Sexuelle Dysfunktion in der psychiatrischen Therapie

2007 ◽  
Vol 26 (08) ◽  
pp. 690-698
Author(s):  
K.-U. Kühn ◽  
J. Westheide

ZusammenfassungSexuelle Funktionsstörungen stellen eine häufige unerwünschte Nebenwirkung von Psychopharmaka dar, bei männlichen Patienten treten insbesondere die Ejakulationsstörung und die erektile Dysfunktion auf. Trotz ihrer hohen Prävalenz werden sie in der psychiatrischen Diagnostik nicht ausreichend erfasst. Die medikamentöse Compliance kann durch diese Nebenwirkungen deutlich reduziert werden, insbesondere wenn die Patienten die psychotrope Medikation für ihre sexuellen Dysfunktionen verantwortlich machen. Pharmakainduzierte sexuelle Funktionsstörungen können in jeder Phase der menschlichen sexuellen Reaktion auftreten. Grundsätzlich ist zu beachten, dass der pharmakogene vom morbogenen Einfluss getrennt betrachtet werden muss und der Einfluss von Psychopharmaka alleine auf die Sexualität nicht überbewertet werden darf. Bei der Behandlung von antidepressiva-induzierter erektiler Dysfunktion haben sich PDE-5 Hemmer bewährt. Hinsichtlich neuroleptika-induzierter sexueller Funktionsstörungen kann ein Wechsel zu einem nicht-prolaktin erhöhenden Antipsychotikum hilfreich sein.

2011 ◽  
Vol 30 (08) ◽  
pp. 608-609 ◽  
Author(s):  
B. J. Connemann ◽  
H.-J. Maxon ◽  
M. Schmid

ZusammenfassungSexuelle Funktionsstörungen bei an Schizophrenie leidenden Patienten finden trotz hoher Prävalenz in der klinischen Praxis weiterhin wenig Beachtung. Meist führt eine Antipsychotika-induzierte Hyperprolaktinämie zu verminderter Libido oder anderen sexuellen Funktionsstörungen.Wir berichten den Fall einer 42-jährigen an einer schizoaffektiven Störung leidenden Patientin, bei der es unter Aripiprazol zu vermehrter sexueller Appetenz und Libido gekommen ist. Neben einem fehlenden Einfluss auf das Prolaktinsystem, welches vermutlich die Antipsychotika-induzierte sexuelle Dysfunktion bedingt, kann angenommen werden, dass Aripiprazol das mesolimbische Dopaminsystem über einen partialagonistischen D2-Rezeptoreffekt stimuliert und zu einer vermehrten sexuellen Appetenz führt. Dieser stimulierende Effekt könnte bei Antipsychotika-induzierten sexuellen Funktionsstörungen genutzt werden. Jedoch sollten Symptome wie Hypersexualität oder vermehrte sexuelle Appetenz unter Aripiprazol explizit erfragt werden.


Author(s):  
Stefan Gutwinski ◽  
Timm H. Häbel ◽  
Felix Bermpohl ◽  
Thomas G. Riemer ◽  
Nikola Schoofs

Zusammenfassung. Hintergrund: Sexuelle Funktionsstörungen sind bei der Substitutionsbehandlung der chronischen Opioidabhängigkeit häufig. Neben Methadon ist Levomethadon derzeit die in Deutschland am häufigsten eingesetzte Substanz zur Substitution. Bisher gibt es unserer Kenntnis nach keine Studie, die sexuelle Funktionsstörungen bei Methadon im Vergleich zu Levomethadon untersucht hat. Zielsetzung: Erfragung von sexuellen Funktionsstörungen. Material und Methoden: Wir führten eine Befragung von männlichen opioidabhängigen Patienten unter Substitutionsbehandlung mit Methadon oder Levomethadon in Berlin durch. Sexuelle Funktionsstörungen wurden mit dem International Index of Erectile Function (IIEF) sowie in der Selbsteinschätzung erhoben. Ergebnisse: Es nahmen 66 Patienten an der Erhebung teil. 30 (45.5 %) erhielten Methadon, 36 (54.5 %) Levomethadon. Erektile Dysfunktion trat signifikant häufiger unter Methadon auf (p = .029). Bezüglich der Selbsteinschätzung sexueller Funktionsstörungen wiesen die Patienten, die über solche berichteten (N = 40, 71.4 %), eine signifikant höhere Dosierung der substituierten Substanz auf (p = .014; Dosierung 125 mg ± 45.3 mg vs. 93.3 mg ± 24.7 mg). Schlussfolgerung: Unsere Studie weist auf eine Überlegenheit von Levomethadon bzgl. der durch die Patienten selbst berichteten erektilen Funktion hin. Bei Auftreten von sexuellen Funktionsstörungen könnten ein Substanzwechsel oder eine Dosisreduktion hilfreich sein.


