Verhaltensauffälligkeiten und Lebensqualität bei Kindern im Vorschulalter und deren Mütter

2010 ◽  
Vol 18 (3) ◽  
pp. 119-129 ◽  
Author(s):  
Ina Schreyer ◽  
Ulrike Petermann

Zusammenfassung. Im Mittelpunkt der Arbeit steht die Frage, ob und in welcher Weise sich Verhaltensauffälligkeiten sowie die Lebensqualität bei Kindern im Vorschulalter mit und ohne Migrationshintergrund unterscheiden. Ergänzend soll auch die Lebensqualität der Mütter beleuchtet werden, da diese eine zentrale Einflussgröße für die Entwicklung der Kinder darstellt. Insgesamt gingen 188 Kinder im Alter von 44 bis 68 Monaten in die Stichprobe ein, welche aus 16 Kindergärten in Bremen und Niedersachen gewonnen wurden. 57 dieser Kinder wiesen einen Migrationshintergrund auf. Es zeigte sich, dass Kinder mit Migrationshintergrund sowohl im Eltern- als auch im Erzieherinnenurteil höhere Werte für Verhaltensauffälligkeiten erhielten als Kinder ohne Migrationshintergrund. Die Erzieherinnen gaben daneben für Kinder mit Migrationshintergrund höhere Werte für Hyperaktivität an und erlebten diese weniger prosozial als Kinder ohne Migrationshintergrund. Die Eltern gaben höhere Werte für Probleme mit Gleichaltrigen an. Für die Lebensqualität der Kinder mit Migrationshintergrund ergab sich unter multivariater Betrachtung kein Unterschied. Betrachtet man diese auf univariater Ebene, ergab sich für die Kinder mit Migrationshintergrund ein schlechteres Selbstwertgefühl und niedrigeres psychisches Wohlbefinden im Elternurteil. Für die Mütter zeigte sich, dass die Mütter von Kindern mit Migrationshintergrund über eine bessere endogene Lebensqualität verfügten als deutsche Mütter. Hier gaben die Mütter der Kinder mit Migrationshintergrund höhere Werte für ihre tägliche Energie an und beschrieben sich als zufriedener mit sich selbst und ihren persönlichen Beziehungen. Für die umweltbezogene Lebensqualität wurde jedoch deutlich, dass diese mit dem sozioökonomischen Status der Familie zusammenhängt. Diese Ergebnisse zeigen, dass die Lebensqualität dieser Gruppe sehr differenziert betrachtet werden muss. Die Bereiche der endogenen Lebensqualität sollten als Ressourcen weiter ausgebaut und gefördert werden, um an diesen Potentialen anzuknüpfen.

2016 ◽  
Vol 80 (S 01) ◽  
pp. S1-S4 ◽  
Author(s):  
Korbinian Weigl ◽  
Caroline Herr ◽  
Nicole Meyer ◽  
Christiane Otto ◽  
Nikolaos Stilianakis ◽  
...  

Zusammenfassung Hintergrund: In Deutschland gibt es bisher wenige Daten zur gesundheitsbezogenen Lebensqualität von Einschulungskindern. Ziel: Ziel dieser Studie war es daher, die gesundheitsbezogene Lebensqualität von Einschulungskindern in Bayern zu untersuchen und, unter Berücksichtigung von Umweltfaktoren, Prädiktoren dafür zu finden. Methoden: Die analysierten Daten stammen aus dem fünften Survey (2010/2011) der in Bayern durchgeführten Gesundheits-Monitoring-Einheiten. Mittels eines Elternfragebogens wurden Informationen zur gesundheitsbezogenen Lebensqualität der Einschulungskinder (KINDL-R(evised)), zu Verhaltensauffälligkeiten und -stärken ( Strength and Difficulties Questionnaire (SDQ)), zu soziodemografischen Merkmalen sowie zu Umweltfaktoren erfasst. Ergebnisse: Es konnten 3 744 Kinder (45,9% Mädchen; Altersdurchschnitt 6,0 Jahre; SD=0,4) in die Analyse eingeschlossen werden. Mädchen hatten signifikant höherer Werte als Jungen sowohl im Gesamt KINDL-R (83,7 vs. 82,4; p≤0,0001) als auch in allen KINDL-R Subskalen mit Ausnahme der Bereiche „psychisches Wohlbefinden“ und „körperliches Wohlbefinden“. Für letzteres fanden sich bei Jungen signifikant höhere Werte als bei Mädchen (84,1 vs. 82,9; p=0,0103). Multiple lineare Regressionsanalysen zeigten, dass von Eltern berichtete Luftverschmutzung oder Lärmbelästigung, die Möglichkeit der Kinder sicher draußen zu spielen und die Zeit, die ein Kind im Sommer unter der Woche draußen verbringt, signifikante Prädiktoren der mit dem KINDL-R gemessenen gesundheitsbezogenen Lebensqualität sind. Adipositas stand nicht im Zusammenhang mit der gesundheitsbezogenen Lebensqualität. Kinder mit Migrationshintergrund hatten signifikant höhere Werte in den Subskalen „Familie“ und „Freunde“. Schlussfolgerung: Umweltfaktoren stehen im Zusammenhang mit der gesundheitsbezogenen Lebensqualität von Einschulungskindern in Bayern, sind jedoch nur teilweise von relevanter Bedeutung. Obwohl sich signifikante Assoziationen zeigen, ist ihre Aussagekraft aufgrund der geringen erklärten Varianz eher limitiert.


