scholarly journals Klinische Charakteristika, Ressourcenverbrauch, Lebensqualität und Versorgungssituation beim Dravet-Syndrom in Deutschland

2019 ◽  
Vol 32 (4) ◽  
pp. 326-338
Author(s):  
Malin Kalski ◽  
Susanne Schubert-Bast ◽  
Matthias Kieslich ◽  
Anne‑Christine Leyer ◽  
Tilman Polster ◽  
...  

Zusammenfassung Fragestellung Ziel der prospektiven, multizentrischen Studie ist die Erfassung klinischer Charakteristika, des Ressourcenverbrauches sowie der Lebensqualität bei Patienten mit der Diagnose eines Dravet-Syndroms (DS) und deren Eltern in Deutschland. Methoden Die Datenerhebung erfolgte mit einem validierten retrospektiven Fragebogen über 3 bzw. 12 Monate sowie mit einem prospektiven Tagebuch über 3 Monate. Es wurden Daten zur Anfallssituation, Medikamenteneinnahme, Therapieinanspruchnahme sowie zu direkten und indirekten Kosten und zur Lebensqualität erhoben. Die Fragebögen und das Tagebuch wurden den Eltern über den Dravet-Syndrom e. V. sowie beteiligte Zentren ausgehändigt. Ergebnisse Der Fragebogen wurde von 93 Eltern der DS-Patienten und das Tagebuch von 77 ausgefüllt. Das mittlere Alter der Patienten betrug 10 Jahre (Spannweite 15 Monate bis 33,7 Jahre). Die Zeit bis zur Syndromdiagnose eines DS war in den letzten beiden Jahrzehnten deutlich kürzer. In den letzten 12 Monaten ereignete sich bei 95 % der Patienten mindestens ein epileptischer Anfall. Als anfallsauslösende Faktoren wurden Fieber (93,4 %), Aufregung (56 %), Schlafmangel (51,6 %) und starke körperliche Anstrengung (50,5 %) berichtet. Die Lebenszeitprävalenz des Status epilepticus lag bei 77 %, und bei 28 % war mindestens 1 Episode eines Status epilepticus innerhalb des letzten Jahres aufgetreten. Die Lebensqualität (QoL) der Patienten war niedriger als die der Allgemeinbevölkerung, und von 46 % der Eltern wurden Depressionssymptome berichtet. Die direkten Kosten in 3 Monaten betrugen 6043 € pro Patient. Den größten Kostenfaktor stellten die stationären Kosten dar (1702 €), gefolgt von den Leistungen für Pflege (1130 €), den Kosten für die antikonvulsiven Medikamente (892 €) und für Therapien (559 €). Bei den Müttern betrugen die gesamten indirekten Kosten 4399 € und bei den Vätern 391 € bezogen auf 3 Monate. Schlussfolgerung Das Dravet-Syndrom ist mit häufigen, oft therapierefraktären epileptischen Anfällen und Status epilepticus vergesellschaftet. Diese Studie zeigt die erhebliche Krankheitslast und die damit verbundenen Einschränkungen in der Lebensqualität sowie die hohen direkten und indirekten Kosten auf. Um eine Verbesserung der Lebensqualität bei Patienten mit DS und deren Eltern zu erreichen, bedarf es neuer Therapie- und Versorgungskonzepte.

2017 ◽  
Vol 44 (09) ◽  
pp. 603-636 ◽  
Author(s):  
Thomas Bast ◽  
Jürgen Bauer ◽  
Ralf Berkenfeld ◽  
Christian Elger ◽  
Hajo Hamer ◽  
...  

Zusammenfassung Hintergrund Das Manuskript ist eine aktualisierte und stark erweiterte Version der 2012 entstandenen DGN-Leitlinie zum ersten epileptischen Anfall und Epilepsien im Erwachsenenalter. Ziel der Leitlinie ist es, den gegenwärtigen Stand des Wissens zur Diagnostik und Therapie anhand der zur Verfügung stehenden wissenschaftlichen Literatur zusammenzufassen und damit zur Verbesserung der diagnostischen und therapeutischen Abläufe und deren Vereinheitlichung beizutragen.Die Leitlinie behandelt ausschließlich Epilepsien im Erwachsenenalter, Epilepsien bei Kindern werden nicht berücksichtigt. Ebenso werden der Status epilepticus sowie Anfälle infolge von immunvermittelten Erkrankungen des Gehirns nicht behandelt, da hierzu eigene Leitlinien vorliegen. Methodik Das Leitliniengremium wurde durch Experten der Neurologie gebildet, die eine besondere Expertise auf dem Gebiet der Epilepsie besitzen und sowohl aus dem klinischen als auch aus dem niedergelassenen Bereich kommen. Neben der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN) sind auch die Deutsche Gesellschaft für Neurochirurgie e. V. (DGNC), die Österreichische Sektion der Internationalen Liga gegen Epilepsie, die Schweizerische Liga gegen Epilepsie sowie die Luxemburgische Gesellschaft für Neurologie beteiligt. Es wurde darauf geachtet, auch Mitglieder der jüngeren Generation in das Redaktionskomitee aufzunehmen. Die seit der letzten Ausgabe der Leitlinie 2012 neu erschienene Literatur wurde gesichtet und in die aktuelle Fassung eingearbeitet. Die Methodik der Leitlinienentwicklung entsprach einem nominalen Gruppenprozess und einem modifizierten Delphi-Verfahren (Vorlage zuvor produzierter Texte oder Tabellen, mehrstufige schriftliche Befragungsmethode, Rückkopplungsprozess, Information der Teilnehmer über die Gruppenantwort, Diskussion aller Kommentare mit ggf. daraus resultierender Überarbeitung des Entwurfes, Gruppenmitglieder haben die Möglichkeit einer Überprüfung bzw. eines Vergleichs ihrer Aussagen). Der Konsensprozess entsprach den Regeln der AWMF und der DGN zum Umgang mit potenziellen Interessenkonflikten. Ergebnis Wichtigste Neuerung ist eine erneuerte Definition der Epilepsie, ein wesentlich neuer Aspekt dieser Definition ist die Frage, ob eine Epilepsie „überwunden“ werden kann. Auch zur Klassifikation von Anfällen und Epilepsien ist eine neue Version erschienen, die im Wesentlichen wieder der Version von 1989 entspricht. Als wichtigste therapeutische Neuerung hat sich seit der letzten Fassung der Leitlinie von 2012 das Spektrum der Antiepileptika deutlich erweitert, neue Medikamente sind zugelassen worden (Perampanel, Brivaracetam) oder haben ihre Zulassung erweitert (Zonisamid, Lacosamid, Eslicarbazepinacetat). Der Einsatz von Valproinsäure bei Frauen und Mädchen wird zunehmend kritisch gesehen, in der Leitlinie wird ausführlich auf diese Problematik und die Behandlung von Frauen mit Epilepsie eingegangen. Neben der medikamentösen Therapie werden operative Therapien und Stimulationsverfahren behandelt.Psychosoziale Aspekte sowie die Bereiche Fahrtauglichkeit, Ausbildung und Beruf sowie die Problematik des Absetzens von Medikamenten bei langjähriger Anfallsfreiheit werden umfangreicher als bisher diskutiert, auch wurden Abschnitte zur Mortalität, zu Erste-Hilfe-Maßnahmen und zu akuten symptomatischen Anfällen (ASA) neu in die Leitlinie aufgenommen. Ein eigenes Kapitel zur Pharmakokinetik befasst sich mit dem Interaktionspotenzial von Antiepileptika mit anderen Medikamenten sowie dem möglichen Einfluss auf Vitamin- und Hormonspiegel. Insbesondere Therapien maligner Erkrankungen können durch Interaktionen kritisch beeinflusst werden.


