Harnblasentumoren als Langzeitfolge einer Querschnittlähmung – Bedeutung für die Praxis
ZusammenfassungDas Harnblasenkarzinom ist, nach dem Lungenkrebs, bei Querschnittgelähmten die zweithäufigste zum Tode führende Tumorerkrankung. Die vorliegende Arbeit gibt einen umfassenden Überblick über die für den Urologen wichtigen Unterschiede im Vergleich zu Harnblasentumoren in der Allgemeinbevölkerung.Querschnittgelähmte sind zum Zeitpunkt der Tumordiagnose im Durchschnitt 1 bis 2 Jahrzehnte jünger als Patienten ohne Querschnittlähmung. Der histopathologische Befund bei Erstdiagnose eines Harnblasenkarzinoms bei Menschen mit Querschnittlähmung ist wesentlich ungünstiger als bei Harnblasenkarzinomen in der Allgemeinbevölkerung. Muskelinvasive Tumoren und Tumoren mit geringer Differenzierung sind wesentlich häufiger und der Anteil an Plattenepithelkarzinomen ist deutlich erhöht. Die Häufigkeit nimmt nach über 10 Lähmungsjahren zu. Die Harnblasenkarzinom-Mortalität ist deutlich erhöht und steigt mit zunehmender Lähmungsdauer an.Bei diagnostischen Eingriffen und insbesondere bei der radikalen Zystektomie sind klinisch wichtige Besonderheiten zu beachten. So können z. B. urodynamische Untersuchungen oder eine Zystoskopie eine Autonome Dysreflexie mit hypertensiven Krisen und der Gefahr einer lebensbedrohlichen Bradykardie triggern. Bei einer radikalen Zystektomie sind intraoperativ u.a. die häufig auftretenden Verwachsungen und Verschwielungen der Harnblase zu beachten. Postoperativ treten u.a. häufig, bedingt durch die neurogene Störung des Darmes, schwere Paralysen und prolongierte Darmatonien auf. Die unmittelbar nach der Operation vorzunehmende Lagerung der Patienten zur Vermeidung von Dekubiti und zur Unterstützung der Atmung sowie das Querschnittgelähmten-spezifische Darmmanagement sind unbedingt zu beachten. Weitere Besonderheiten bei querschnittgelähmten Patienten mit Harnblasenkarzinom, die auch in der klinischen Praxis Beachtung finden sollten, sowie Überlegungen zum Screening nach Harnblasentumoren werden im Beitrag dargestellt.