Das Heidelberger Frühbehandlungszentrum für junge Menschen in Krisen – ein Modell zur kooperativen Versorgung von Jugendlichen und jungen Erwachsenen

2015 ◽  
Vol 63 (3) ◽  
pp. 175-180 ◽  
Author(s):  
Michael Kaess ◽  
Eginhard Koch ◽  
Philipp A. Thomann ◽  
Sabine C. Herpertz ◽  
Franz Resch

Die Adoleszenz bezeichnet die Lebensphase im Übergang zwischen Kindheit und Erwachsenenalter. Sie geht mit erheblichen biologischen und psychosozialen Veränderungen einher und birgt ein erhöhtes Risiko für das Erstauftreten psychischer Erkrankungen. Da eine psychische Störung während der Adoleszenz oftmals zu einer Beeinträchtigung wesentlicher Entwicklungsschritte führt, sind negative Auswirkungen auf den weiteren Lebens- und Krankheitsverlauf sehr häufig. Früherkennung und Frühbehandlung sind daher erklärte gesundheitspolitische Ziele, die jedoch in der Versorgungsrealität nicht immer verwirklicht werden. Ein großes Problem der sogenannten Adoleszentenpsychiatrie ist der Kontinuitätsabbruch der Helfersysteme bei Erreichen der Volljährigkeit. Das Heidelberger Frühbehandlungszentrum stellt seit mehr als 10 Jahren eine Einheit zur interdisziplinären Versorgung von Jugendlichen und Erwachsenen mit psychischen Störungen dar. Die Kliniken für Allgemeine Psychiatrie und Kinder- und Jugendpsychiatrie des Universitätsklinikums Heidelberg versorgen hier gemeinsam junge Menschen in seelischen Krisen. Besondere Kennzeichen des Frühbehandlungszentrums sind: Flexibles Behandlungssetting (stationär, tagesklinisch, ambulant, aufsuchend) mit Behandlerkontinuität; funktionsorientierter Behandlungsansatz mit Fokus auf adoleszenten-typischen Problemen; Kurzzeitbehandlung, psychosoziale Unterstützung mit Weichenstellung und Perspektivklärung. Das Heidelberger Frühbehandlungszentrum stellt ein Beispiel integrativer und interdisziplinärer adoleszentenpsychiatrischer Versorgung dar.

2007 ◽  
Vol 20 (2-3) ◽  
pp. 135-139
Author(s):  
B. Dittrich ◽  
G. Gatterer ◽  
T. Frühwald ◽  
U. Sommeregger

Zusammenfassung: Das Delir (“akuter Verwirrtheitszustand”) bezeichnet eine psychische Störung, die plötzlich auftritt, durch eine rasche Fluktuation von Bewusstseinslage und Aufmerksamkeitsleistung gekennzeichnet ist und eine organische Ursache hat. Dieses Störungsbild nimmt bei Patienten im höheren Lebensalter deutlich an Häufigkeit zu und verursacht durch verlängerte Krankenhausaufenthalte und ungünstige Krankheitsverläufe erhebliche Kosten im Gesundheitssystem. Daher erscheint eine möglichst frühe Erkennung deliranter Zustandsbilder gerade im Rahmen der Geriatrie von großer Bedeutung. Zu diesem Zweck wurde eine deutsche Version der international weit verbreiteten Confusion Assessment Method entwickelt, die für die Bedürfnisse einer Abteilung für Akutgeriatrie modifiziert wurde. Dargestellt werden die Entwicklung und erste Erfahrungen mit diesem Instrument.


Author(s):  
Andrea E. Stippel ◽  
Maya K. Krischer ◽  
Gerd Lehmkuhl
Keyword(s):  

Zusammenfassung: Wenn eine psychische Störung im Kindesalter trotz intensiver, frühzeitiger, Leitlinien orientierter Psychotherapie zu chronifizieren droht, sollte die diagnostische Zuordnung entsprechend den Forschungsergebnissen neu überdacht werden. Anhand der dargestellten Kasuistik soll diskutiert werden, welches diagnostische und therapeutische Vorgehen unter Beachtung des Entwicklungsstandes und der Symptomatik der Patienten angemessen ist. Es soll damit angeregt werden, den Blick diagnostisch für Phänomene zu schärfen, die bei manchen Störungsbildern initial leicht übersehen und als typisch konfliktneurotisch fehlinterpretiert werden.


