranken Menschen verfügen muss. Kommt hierzu persönliche Kompetenz, in diesem Fall die Fähigkeit, die eigenen Vorstellungen von Sauberkeit und Hygiene hintanzustellen und sich emotional auf die Welt der demenzkranken Frau einzulassen, so kann die soziale Betreuung demenzkranker Menschen durch freiwillige Helferinnen und Helfer gelingen.


2007 ◽  
Vol 20 (4) ◽  
pp. 197-210 ◽  
Author(s):  
Martina Schäufele ◽  
Leonore Köhler ◽  
Sandra Lode ◽  
Siegfried Weyerer

Ziele: Ziel der vorliegenden Studie war es, erstmals für Deutschland repräsentative Daten zur Situation von privaten Pflegepersonen kognitiv beeinträchtigter älterer Menschen bereit zu stellen. Dabei sollten (modifizierbare) Faktoren ermittelt werden, die mit der subjektiven Belastung und Depressivität der Pflegenden assoziiert sind. Methode: Ausgehend von einer Zufallsstichprobe der deutschen Bevölkerung (N = 52,916) wurden alle über 60-jährigen Personen mit mindestens einer (I)ADL-Beeinträchtigung und kognitiven Auffälligkeiten kontaktiert. Die teilnehmenden Personen und ihre Hauptpflegepersonen (HPP) wurden mittels eines standardisierten Instrumentariums, das u. a. die Häusliche Pflegeskala (subjektive Belastung) und die Allgemeine Depressionsskala (Depressivität) enthielt, befragt. Ergebnisse: Die HPP der gepflegten Personen waren zumeist nahe Familienangehörige (N = 262; mittleres Alter = 61 Jahre; 73 % Frauen). Multivariate Regressionsanalysen erbrachten folgende Faktoren, die signifikant mit erhöhten Belastungs- und erhöhten Depressivitätswerten bei den HPP assoziiert waren: schwerere nicht kognitive Symptomatik (z. B. Apathie, Depression, Agitiertheit/Aggression) bei der gepflegten Person und weibliches Geschlecht der HPP. Verminderte Belastungs- und Depressionswerte resultierten, wenn die HPP die Wahrnehmung hatte, von ihrem privaten Umfeld gut unterstützt zu werden. Schlussfolgerungen: Maßnahmen zur Prävention und Linderung nicht kognitiver Symptome bei den gepflegten Personen sowie kognitive und andere psychosoziale Interventionen bei den Pflegenden könnten die HPP entlasten und die häusliche Pflege kognitiv beeinträchtigter älterer Menschen insgesamt fördern.


Pflege ◽  
2006 ◽  
Vol 19 (03) ◽  
pp. 0199-0199
Author(s):  
K. Grönig ◽  
A.-C. Kunstmann ◽  
E. Rensing ◽  
B. Röwekamp

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