Praxis ◽  
2007 ◽  
Vol 96 (18) ◽  
pp. 721-725 ◽  
Author(s):  
Buddeberg ◽  
Jecker ◽  
Klaghofer ◽  
Dietz ◽  
Götzmann

Sexuelle Funktionsstörungen kommen in der Durchschnittsbevölkerung häufig vor. In der ärztlichen Grundversorgung werden sie jedoch selten angesprochen. 1980, 1990 und 2004 wurden drei Kohorten von Hausärzten Deutschschweizer Kantone mittels Fragebogen zur Häufigkeit sexueller Probleme und Störungen ihrer Patienten und zu ihren sexualmedizinischen Kenntnissen befragt. Die Häufigkeit sexueller Störungen von Patienten wird in der ärztlichen Grundversorgung unterschätzt. Ärztinnen und Patientinnen sprechen häufiger sexuelle Probleme an als Ärzte und Patienten. Verlust von sexuellem Interesse und erektile Dysfunktion sind die häufigsten sexuellen Störungen in der ärztlichen Grundversorgung. Die Ärzte schätzen 2004 ihre sexualmedizinischen Kenntnisse höher ein als 1980. Die sexualmedizinische Ausbildung von Ärzten der Grundversorgung sollte weiter intensiviert und verbessert werden.


2012 ◽  
Vol 31 (12) ◽  
pp. 904-908
Author(s):  
G. Ebersbach ◽  
F. Gandor

ZusammenfassungDas idiopathische Parkinson-Syndrom (IPS) geht mit einer Reihe nicht motorischer Phänomene einher. Dabei spielen Störungen der Sexualfunktion und des Sexualverhaltens eine wichtige Rolle, da sie oft mit einer Verschlechterung der Lebensqualität und Zufriedenheit in der Partnerschaft verbunden sein können. Bei männlichen Parkinson-Patienten stehen erektile Dysfunktion, Ejakulationsstörungen und vermindertes sexuelles Verlangen im Vordergrund, wohingegen Frauen von verminderter Libido, unzureichender vaginaler Sekretion und Dyspareunie berichten. Anpassung der medikamentösen Therapie kann beim Beischlaf störende motorische Phänomene des IPS erfolgreich behandeln. PDE-5-Inhibitoren sind zur Behandlung der erektilen Dysfunktion auch bei IPS wirksam. Bei bis zu 10% der Patienten führt die medikamentöse Parkinsontherapie zu Hypersexualität, was für den Patient und dessen Umfeld eine erhebliche Belastung darstellt und strafrechtliche Konsequenzen haben kann. Behandler sollten sowohl sexuelle Dysfunktion als auch Hyper-sexualität offensiv erfragen und das Bewusstsein für das Auftreten dieser Symptome schärfen, um frühzeitig intervenieren zu können.


Praxis ◽  
2010 ◽  
Vol 99 (8) ◽  
pp. 481-486 ◽  
Author(s):  
Sigg ◽  
Klaghofer ◽  
Imthurn ◽  
Buddeberg

Sexuelle Funktionsstörungen können die Lebenszufriedenheit von Frauen und Männern nachhaltig beeinträchtigen. Neben sexualmedizinischen Angeboten in der ärztlichen Grundversorgung existieren in der Schweiz an Universitätsspitälern Spezialsprechstunden. Die Auswertung von Krankengeschichten von drei Jahrgangskohorten (1980, 1990, 2004) der Sexualmedizinischen Sprechstunde am Universitätsspital Zürich ergab u.a. folgende Ergebnisse: Bei Frauen sind Libidomangel bzw. -verlust und bei Männern erektile Dysfunktion die häufigsten Störungen. In den letzten Jahren sind die Behandlungsmöglichkeiten sexueller Störungen differenzierter geworden. Zwischen den zuweisenden Ärzten und den sexualmedizinischen Spezialisten hat sich die Zusammenarbeit zwischen 1980 und 2004 merklich verbessert. Nach Abklärung und Primärbehandlung in der Spezialsprechstunde werden viele Patienten zur Weiterbehandlung an die zuweisenden Ärzte zurück überwiesen. Die sexualmedizinische Aus- und Fortbildung sollte weiter intensiviert und verbessert werden.