2017 ◽  
Vol 65 (2) ◽  
pp. 121-131 ◽  
Author(s):  
Hannes Bitto ◽  
Beatrice Mörstedt ◽  
Sylvia Faschina ◽  
Rolf-Dieter Stieglitz
Keyword(s):  

Zusammenfassung. Klassifizierungs- und Strukturierungsmöglichkeiten psychischer Störungen und Konstrukte sind in den letzten Jahren zu einem Schwerpunkt empirischer Forschung geworden. Im Mittelpunkt steht dabei die Debatte um die bisherige kategoriale versus einer neuen dimensionalen Sichtweise. ADHS gehört zu den Störungsbildern, für welche ein dimensionales Konzept plausibel erscheint. Empirische Belege hierfür liefern verschiedene taxonomische Studien an Kindern und Jugendlichen mit ADHS. Für Erwachsene gibt es bisher nur wenig empirische Untersuchungen zu dem Thema. Daher ist die vorliegende Studie eine erste Auseinandersetzung mit der Beschaffenheit von ADHS bei Erwachsenen, wobei den Befunden bei Kindern folgend von einer dimensionalen Struktur ausgegangen wird. Zwei Stichproben wurden zur Beantwortung der Fragestellung herangezogen: 605 Personen einer gesunden Normalstichprobe und 722 Personen aus einer klinischen Stichprobe, bestehend aus 336 Personen ohne ADHS-Diagnose und 386 Personen mit ADHS-Diagnose. Untersucht wurden alle Personen mittels der ADHS-Selbstbeurteilungsskala (ADHS-SB). Zur statistischen Überprüfung der Fragestellung wurden Diskriminanzanalysen und eine Faktorenanalyse durchgeführt, weiterhin wurden finite Mischverteilungsmodelle mit Hilfe des EM-Algorithmus gerechnet. Die Diskriminanzanalysen konnten zeigen, dass Grenzwerte nur bedingt dazu in der Lage sind, zwischen Personen mit und ohne ADHS zu diskriminieren. Die Faktorenanalyse ergab für alle Gruppen die gleiche Zwei-Faktoren-Lösung der ADHS, welche auch vom DSM-5 vorgeschlagen wird (Unaufmerksamkeit, Hyperaktivität/Impulsivität). Weiterhin wiesen die Mischmodelle der verschiedenen Gruppen keine Unterschiede auf, welche eine kategoriale Sichtweise rechtfertigen würden. Insgesamt ist eine dimensionale Struktur des Störungsbildes auch bei Erwachsenen als wahrscheinlich anzunehmen. Dies bedeutet, dass die Symptome der ADHS extreme Ausprägungen normaler psychischer Phänomene darstellen und es keine klaren Grenzen zwischen Personen mit und ohne einer adulten ADHS gibt. Trotz möglicher dimensionaler Struktur handelt es sich bei der ADHS um eine psychische Störung. Das Abklären funktioneller Beeinträchtigungen könnte vermehrt helfen, Behandlungswürdigkeit festzustellen.


2006 ◽  
Vol 14 (3) ◽  
pp. 95-105 ◽  
Author(s):  
Annette Kämmerer ◽  
Hans-Werner Wahl ◽  
Stefanie Becker ◽  
Roman Kaspar ◽  
Ines Himmelsbach ◽  
...  

Zusammenfassung. Ziel der vorliegenden Arbeit war die empirische Prüfung einer psychosozialen Kurzintervention bei Menschen mit altersabhängiger Makuladegeneration, der primären Ursache von Sehverlust im höheren Alter. Gegenüber den bisher in der Literatur vorgelegten Interventionsansätzen war die Intervention der vorliegenden Studie in stärkerem Maße gesundheitspsychologisch fundiert. Sie umfasste insgesamt drei Sitzungen auf der Basis eines Gruppenansatzes mit je 4 bis 6 Patienten. Unterschieden wurde ferner zwischen einem emotions-orientierten und problemlöse-orientierten Vorgehen. In die Studie einbezogen wurden n = 23 Personen mit emotions-orientiertem, n = 22 Personen mit problemlöse-orientiertem Vorgehen und n = 22 Personen ohne Behandlung (Altersmittelwerte zwischen 76.1 und 77.3 Jahren). Die Behandlungsgruppen wurden vor und nach der Intervention mit eingeführten Skalen zur Depressivität, zu problemorientiertem Coping und Anpassung an den Sehverlust untersucht. Die Vergleichsgruppe wurde entsprechend nach einem vergleichbaren Zeitintervall ohne Intervention ein zweites Mal befragt. Die Befunde zeigen leicht verbesserte Depressivitätswerte speziell in der emotions-orientierten Gruppe, während sich in der problemlöse-orientierten Gruppe vor allem Verbesserungen hinsichtlich des problemorientierten Copings und der Anpassung an den Sehverlust ergaben. Die Ergebnisse unterstreichen insgesamt die Notwendigkeit einer stärkeren gesundheitspsychologischen Beachtung von chronischen Erkrankungen im Alter.


