„Oseltadelir“
Wir berichten die Geschichte eines 62-jährigen Religionslehrers, der im Dezember 2009 während der H1N1-Epidemie hospitalisiert war. Er stellte sich mit 38.3 °C Fieber und Dyspnoe notfallmäßig vor. Mit klinischen Rasselgeräuschen über beiden Lungen, erhöhtem CRP und radiologischen Lungenveränderungen wurde bei hoher Vortestwahrscheinlichkeit die Verdachtsdiagnose einer H1N1-Influenza-Pneumonie gestellt. Es bestanden mehrere Komorbiditäten wie eine koronare und hypertensive Herzkrankheit, ein insulinpflichtiger Diabetes mellitus Typ 2 und eine chronische Niereninsuffizienz. Wir entschieden uns zur antiviralen Behandlung mit Oseltamivir (Tamiflu®) in Standarddosierung 2 × 75 mg. Diese wurde weitergeführt, obwohl im Nasopharynxsekret mittels PCR keine H1N1-Influenzaviren nachgewiesen werden konnten. Der klinische Verlauf war erfreulich, die Atmung besserte. Jedoch erlebte der Patient eine äußerst beängstigende Psychose mit seltsamen Halluzinationen und wahnhaften Inhalten, welche nahezu einen fatalen Ausgang hatten. Ob der Grund für das delirante Bild durch die Akutkrankheit oder medikamentös bedingt war, kann letztlich nicht mit Sicherheit gesagt werden. Die Datensuche zeigte jedoch, dass neuropsychiatrische Nebenwirkungen von Oseltamivir anekdotisch beschrieben, aber nicht prospektiv-randomisiert untersucht worden sind.