Kulturanthropologie Notizen
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Published By University Library J. C. Senckenberg

2748-4912, 2748-5943

2021 ◽  
Vol 83 ◽  
pp. 43-57
Author(s):  
Patrick Bieler

Im Rahmen meiner Forschung über die Zusammenhänge von psychischer Gesundheit und städtischen Umwelten in Berlin, Deutschland, beobachtete und arbeitete ich in und mit einem Projekt zur Verbesserung der Lebensbedingungen für Menschen mit schweren psychischen Problemen unter den Bedingungen eines angespannten Wohnungsmarktes. Im Laufe des Projekts wurde ich über ‚lediglich‘ teilnehmendes Beobachten hinausgehend ein aktiv mitarbeitendes Projektmitglied. Diese Art des Engagements basiert nicht auf einer ethischen Verpflichtung gegenüber den moralischen und politischen Zielen der Forschungspartner*innen, sondern stellt vielmehr eine Methode zur Generierung von situiertem empirischem Wissen und Konzepten dar. Die Arbeit mit dem Projekt ermöglichte es, Situationen des kritischen Dialogs und der Konfrontation zu schaffen, wodurch sich über einen zeitlichen Verlauf hinweg analytische Ideen herauskristallisierten. So verschwimmt die Trennung zwischen beobachteten und beobachtenden Subjekten ebenso wie die zwischen Beobachten, Intervenieren und Analysieren. Darüber hinaus argumentiere ich, dass die aktive Teilnahme an einer Intervention als ethnografische Langzeitintervention dienen kann, die auf die Produktion neuartiger Forschungsfragen und methodischer Erkenntnisse abzielt, die weitere Forschungszusammenhänge informieren können. Das Ziel der Intervention liegt also abseits von und geht über die lokal beobachteten Probleme hinaus. Ich werde dieses Argument kurz erläutern, indem ich meinen Beitrag zu den interdisziplinären Interessen der Urban Mental Health Forschung diskutiere.  


2021 ◽  
Vol 83 ◽  
pp. 58-72
Author(s):  
Laura K. Otto ◽  
Nicole Philipp-Jahnke

Mit dem Beginn der COVID-19 Pandemie mussten Forscher:innen in den Geistes- und Sozialwissenschaften weltweit ihre Forschungsvorhaben unterbrechen, neu konzeptionieren und ihre qualitativen methodischen Vorgänge überdenken. COVID-19 und die damit einhergehenden Maßnahmen intervenieren in lang etablierte und für ‚normal‘ empfundene Praktiken der Feldforschung. Die Frage (von) wo und mit wem Forschung möglich ist, erfährt neue Dringlichkeit und Reflexion. Für Feldforscher:innen bedeutet diese Intervention, neue Feldzugänge und Wege der Materialerhebung finden zu müssen. Dieser Beitrag analysiert sowohl qualitative, leitfadengestützte Interviews mit Ethnograph:innen als auch Blogbeiträge, um Forschungsherausforderungen und -praktiken, die unter den Bedingungen der COVID-19-Pandemie entstehen, zu diskutieren. Im Fokus steht die Analyse impliziter Annahmen und etablierter Gütekriterien ethnographischer Forschung, die durch die aktuelle Intervention sicht- und diskutierbar werden. Wir reflektieren diese Erkenntnisse und ihre Bedeutung für das Forschen in pandemischen Zeiten und darüber hinaus.


2021 ◽  
Vol 83 ◽  
pp. 2-13
Author(s):  
Laura K. Otto ◽  
Martina Klausner ◽  
Kathrin Eitel ◽  
Gisela Welz
Keyword(s):  

In dieser Einleitung zur 83. Ausgabe der Kulturanthropologie Notizen stellen wir das Konzept der Intervention ins Zentrum und betonen wie Forscher:innen und ihre Felder immer aufeinander bezogen sind. Während wir grundsätzlich davon ausgehen, dass ethnographische Studien per se als interventionistisch verstanden werden können, diskutieren wir ‚doing interventions‘ als einen spezifischen, ethnographischen methodischen Ansatz und reflektieren insbesondere Experimente und Kollaborationen sowie deren epistemischen Effekte. In diesem Sinne verweisen Interventionen mit/in der Ethnographie auf ethnographisches Wissen, das einen Effekt auf das Feld hat, während die Praxis des Intervenierens zugleich auch die ethnographische Wissensproduktion verändern kann. Die Autor:innen dieser Ausgabe der Kulturanthropologie Notizen zeigen anhand einer Vielzahl von Beispielen, wie sich Interventionen mit und in der Ethnographie in der Praxis ausgestalten lassen und wie diese Modi miteinander verflochten sind. Die Fallstudien reichen von ethnografischer Forschung im globalen Lebensmittelsektor und in der Rohstoffindustrie über Feldforschung in und mit der Sozialpsychiatrie bis hin zu neuen Formen der Zusammenarbeit während der COVID-19-Pandemie. Nicht zuletzt wird die Anthropologie als Veränderungswissenschaft diskutiert. Was die Texte eint, ist die Überzeugung, dass Interventionen mit/in der Ethnographie das Potential haben Etabliertes und Selbstverständliches in Frage zu stellen, normative und dominante Wahrnehmungen der Wissensproduktion zu transformieren, Diskurse zu irritieren und gleichzeitig die Re-Imagination und Re-Konzeptualisierung der ethnographischen Praxis  zu fördern.