2020 ◽  
Vol 39 (07/08) ◽  
pp. 478-482
Author(s):  
Regina von Einsiedel

ZUSAMMENFASSUNGGesellschaftspolitisch wird die Chancengleichheit der Frauen in der Medizin propagiert, sie ist 2020 aber immer noch nicht ausreichend umgesetzt. Neben den Genderaspekten und ungleichen Karrierechancen klagen viele Ärztinnen über alltägliche Doppel- oder Mehrfachbelastungen sowie über Barrieren in den verschiedenen Berufs- und Ausbildungsphasen. Entwickeln sich diese Probleme zu individuellen Dauerstressoren, können Befindlichkeitsstörungen, ein Burnout oder eine psychische Störung die Folge sein. Psychische Symptome können die Lebensqualität und Arbeitsfähigkeit der Betroffenen empfindlich einschränken. Die berufsbedingten Krisenherde der Medizinerinnen werden anhand der Literatur dargestellt. Im Fokus steht das präventive und interventionale schematherapiefokussierte Coaching bei berufsbedingtem Burnout als Weg aus der Krise.


2015 ◽  
Vol 34 (04) ◽  
pp. 285-292 ◽  
Author(s):  
D. Jähnel ◽  
A. Mayr ◽  
N. Müller

ZusammenfassungHintergrund: Im Rahmen der “Aktion T4” kam es während des nationalsozialistischen Regimes zwischen Oktober 1939 und August 1941 zu Euthanasiemorden mit bis zu geschätzten 300 000 Opfern. Es handelte sich um Patienten aus psychiatrischen Kliniken in ganz Deutschland, bei denen unter anderem die Diagnosen manisch-depressive Erkrankung oder Schizophrenie gestellt wurden. Psychiatrische Versorgungs- und Universitätskliniken waren in unterschiedlichem Ausmaß an dieser Aktion beteiligt. Anhand von Krankenakten wurde von uns zunächst untersucht, ob sich Hinweise für die Involvierung des Personals der Münchener Universitäts- Nervenklinik in die “Aktion T4” oder für die nach 1945 getätigten Äußerungen, das Personal habe versucht, die Patienten zu schützen, ergaben. Material und Methoden: Es handelt sich um eine retrospektive Vergleichsanalyse aus der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Ludwig-Maximilians- Universität (LMU) München. Aufnahmen, Entlassungs- und Verlegungsverhalten sowie Diagnosestellung während des Zeitraums der “Aktion T4” – September 1939 bis August 1941 – wurden anhand von Aufnahmebüchern und Krankenakten mit einem Vergleichszeitraum vor der “Aktion T4” verglichen. Ergebnisse: Die Analyse der Daten zeigt, dass sich das Verlegungsverhalten insgesamt während der “Aktion T4” vom Kontrollzeitraum nicht unterschied. Die Verweildauer während der “Aktion T4” war signifikant länger. Signifikant häufiger wurde die Diagnose “Nervenkrank ohne psychische Störung” – eine damals ungefährliche Diagnose, die nicht zu einer Involvierung in “T4” führte – gestellt. Schlussfolgerung: Die Daten sind vereinbar mit der Annahme, dass sich das Personal der Münchner Nervenklinik um den Schutz der Patienten vor Euthanasie bemühte. Andere mögliche Erklärungen werden ebenfalls diskutiert.


