Neuropsychologische und Magnetresonanztomographie(MRT)-Diagnostik bei sekundär progredienter Multipler Sklerose
Zusammenfassung Hintergrund Die Multiple Sklerose ist im longitudinalen Verlauf oft ein Krankheitskontinuum mit initial schubförmig-remittierender Phase (RRMS) und späterer sekundärer Progredienz (SPMS). Die meisten bisher zugelassenen Therapien sind bei SPMS nicht ausreichend wirksam. Die frühe Erkennung der SPMS-Konversion ist daher entscheidend für die Therapiewahl. Wichtige Entscheidungshilfen können dabei die Testung kognitiver Teilleistungen und die Magnetresonanztomographie (MRT) sein. Ziel der Arbeit Darstellung der Bedeutung kognitiver Testungen und von MRT-Untersuchungen für Prädiktion und Erfassung der SPMS-Konversion. Ausarbeitung von Strategien der Verlaufsbeobachtung und Therapiesteuerung in der Praxis, insbesondere in der ambulanten Versorgung. Material und Methoden Übersichtsarbeit auf Basis einer unsystematischen Literaturrecherche. Ergebnisse Standardisierte kognitive Testung kann für die frühe SPMS-Diagnose hilfreich sein und die Verlaufsbewertung erleichtern. Eine jährliche Anwendung sensitiver Screeningtests wie Symbol Digit Modalities Test (SDMT) und Brief Visual Memory Test-Revised (BVMT‑R) oder der Brief International Cognitive Assessment for MS (BICAMS)-Testbatterie ist empfehlenswert. Persistierende inflammatorische Aktivität im MRT in den ersten drei Jahren der Erkrankung sowie das Vorhandensein kortikaler Läsionen sind prädiktiv für eine SPMS-Konversion. Ein standardisiertes MRT-Monitoring auf Merkmale einer progressiven MS kann den klinisch und neurokognitiv begründeten SPMS-Verdacht stützen. Diskussion Die interdisziplinäre Versorgung von MS-Patienten durch klinisch versierte Neurologen, unterstützt durch neuropsychologische Testung und MRT, hat einen hohen Stellenwert für die SPMS-Prädiktion und Diagnose. Letztere erlaubt eine frühe Umstellung auf geeignete Therapien, da bei SPMS andere Interventionen als für die RRMS notwendig sind. Nach erfolgter medikamentöser Umstellung erlaubt die klinische, neuropsychologische und bildgebende Vigilanz ein stringentes Monitoring auf neuroinflammatorische und -degenerative Aktivität sowie Therapiekomplikationen.