2021 ◽  
Vol 83 ◽  
pp. 14-26
Author(s):  
Ruzana Liburkina

This contribution reconsiders ethnographic encounters with mainstream market actors in light of the ever-intensifying ecological crisis caused by prevalent patterns of economic activities. Effective experimental interventions in hegemonic configurations of capitalism are hitherto hard to realize due to fundamental incompatibilities between the logic of academic ethnographic work and that of conventional business operations. Viewing the private sector as comprised of interconnections of economic activities and knowledge production diminishes the epistemic pitfalls of such encounters. Based on empirical insights into the food sector, this paper suggests discarding the view of collaborations with economic actors as dyadic. Instead, it makes a case for approaching more-than-business networks that inextricably link knowledge and business practices. Such experimental interventions may tackle three constitutive pillars of contemporary capitalism: relations between localized knowledge practices and overarching discursive forms; relations between formalized expertise and market operations; and relations among conflicting truth claims and value arguments.


2021 ◽  
Vol 83 ◽  
pp. 73-84
Author(s):  
Andreas Streinzer ◽  
Anna Wanka ◽  
Carolin Zieringer ◽  
Georg Marx ◽  
Almut Poppinga

The contribution discusses the formation and collaboration in the VERSUS project (Versorgung und Unterstützung in Zeiten von Corona/Provisioning and support in times of Corona) as a relational epistemic practice. VERSUS formed as research project to investigate how provisioning recon-figured during the pandemic in Germany, Austria, and Switzerland. The researchers involved come from different yet ‘near’ scholarly backgrounds: anthropology, sociology, and political theory. Such ‘near’ interdisciplinarity poses specific challenges and frictions for a co-laborative project. In analysing our own forms of working on working together, we aim to contribute to an emergent literature that focuses on co-laboration in projects of such ‘near’ disciplines used to take their differences serious. We discuss VERSUS through the notions of a) co-laboration, working with a shared epistemic orientation (tertium) for creating knowledge for specific fields, and b) collaboration as the everyday practice of working together during the unfolding pandemic. The collaborative software Slack enabled quick and less formal interaction, yet the instant-ness of the platform created challenging situations that we then discuss as important and generative moments in the project.


2021 ◽  
Vol 83 ◽  
pp. 85-104
Author(s):  
Manfred Faßler †

Es sagt sich so leicht: unsere Welt verändert sich. Was aber verändert sich oder wird verändert? Wodurch, durch wen, warum? Cui bono? Leben wir in einer Welt „kreativer Zufälle“, von denen der Physiker Klaus Mainzer (2007) spricht? Oder lenkt dies vom „Egoismus der Gene“ ab, den der britische Biologe Richard Dawkins (1976) betont. Geschieht oder passiert Veränderung? Wird sie gemacht? Sind ´Egoismen der Kultur´, des Marktes, der Ökonomie daran beteiligt? Woher kommen diese? Welchen Sinn haben sie bei globalen Kooperations- und Konsensanforderungen? Und was ist zu tun, wenn sich herausstellt, dass die Bedingungen umwälzender Veränderungen menschengemacht und brutal und gewaltförmig sind, wie Saskia Sassen in ihrem Buch „Ausgrenzungen“ (2015) beschrieb. Oder, wenn wir uns selbst, unsere Körper, unsere Seinsweisen, unsere Denkweisen absichtlich verändern, wir eine Cyborgisierung (Haraway 1991) betreiben? Muss Wissenschaft dann explizit politisch werden? Sollten die ersten Schritte eine „experimental respecification of sociality with digital technologies“ (Marres & Gerlitz 2019, 3, Anm.1) sein? Mit diesen wenigen Fragen stelle ich verändern und machen in den Vordergrund meines Essays. Der Text ist ein Plädoyer für eine Kulturanthropologie, die sich dem reproduktiven Gattungsverhalten ebenso widmet wie Kultur-, Sozial-, Kommunikations-, Urbanisierungs-praxen, Kreativität, Maschinen- und Technologieentwicklungen.


2021 ◽  
Vol 83 ◽  
pp. 27-42
Author(s):  
Susana Carmona

Corporate Social Responsibility (CSR) in the extractive industries is a relatively new but growing topic for anthropology. To study CSR, anthropologists often conduct ethnography in corporations, which provides a unique perspective to discern the functioning of corporate power, company–community relations, and the mainstream discourses of global governance. However, ethnography in corporations requires further reflexivity about the anthropologist’s positionality and what it can tell us about the functioning of CSR. I build on my experience conducting an ethnography of the Cerrejón mine in Colombia, one of the biggest in the world, and a dialoguewith other anthropologists’ methodological and theoretical reflections about CSR. I elaborate on the conceptualization of ethnographers’ work in corporations as fuzzy embeddedness, to explore the temporary, ambiguous, and often unacknowledged ways in which the ethnographer is immersed in corporate logics, and becomes part of the hierarchies and power relations that corporations enact in the extractive territories. The article develops two main arguments. First, mining corporations see ethnographers as stakeholders in their performance of transparency, therefore turning the relation into an enactment of CSR. Second, empathizing with corporate officials is a productive avenue to understand the functioning and reproduction of CSR. Through the text, I present some methodological considerations and hints about the overall functioning of CSR.


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