2008 ◽  
Vol 27 (01/02) ◽  
pp. 61-69 ◽  
Author(s):  
F-G. Lehnhardt ◽  
K. Vogeley

ZusammenfassungErst in den letzten Jahren entwickelte sich ein zunehmendes Interesse am Autismus im Erwachsenenalter, während der Autismus im Kindesalter eine bekannte und bereits ausführlich untersuchte psychische Störung ist. Wesentliche diagnostische Kriterien in den operationalisierten diagnostischen Klassifikationssystemen (ICD-10) umfassen Störungen der sozialen Interaktion, Störungen der Kommunikation sowie stereotypes, repetitives Verhalten und/oder besondere Interessen oder Aktivitäten. Eine Besonderheit im Erwachsenenalter ist, dass sich Erstdiagnosen fast ausschließlich auf den sogenannten hochfunktionalen Autismus einschließlich des Asperger-Syndroms beziehen. In diesem Beitrag werden einige ausgewählte Aspekte des hochfunktionalen Autismus des Erwachsenenalters unter besonderer Berücksichtigung der Störungen der sozialen Kognition betrachtet.


2021 ◽  
Vol 40 (10) ◽  
pp. 814-820
Author(s):  
Georg Juckel ◽  
Paraskevi Mavrogiorgou
Keyword(s):  

ZUSAMMENFASSUNGKreativität ist ein wichtiges menschliches Ausdrucksmittel. Der Zusammenhang zwischen Kreativität und psychischer Krankheit wurde immer wieder thematisiert, fand ihren Niederschlag z. B. in der Sammlung Prinzhorn oder in Gugging, wurde aber nur selten systematisch untersucht. Neuere epidemiologische und genetische Befunde deuten darauf hin, dass zwischen bipolaren und schizophrenen Erkrankungen und kreativem Ausdrucksbestreben, d. h. dem Bedürfnis des einzelnen Betroffenen sich literarisch, musikalisch oder künstlerisch auszudrücken, ein engerer Zusammenhang besteht. Daher erscheint es verstärkt sinnvoll zu sein, Patienten insbesondere mit diesen Störungsbildern bzgl. Kunst und künstlerischen Tätigkeiten gezielt anzuregen und zu fördern.


Author(s):  
Julian Wangler ◽  
Michael Jansky

ZusammenfassungDie Unterstützung von pflege- und hilfsbedürftigen Personen wird oft durch pflegende Angehörige übernommen. Bei der Betreuung dieser Zielgruppe können Hausärzt*innen eine bedeutende Rolle einnehmen, wenn sie sich auf die Problematiken und Wünsche Pflegender einstellen.Ziel der explorativen Studie ist es, hausärztliche Betreuungsbedürfnisse mit tatsächlich erlebter Betreuung zu kontrastieren und dadurch Ansätze für eine Stärkung der hausärztlichen Rolle im Themenzusammenhang herauszuarbeiten.Über 13 Online-Pflegeforen wurden insgesamt 37 pflegende Angehörige rekrutiert, mit denen zwischen September 2020 und März 2021 telefonische Interviews geführt wurden.Die Mehrheit der Interviewten erachtet Hausärzt*innen als wichtige Unterstützungsinstanz mit hoher Kompetenz- und Vertrauenszuweisung. Geschätzt wird die hausärztliche Kenntnis der persönlichen Betreuungssituation, die Ansprechbarkeit bei verschiedensten Problemlagen und die Hinwendung zum Pflegebedürftigen. Allerdings fällt auf, dass die Kommunikation über die Pflege oft erst deutlich verzögert erfolgt (verspätete Identifizierung und Ansprache Pflegender). Auch nehmen Hausärzt*innen nicht immer im selben Maße Rücksicht auf die Bedürfnisse von Angehörigen wie sie auf Gepflegte eingehen. Nur ein Teil der Ärzt*innen verweist Angehörige zu Beratungs- und Hilfsangeboten.Die Hausarztpraxis kann eine zentrale Rolle bei der Unterstützung pflegender Angehöriger spielen. Hierfür ist eine frühzeitige Erkennung und Einbeziehung von pflegenden Angehörigen unverzichtbar. Zur effektiven Unterstützung einer gelingenden Pflege ist es wichtig, die Bedürfnisse, Wünsche und Belastungen Pflegender und Gepflegter gleichermaßen zu berücksichtigen. Konsequente Verweise auf Hilfsangebote erleichtern pflegenden Angehörigen die Organisation der Pflege und gewähren (psychosoziale) Unterstützung.


Sign in / Sign up

Export Citation Format

Share Document