Extraintestinale Manifestationen chronisch entzündlicher Darmerkrankungen

2020 ◽  
Vol 49 (12) ◽  
pp. 530-537
Author(s):  
Verena von Felbert ◽  
Thomas Rauen ◽  
Stefanie Tischendorf ◽  
Maximilian Hatting

ZUSAMMENFASSUNGChronisch entzündliche Darmerkrankungen (CED) manifestieren sich auch außerhalb des Gastrointestinaltraktes. Die Differenzialdiagnostik ist herausfordernd, denn die extraintestinalen Manifestationen (EIM) müssen von Medikamentennebenwirkungen und eigenständigen Krankheitsentitäten abgegrenzt werden. Dies trifft insbesondere für den Befall der Leber, des Bewegungsapparates und der Haut zu. Häufig sind Leberwerterhöhungen medikamentös-toxisch bedingt. Die primär sklerosierende Cholangitis stellt eine prognoserelevante Differenzialdiagnose dar, die häufig mit CED assoziiert ist. Ein Befall des Achsenskeletts muss von degenerativem Rückenschmerz, Osteoporose und einer rheumatischen Grunderkrankung abgegrenzt werden. Die Beteiligung der Haut bei CED kann sich im Rahmen klassischer Befunde wie dem Erythema nodosum manifestieren. Häufig ist die Diagnosestellung aber schwierig und es müssen medikamenteninduzierte Hautveränderungen ausgeschlossen bzw. identifiziert werden. Nicht zuletzt ist auch das Risiko für Hauttumoren unter Immunsuppression erhöht. Die komplexe Diagnostik der extraintestinalen Manifestation erfordert deshalb eine enge interdisziplinäre Zusammenarbeit.

2019 ◽  
Vol 48 (07) ◽  
pp. 295-300
Author(s):  
Lauren Doßow ◽  
Ulrike von Arnim

ZUSAMMENFASSUNGChronisch-entzündliche Darmerkrankungen (CED) umfassen die Colitis ulcerosa (CU) und den Morbus Crohn (MC) und stellen primär eine gastroenterologische Domäne dar. Neben gastrointestinalen Beschwerden erfahren allerdings bis zu 50 % der Patienten mit einer CED mindestens ein extraintestinales Symptom, was als extraintestinale Manifestation (EIM) bezeichnet wird.Fast jedes Organsystem kann von einer extraintestinalen Manifestation betroffen sein. Die häufigsten extraintestinalen Manifestationen sind muskuloskelettal, gefolgt von Haut- und Augenbeteiligungen. Extraintestinale Manifestationen treten häufiger bei Morbus Crohn als bei Colitis ulcerosa auf. Die Symptome der extraintestinalen Manifestation können zu einer relevanten Einschränkung der Lebensqualität führen. Teilweise besteht eine Assoziation zur Krankheitsaktivität.Chronisch-entzündliche Darmerkrankungen sind als Systemerkrankung zu betrachten. Daher profitieren die Patienten von einem interdisziplinären Diagnose- und Therapiekonzept. Bei extraintestinaler Beschwerdeanamnese bzw. Untersuchungsbefunden muss die extraintestinale Manifestation einer CED in Betracht gezogen werden und eine fachspezifische Mitbehandlung ist zu initiieren.Ein Konsens über die Definition von extraintestinaler Manifestation und die Zuordnung von Krankheiten und Symptomen als extraintestinale Manifestation besteht noch nicht. Wünschenswert wären weitere Bestrebungen für eine exakte Definition.


Endo-Praxis ◽  
2019 ◽  
Vol 35 (02) ◽  
pp. 83-89
Author(s):  
Cordula Siegmann-Thoss ◽  
Vanessa van Dillen ◽  
Ralf Keller

