Zusammenfassung
Ziele Frauen mit postpartalen psychischen Störungen zeigen
häufig eine verzögerte Bindungsentwicklung zum Kind mit
negativen Folgen für die kindliche Entwicklung. In mehreren
Ländern wurde nachgewiesen, dass eine spezifische Mutter-Kind-Behandlung
positiv auf die mütterliche Psychopathologie und die Bindungsentwicklung
wirkt. Daten für den deutschsprachigen Raum sind rar, auch aufgrund der
fehlenden Angebote bei unzureichender Finanzierung. Patientinnen einer
psychosomatisch-psychotherapeutischen Mutter-Kind-Tagesklinik werden mit dieser
Studie charakterisiert und die Behandlung evaluiert.
Methodik 270 Patientinnen wurden bei Aufnahme und Entlassung aus der
Tagesklinik befragt. Die Begleitevaluation umfasste die klinischen Haupt- und
Nebendiagnosen nach ICD-10, Angaben zur Behandlungsdauer, Medikation, Angaben
zum Kind sowie psychometrische Fragebögen zu mütterlicher
Psychopathologie sowie zur wahrgenommenen Bindung zum Kind und dem elterlichen
Kompetenzerleben.
Ergebnisse 75% der behandelten Frauen wiesen mehr als eine, im
Mittel 2,3 psychische Diagnosen auf. Die häufigsten Hauptdiagnosen waren
affektive Störungen (38,5%), neurotische, Belastungs-und
somatoforme Störungen (30,7%) sowie Persönlichkeits- und
Verhaltensstörungen (20,4%). Ca. 56% berichteten
Störungen der Mutter-Kind-Bindung. Die durchschnittliche Therapiedauer
betrug 32 Behandlungstage. Zwischen Aufnahme und Entlassung zeigte sich eine
hochsignifikante Symptomverbesserung mit sehr hoher Effektstärke
[F=288,557 (df=1), p<0,001, Eta²=0,549].
Zur Entlassung wiesen 86,6% unserer Patientinnen keine
Mutter-Kind-Bindungsstörung mehr auf.
Diskussion Die Ergebnisse weisen auf potentiell hohe therapeutische
Effekte der bindungsfokussierten und interaktionszentrierten Behandlung
für die seelische Gesundheit der Mutter, ebenso wie die für die
Bindungsentwicklung zum Kind hin.
Schlussfolgerung Die gemeinsame Behandlung von Mutter und Kind sollte ein
fester und finanzierter Bestandteil des Versorgungssystems sein, um
Chronifizierung und negative Entwicklungsfolgen für das Kind zu
verhindern.