2021 ◽  
Vol 35 (1) ◽  
pp. 53-70
Author(s):  
Franziska Schwabe ◽  
Theresa Schlitter ◽  
Jennifer Igler ◽  
Annika Ohle-Peters ◽  
Annika Teerling ◽  
...  

Zusammenfassung. Förderung und Erhalt günstiger motivationaler und verhaltensbezogener Schülermerkmale im Bereich Lesen sind eigenständige Ziele schulischen Unterrichts. Bereits im Grundschulalter lassen sich ungünstige Entwicklungen von Lesemotivation, Leseselbstkonzept und Leseverhalten beobachten. Insbesondere Jungen weisen am Ende der Grundschulzeit häufig ungünstige lesebezogene Merkmale auf. Vor diesem Hintergrund untersuchte der vorliegende Beitrag Effekte eines groß angelegten Förderprogramms, der Bund-Länder-Initiative „Bildung durch Sprache und Schrift“ (BiSS), auf Niveau und Entwicklung dieser Merkmale bei Viertklässlerinnen und Viertklässlern. Auf Basis einer umfangreichen Stichprobe ( N = 1.032) in einem quasi-experimentellen Design zeigten sich keine oder kleine negative Effekte der schulischen BiSS-Teilnahme auf die lesebezogenen Schülermerkmale im Vergleich zu Schülerinnen und Schülern an Kontrollschulen. Auch kompensatorische Effekte für Jungen, Kinder mit Migrationshintergrund oder geringerem Niveau zu Beginn von Klasse 4 in Lesemotivation, Leseselbstkonzept oder Leseverhalten konnten nicht nachgewiesen werden. Die Befunde werden vor dem Hintergrund des Bedarfs an gelingendem Wissenschafts-Praxis-Transfer diskutiert.


2011 ◽  
Vol 25 (2) ◽  
pp. 115-130 ◽  
Author(s):  
Frank Niklas ◽  
Sandra Schmiedeler ◽  
Nina Pröstler ◽  
Schneider

Zusammenfassung. Da die Beherrschung der deutschen Sprache eine notwendige Voraussetzung für eine erfolgreiche Schullaufbahn darstellt, wird in der vorliegenden Arbeit untersucht, ob und in welcher Art sich die sprachlichen Fähigkeiten von Vorschulkindern mit und ohne Migrationshintergrund unterscheiden und welche moderierenden Faktoren inklusive der Zusammensetzung der Kindergartengruppen bedeutsam sind. Untersucht wurden 794 Vorschulkinder im Alter von durchschnittlich 4;10 Jahren im vorletzten Kindergartenjahr. Die Ergebnisse zeigen, dass Kinder mit Migrationshintergrund in der Sprachkompetenz, in der phonologischen Bewusstheit im weiteren Sinne und in der Benennungsgeschwindigkeit bereits eineinhalb Jahre vor Schuleintritt deutliche Defizite im Vergleich zu Kindern ohne Migrationshintergrund aufweisen, wobei insbesondere Kinder mit zwei im Ausland geborenen Elternteilen benachteiligt sind. Die Zusammensetzung der jeweiligen Kindergartengruppe stellt sich über die individuellen Faktoren hinaus als bedeutsam für die Aufklärung der Sprachleistungen heraus. Zudem finden sich bedeutsame Interaktionen zwischen individuellen und Kompositionsfaktoren. Für die Kindergartenbesuchsdauer zeigen sich über die Kontrollvariablen hinaus mit der Sprachkompetenz, der phonologischen Bewusstheit im weiteren Sinne und dem auditiven Arbeitsgedächtnis bedeutsame Zusammenhänge.


