Differenzialdiagnostische Unterscheidung zwischen substanzinduzierten und primären Psychosen:
ZusammenfassungSubstanzinduzierte psychotische Störungen (SIPS) sind häufig und für ca. 25 % der ersten Einweisungen in eine psychiatrische Klinik verantwortlich. Aus klinischer Sicht ist aufgrund ähnlicher psychopathologischer Phänomene die diagnostische Unterscheidung zwischen SIPS und primären (genuinen oder kryptogenen) psychotischen Störungen oft eine Herausforderung. Dieser Umstand wird dadurch erschwert, dass SIPS im Zusammenhang mit Cannabis, Halluzinogenen und Amphetaminen ein erhebliches Risiko des Übergangs in eine primäre psychotische Störung (z. B. Schizophrenie) haben. Im ersten Abschnitt dieser Arbeit werden zunächst zwei exemplarische Fallvignetten aus der allgemeinpsychiatrischen und forensischen Praxis vorgestellt. Danach wird im Sinne einer selektiven Literaturübersicht die Relevanz der differenzialdiagnostischen Unterscheidung beider Störungsbilder aus der Sicht der allgemeinen und forensischen Psychiatrie in Bezug auf Therapie, Prognose und richterliche Entscheidung bezüglich der Unterbringung im Maßregelvollzug (§ 63 vs. § 64 StGB) beleuchtet. Der letzte Abschnitt hat das Ziel, ein strukturiertes Vorgehen zur differenzialdiagnostischen Unterscheidung zwischen SIPS und primären psychotischen Störungen zu erarbeiten. Die in dieser Arbeit dargestellten und diskutierten Konzepte und Befunde sollen klinisch tätigen Psychiatern und Psychologen die Diagnosestellung im allgemeinen und forensischen Kontext erleichtern.