2000 ◽  
Vol 42 (6) ◽  
pp. 428-428 ◽  
Author(s):  
P Grattan-Smith ◽  
I Hopkins ◽  
L Shield ◽  
D Boldt

2012 ◽  
Vol 69 (12) ◽  
pp. 693-695
Author(s):  
Stähli ◽  
Müller ◽  
Krause

Ein 75-jähriger Mann leidet seit mehreren Jahren an rezidivierenden Anfällen. Diese werden durch vegetative Symptome, Kribbelsensationen und tiefgründiges "Ewigkeitsgefühl" eingeleitet. Sie sind gefolgt von entweder spontaner Erholung oder - in einem Drittel der Anfälle - von kurzzeitigem vollständigem Bewusstseinsverlust. Mittels eines implantierten EKG-Recorders gelingt es, eine Asystolie von 15 Sekunden zu dokumentieren. Mit der Einlage eines Schrittmachers verschwinden die Bewusstseinsverlustepisoden, die Anfälle mit den vegetativen Sensationen und "Ewigkeitsgefühl" persistieren. Erst mit einer antiepileptischen Therapie wird eine Kontrolle der letzteren Symptome erzielt, wobei eine vollständige Symptomfreiheit bis heute nicht erreicht werden kann. Handelt es sich primär um eine Asystolie mit konsekutiver hypoxischer zerebraler Symptomatik oder tritt die Asystolie in Folge eines epileptischen Leidens auf? Die beiden Hypothesen zu diesem Fall werden diskutiert.


2019 ◽  
Vol 19 (03) ◽  
pp. 186-193
Author(s):  
Bernhard Schmitt

ZusammenfassungSchlaf und Epilepsie stehen in enger Beziehung zueinander. 20 % der Epilepsiepatienten erleiden Anfälle nur in der Nacht, 40 % nur am Tag und 35 % bei Tag und Nacht. Kinder mit Panayiotopoulos-Syndrom oder Rolando-Epilepsie erleiden ihre Anfälle vorwiegend im Schlaf und zeigen im NREM-Schlaf eine Zunahme der Spike-waves. ESES (elektrischer Status epilepticus im Schlaf) und Landau-Kleffner-Syndrom sind epileptische Enzephalopathien mit ausgeprägten kognitiven Einbrüchen, Verhaltensauffälligkeiten und Anfällen. Kennzeichnend ist eine kontinuierliche Spike-wave-Aktivität im NREM-Schlaf. Patienten mit juveniler Myoklonusepilepsie oder Aufwach-Grand-Mal-Epilepsie haben ihre Anfälle nach dem Aufwachen, nicht selten nach vorausgehendem Schlafentzug. Nächtliche Frontallappen-Anfälle werden oft mit Parasomnien verwechselt. Für eine korrekte Zuordnung ist es hilfreich, die klinische Symptomatik und die Häufigkeit pro Nacht und Monat in die Beurteilung mit einzubeziehen. Nächtliche Anfälle und Antikonvulsiva wirken sich auf den Schlaf aus. Schlafstörungen sollten erkannt und behandelt werden, da dies die Anfallskontrolle und Lebensqualität verbessern kann. Bei Verdacht auf Epilepsie und nicht schlüssigem Wach-EEG können Schlaf-EEGs hilfreich sein. Abhängig von der Fragestellung kann das EEG im Mittagsschlaf (natürlicher Schlaf oder medikamentös induziert), während der Nacht oder nach vorausgehendem Schlafentzug stattfinden.


2008 ◽  
Vol 9 (03) ◽  
Author(s):  
S Lorenzl ◽  
S Mayer ◽  
R Jox ◽  
S Noachtar ◽  
GD Borasio
Keyword(s):  

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