Author(s):  
Elmar Souvignier ◽  
Dagmar Duzy ◽  
Daniela Glück ◽  
Marie V. Pröscholdt ◽  
Wolfgang Schneider

Zusammenfassung. Vorschulische Sprachförderung kann insbesondere für Kinder mit Migrationshintergrund eine wichtige Unterstützung auf dem Weg zum Erwerb der Schriftsprache darstellen. Vor dem Hintergrund von Transfertheorien wird dabei diskutiert, ob muttersprachliche (L1) Fördermaßnahmen möglicherweise empfehlenswerter sind als Programme in der Zweitsprache (L2). In einer Stichprobe von 89 Kindern im Alter von 5;8 Jahren mit einem türkischen Migrationshintergrund wurden daher die Effekte eines muttersprachlichen und eines deutschsprachigen Programms zur Förderung sprachlicher und metasprachlicher Fähigkeiten untersucht. Dabei zeigte sich, dass die jeweils zwei Monate umfassenden Förderungen zu vergleichbaren Verbesserungen in der phonologischen Bewusstheit führten – sowohl in türkischer als auch in deutscher Sprache. Diese Effekte erwiesen sich zudem als unabhängig davon, ob die häusliche Umgangssprache ausschließlich Türkisch oder Deutsch und Türkisch war.


2005 ◽  
Vol 13 (3) ◽  
pp. 111-117 ◽  
Author(s):  
Sonja Lehrke ◽  
Nathalie Koch ◽  
Ralph Hubel ◽  
Reinhold G. Laessle

Zusammenfassung. Die Zahl übergewichtiger Kinder ist in den letzten Jahren stark angestiegen. Gut erforscht sind medizinische und psychosoziale Folgebelastungen des Übergewichts; zur Lebensqualität übergewichtiger Kinder liegen jedoch bislang nur wenige Befunde vor. Die vorliegende Studie befasst sich daher mit der Fragestellung, ob und in welchen Bereichen Unterschiede in der Lebensqualität zwischen übergewichtigen und normalgewichtigen gesunden bzw. chronisch kranken Kindern vorliegen. An der Studie nahmen insgesamt 87 Probanden: 27 übergewichtige, 30 normalgewichtige gesunde, 30 chronisch kranke (18 diabeteskranke und 12 asthmakranke) Kinder teil. Die gesundheitsbezogene Lebensqualität wurde anhand des “Fragebogens zur Erfassung der gesundheitsbezogenen Lebensqualität bei Kindern und Jugendlichen - revidierte Form“ (KINDL®, Ravens-Sieberer & Bullinger, 2000 ) erfasst. Die Ergebnisse deuten auf eine erhebliche Beeinträchtigung der Lebensqualität übergewichtiger Kinder in mehreren Bereichen hin: Die übergewichtigen Kinder schätzten sich hinsichtlich des Bereichs “körperliches Wohlbefinden“ und der gesamten Lebensqualität deutlich schlechter ein als die normalgewichtigen gesunden und die chronisch kranken Kinder. In den Bereichen “psychisches Wohlbefinden“ und “Freunde“ fanden sich Abweichungen nach unten lediglich im Vergleich zu den normalgewichtigen gesunden Kindern. Übergewichtige und chronisch kranke Kinder waren in ihrer Selbsteinschätzung bezüglich dieser Bereiche miteinander vergleichbar. Die Ergebnisse werden in den bisherigen Forschungsstand eingeordnet und kritisch diskutiert. Perspektiven für die zukünftige Adipositasforschung werden abgeleitet.


2014 ◽  
Vol 3 (2) ◽  
pp. 73-81 ◽  
Author(s):  
Kathrin Beckh ◽  
Daniela Mayer ◽  
Julia Berkic ◽  
Fabienne Becker-Stoll

