ZusammenfassungDie Frage nach den Ursachen und Akteuren ungleicher Bildungsverläufe ist seit Jahrzehnten ein zentrales Thema des wissenschaftlichen Bildungsdiskurses. Dabei wird vor allem auf das Handeln der Lehrkräfte und der Eltern, also der erwachsenen Akteure, fokussiert, während weitgehend unberücksichtigt bleibt, wie die Kinder über ihr Handeln an diesem Geschehen beteiligt sind. Auf Basis qualitativer Längsschnittdaten zu Schüler/innenkarrieren untersucht der vorliegende Beitrag, inwiefern Kinder in Interaktionen mit Lehrkräften und Eltern eigene Handlungslinien realisieren können und wie damit ungleiche Herkunftsbedingungen in Bildungsvor- oder -nachteile übersetzt oder modifiziert werden. Die Ergebnisse zeigen, dass die Kinder aktiv am Zustandekommen ungleicher Bildungswege beteiligt sind – je nachdem, wie sie mit den Erwartungen der Erwachsenen in Familie und Schule umgehen und wie sie sich zur Zukunft positionieren. Die Studie liefert auch Einsichten dazu, wo diese Einflussnahme durch die Kinder auf strukturelle Grenzen stößt; dabei wird deutlich, wie die soziale Herkunft der Kinder in diesem Interaktionsgeflecht bedeutsam wird.