Neuroanatomie und Pathophysiologie des Schmerzes
Zusammenfassung. Die Wahrnehmung von Schmerz entspricht der wahrscheinlich komplexesten sensorischen Funktion unseres Nervensystems. Im Kern entspricht die Nozizeption einer evolutionsbiologisch hochrelevanten Warnfunktion, die den Körper vor potentiell schädlichen Reizen schützen soll. Um dies zu gewährleisten, sind auf allen Stufen des Prozesses – sowohl auf molekularer, als auch auf struktureller Ebene und sowohl in der Peripherie als auch im zentralen Nervensystem – rasche und teilweise ausgeprägte Veränderungen möglich und notwendig, um die Anpassung an unterschiedliche Situationen zu ermöglichen. Diese strukturelle und funktionelle Plastizität soll die Information des potentiell schädlichen Einflusses innerhalb kürzester Zeit potenzieren, damit rasch und zielgerichtet reagiert und der Schaden möglichst gering gehalten werden kann. In manchen Fällen führt diese sogenannte periphere und zentrale Sensibilisierung aber zur Ausbildung chronischer Schmerzen und wird damit schliesslich zur eigenständigen Erkrankung. Die neuroanatomischen und (patho-)physiologischen Grundlagen sowie das Ausmass dieser biologischen «Gratwanderung» wie auch einige medizinische und therapeutische Implikationen sollen im Folgenden illustriert werden.