Pflege aus der Distanz
Das Thema Unterstützung für pflegeund hilfebedürftige Angehörige über eine räumliche Distanz hinweg ist ein in Deutschland immer noch kaum untersuchtes Phänomen. Dies gilt auch für die Frage nach emotionalen Überlastungen und psychomentalen Beanspruchungen der pflegenden Angehörigen auf Distanz als sogenannte »Distance Caregivers«. Der vorliegende Beitrag basiert auf quantitativen und qualitativen Interviewdaten von N = 35 »Distance Caregivers« in Deutschland, die zum Zeitpunkt der Datenerhebung eine mindestens 60 Jahre alte Person betreuten. Eingebettet ist die Empirie im Rahmen des BMBF-geförderten Forschungsprojektes »DiCa – Distance Caregiving: Pflegeund Hilfepotenziale über nationale Distanzen und internationale Grenzen hinweg«. Die Darstellung erfolgt zum einen durch deskriptive Analysen standardisierter Instrumente zum allgemeinen Gesundheitszustand, Lebenszufriedenheit und Stresserleben. Die qualitativen Befunde basieren auf der strukturierenden Inhaltsanalyse nach Mayring. Die Ergebnisse zeigen, dass die räumliche Distanz den »Distance Caregivers« einerseits ermöglicht, sich emotional stärker von der Pflege abzugrenzen und die Zufriedenheit beispielsweise mit dem eigenen Gesundheitszustand relativ hoch ist. Andererseits können durch die Entfernung negative Folgen für die mentale Gesundheit entstehen wie beispielsweise Kontrollverlust, Schuldgefühle oder Zukunftsängste. Von besonderer Bedeutung sind zudem mögliche Konflikte mit Helfenden vor Ort, wenn keine klaren Absprachen oder Verantwortlichkeiten bestehen. Daraus ergeben sich beim Thema Pflege über eine räumliche Distanz hinweg spezifische Anknüpfungspunkte für die Etablierung und Weiterentwicklung psychosozialer Hilfen.