Der Beitrag geht der Frage nach, welchen Einfluss die Betreuungsqualität in Krippen auf die sprachliche und sozial-emotionale Entwicklung von zweijährigen Kindern hat und ob es hierbei Unterschiede zwischen Kindern mit und ohne Migrationshintergrund gibt. Die Daten stammen von N = 929 zweijährigen Kindern aus der Nationalen Untersuchung zur Bildung, Betreuung und Erziehung in der frühen Kindheit (NUBBEK), davon n = 255 Kinder mit türkischem oder russischem Migrationshintergrund. Die folgenden Gruppen wurden verglichen: Kinder, die überwiegend in der Familie betreut wurden (n = 395), sowie drei Gruppen von Kindern, die in einer Kindertageseinrichtung betreut wurden, wobei hier zwischen niedriger (n = 178), mittlerer (n = 175) und hoher (n = 181) Einrichtungsqualität (erfasst durch die revidierte Krippenskala, KRIPS-R) unterschieden wurde. Bei Kontrolle familiärer Hintergrundvariablen fand sich ein Interaktionseffekt zwischen Betreuungsform bzw. -qualität und dem Migrationshintergrund der Kinder dahingehend, dass sich der Einfluss der Einrichtungsqualität für Kinder mit Migrationshintergrund als stärker erwies als für Kinder ohne Migrationshintergrund. Kinder mit Migrationshintergrund profitierten in ihrer sprachlichen Entwicklung (rezeptiver Wortschatz in Deutsch, PPVT) nur beim Besuch einer Krippe mit hoher Einrichtungsqualität, bei niedriger oder mittlerer Einrichtungsqualität zeigten sich keine Unterschiede im Vergleich mit den ausschließlich in der Familie betreuten Kindern. Im Hinblick auf die sozial-emotionale Entwicklung (ITSEA) erzielten Kinder mit Migrationshintergrund, die in Krippen mit niedriger oder mittlerer Qualität betreut wurden, die niedrigsten Werte und schnitten damit schlechter ab als alle anderen untersuchten Gruppen. In Bezug auf das Problemverhalten (CBCL) fanden sich keine signifikanten Effekte. Die Ergebnisse unterstreichen die Bedeutung der Qualität der Kindertagesbetreuung für die sprachliche und sozial-emotionale Entwicklung von Kindern mit Migrationshintergrund.


2013 ◽  
Vol 2 (3) ◽  
pp. 122-132 ◽  
Author(s):  
Marie Verena Pröscholdt ◽  
Annette Michalik ◽  
Wolfgang Schneider ◽  
Dagmar Duzy ◽  
Daniela Glück ◽  
...  

Es werden Befunde einer Langzeitstudie berichtet, in der die kombinierte Wirkung eines für Kinder mit Migrationshintergrund entwickelten sprachlichen Frühförderprogramms und eines phonologischen Bewusstheitstrainings erfasst werden sollte. Insgesamt 439 Kinder nahmen ab Beginn des vorletzten Kindergartenjahrs an der Untersuchung teil. Während in einer Trainingsgruppe (EG1) beide Förderprogramme in einem Zeitraum von etwa zwei Jahren sukzessiv durchgeführt wurden, wurde für die zweite Trainingsgruppe (EG2) eine fusionierte Version beider Programme zusammengestellt und ebenfalls in einem Zeitraum von zwei Jahren erprobt. Als Kontrollgruppe (KG) fungierten 156 Kindergartenkinder, die allesamt das phonologische Bewusstheitstraining absolvierten, jedoch keine spezifische Sprachförderung erhielten. Der Vergleich von Prä- und Posttestwerten ergab für alle Trainingsvarianten insofern positive Effekte, als sich unabhängig vom Migrationsstatus statistisch und praktisch bedeutsame Zugewinne in der phonologischen Bewusstheit fanden. Da sich die KG in allen erfassten Bereichen mindestens ebenso gut entwickelte wie die beiden EGs, ist anzunehmen, dass die zusätzliche Förderung mit dem spezifischen Sprachförderprogramm nur geringe positive Effekt verzeichnete.


2017 ◽  
Author(s):  
C Benzing ◽  
F Krenzien ◽  
S Wabitsch ◽  
P Haber ◽  
D Gohlke ◽  
...  

2012 ◽  
Vol 31 (05) ◽  
pp. 283-285
Author(s):  
B. Eisenwort

ZusammenfassungKinder mit Migrationshintergrund stellen weltweit eine immer größer werdende Bevölkerungsgruppe dar. Viele Studien haben bisher gezeigt, dass die Entwicklung der Erstsprache die Entwicklung weiterer Sprachen beeinflusst. Je besser die Kompetenzen der Kinder in ihrer Erstsprache sind, desto erfolgreicher ist auch der Zweitspracherwerb. Migrantenkinder scheitern überdurchschnittlich häufig aufgrund von ungenügenden Sprachkompetenzen in der Bildungssprache. Sprachkompetenz in der Bildungssprache als Zweitsprache wird jedoch leichter auf einem Fundament muttersprachlicher Basiskompetenzen erworben. Auch für eine gesunde psychische Entwicklung und für den Aufbau sozialer Kompetenz ist die Förderung beider Sprachen wichtig. Vorschulkinder mit Migrationshintergrund zeigen ein deutlich höheres Risiko für die Entwicklung von spezifischen und unspezifischen Lernstörungen im Schul-alter. Weiters gibt es Hinweise auf eine negative Korrelation zwischen Muttersprachkompetenz und dem Auftreten psychiatrischer Syndrome mit externalisierenden Symptomen. Es werden drei aktuelle Initiativen zur Unterstützung von zweisprachigen Kindern und ihren Familien mit Migrationshintergrund beschrieben.


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