Praxis ◽  
2006 ◽  
Vol 95 (7) ◽  
pp. 226-231
Author(s):  
Lambreva ◽  
Klaghofer ◽  
Buddeberg

Sexuelle Funktionsstörungen kommen in der Allgemeinbevölkerung relativ häufig vor. Ein wesentlicher Teil der Zuweisungen an spezialisierte sexualmedizinische Einrichtungen kommt von Ärztinnen und Ärzten der Grundversorgung. Methodik: Mittels Fragebogen wurden alle Patientinnen und Patienten, welche 2002–2004 in einem Zeitraum von 18 Monate Hilfe an der Sexualmedizinischen Sprechstunde des Universitätsspitals Zürich suchten, zu Behandlungsbeginn zu verschiedenen psychosozialen Merkmalen und Aspekten ihrer Sexualität befragt. Resultate: Es konnten 43 Frauen (48.3%) und 46 Männer (51.7%) untersucht werden. Die Frauen waren mit einem Durchschnittsalter von 33.8 Jahren um 10 Jahre jünger als die Männer mit 43.5 Jahren. Die häufigste Störung war bei den Frauen Mangel oder Verlust von sexuellem Verlangen (51.2%), gefolgt von nichtorganischem Vaginismus (20.9%) und Orgasmusstörung (11.6%), bei den Männern eine Erektionsstörung (50.0%), gefolgt von Ejaculatio praecox (26.1%) und Mangel oder Verlust von sexuellem Verlangen (15.2%). Die Befragten zeigten deutlich tiefere Werte in ihrem Kohärenzgefühl (SOC) als Männer und Frauen aus der Durchschnittsbevölkerung. Die Probanden waren deutlich ängstlicher als Personen aus der Gesamtbevölkerung, wobei die untersuchten Männer auch deutlich depressiver als die Männer aus der Durchschnittsbevölkerung und als die Frauen aus der Stichprobe waren. Die Männer gaben trotz ihren sexuellen Problemen signifikant häufiger als die Frauen sexuelle Wünsche, Bedürfnisse sowie sexuelle Aktivitäten an. Schlussfolgerung: Da Männer und Frauen, welche unter sexuellen Funktionsstörungen leiden, ängstlicher sind als Personen der Durchschnittsbevölkerung, ist ein vorsichtiges, aber aktives Ansprechen sexueller Fragen und Themen seitens des Arztes/der Ärztin erforderlich.


2016 ◽  
Vol 35 (09) ◽  
pp. 575-581
Author(s):  
B. Abler ◽  
H. Graf ◽  
K. Malejko

ZusammenfassungSexuelle Funktionsstörungen treten häufig in der Therapie mit monoaminerg wirksamen Antidepressiva, insbesondere unter der Einnahme von selektiven Serotoninwiederaufnahmehemmern auf und beeinträchtigen neben der Lebensqualität in erheblichem Maße die Therapieadhärenz der Betroffenen. Trotz der zunehmenden klinischen Relevanz dieser unerwünschten Arzneimittelwirkung (UAW) konnten die zentralen Mechanismen der sexuellen Dysfunktion unter antidepressiver Medikation nicht hinreichend aufgeklärt werden. In einem umfangreichen Forschungsprogramm untersuchten wir gesunde männliche Probanden mit pharmakologisch gestützter funktioneller Magnetresonanztomografie (pharmako-fMRT) und visueller erotischer Stimulation unter der Einnahme verschiedener antidepressiv wirksamer Substanzen, um die monoaminergen Wirkprinzipien auf neuronalen Korrelate sexueller Stimulation aufzuklären und stellen unsere Ergebnisse in dem folgenden Übersichtsartikel dar.


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