ZusammenfassungChronisch entzündliche Darmerkrankungen (CED), Morbus Crohn und Colitis ulcerosa, sind nicht nur Erkrankungen des Magen-Darm-Trakts, sondern treten auch durch extraintestinale Manifestationen als Ausdruck einer systemischen Erkrankung in Erscheinung 1. Die diagnostische Latenz und die Erfolge in der Therapie der CED sind Ergebnis aktueller wissenschaftlicher Erkenntnisse. Trotz Etablierung neuer therapeutischer Ansätze besteht bei vielen Betroffenen auch heute noch ein starker Leidensdruck. Die weiter ansteigende Inzidenz der CED ist ein wesentlicher Grund, pathogenetische Aspekte bezüglich Ursachen und Verlauf der CED intensiver zu untersuchen. Ein wesentlicher Faktor in der Krankheitsentstehung scheint eine veränderte bzw. gestörte Mikrobiota zu sein, was zu einer fehlregulierten Immunantwort mit dem Ergebnis einer chronischen Entzündung an bzw. in der Darmwand führt 2. Ursache für diese Dysbiose sind Einflüsse unseres Ernährungsverhaltens 3.Ernährung spielt aber auch eine entscheidende Rolle in der Therapie der CED. Durch Ernährung direkt zu beeinflussende Folgen der CED sind Mikronährstoffmängel bis hin zu manifester Mangelernährung (Malnutrition), Osteoporose und Nahrungsmittelunverträglichkeiten. Das Entzündungsgeschehen ist eng mit dem Grad der Malnutrition verknüpft, beide sind unabhängige Faktoren für Krankheitsverlauf und Prognose der CED 4. Neben der medikamentösen und ggf. chirurgischen Behandlung ist eine Ernährungsintervention somit als eine weitere ergänzende Therapiemöglichkeit anzusehen. Ernährungstherapie kann Mangelerscheinungen durch Zufuhr spezieller Nährstoffe wie beispielsweise Vitamin B12, Zink und Folsäure ausgleichen, Malnutrition durch adäquate Kalorienversorgung verhindern bzw. beheben und somit auch den Krankheitsverlauf und die Ansprechbarkeit auf die Primärtherapien verbessern sowie Komplikationen vermeiden 5. Ein weiterer ernährungstherapeutischer Ansatz bei CED ist die sogenannte Immunonutrition, die mittels antiinflammatorisch wirkender Nahrungsbestandteile aktiv in den Entzündungsprozess eingreift und die zugrunde liegende Dysbiose positiv modulieren kann 6 7 8. Als primäre Therapie ist die Ernährungstherapie umstritten und wird heute nur bei Kindern als enterale Ernährung zur Vermeidung von Nebenwirkungen der Medikamente und bei Erwachsenen in speziellen Situationen (z. B. Arzneimittelunverträglichkeiten) eingesetzt 5 9.


2018 ◽  
Vol 75 (5) ◽  
pp. 261-270
Author(s):  
Jan Hendrik Niess ◽  
Tanay Kaymak ◽  
Petr Hruz

Zusammenfassung. Colitis ulcerosa und Morbus Crohn sind chronisch-entzündliche Darmerkrankungen (CED) mit einer komplexen Pathophysiologie. Eine Kombination von genetischen Faktoren und Umweltfaktoren beeinflussen die normale Interaktion zwischen dem mukosalen Immunsystem und der intestinalen Mikrobiota des Wirts. Bei beiden Erkrankungen spielt eine gestörte Mukosabarriere in genetisch prädisponierten Individuen und eine überschiessende Aktivierung des mukosalen Immunsystems auf im gastrointestinalen Trakt vorhandene Antigene, mikrobielle oder diätetische Produkte eine wichtige Rolle. Die zunehmende Prävalenz dieser Erkrankungen in industrialisierten Ländern lässt vermuten, dass neben genetischen Suszeptibiliätsfaktoren auch andere (Umwelt)Faktoren an der Krankheitsentstehung beteiligt sein müssen. Beim Konzept des Exposoms wird die Exposition gegenüber allen Umweltfaktoren, welchen man übers gesamte Leben ausgesetzt ist, erfasst. Die Kenntnisse sind in diesem Bereich zwar noch sehr limitiert, doch einige Umweltfaktoren konnten mit der Entstehung von CED oder der Auslösung eines Krankheitsschubes assoziiert werden.


2016 ◽  
Vol 16 (01) ◽  
pp. 11-22 ◽  
Author(s):  
P. Gerner ◽  
C. Speckmann ◽  
C. Klemann ◽  
D. Tegtmeyer ◽  
U. Baumann

ZusammenfassungChronisch-entzündliche Darmerkrankungen (CED), mit ihren beiden prominentesten Vertretern M. Crohn und Colitis ulcerosa, zeichnen sich durch eine multifaktorielle Ätiologie mit komplexer Regulation zwischen polygenetischer Grundlage und Umwelteinflüssen aus. In den letzten Jahren wurden zahlreiche, jedoch insgesamt seltene, monogenetische Erkrankungen identifiziert, die sich mit einem CED-Phänotyp manifestieren können. Das frühe Erkennen und Anpassen der Therapien dieser heterogenen, immunologischen Erkrankungen sind von hoher Relevanz für den weiteren Verlauf der Erkrankung. In diesem Review diskutieren wir charakteristische Befunde und Umstände, die an das Vorliegen einer monogenetischen Ursache für die intestinale Inflammation denken lassen: Hinweisend können ein früher Krankheitsbeginn, ein Versagen klassischer Therapien, elterliche Konsanguinität, eine auffallende Infektanfälligkeit oder CED-untypische Begleiterkrankungen, Pathologien oder Blutwerte sein. Wir beschreiben ausgewählte Erkrankungen anhand von Fallbeispielen und zeigen auf, wie diese Erkrankungen durch die Kombination von anamnestischen Angaben und klinischen, zellulären sowie genetischen Untersuchungen diagnostiziert werden können. Hierfür schlagen wir eine gestufte, diagnostische Strategie vor, um diesen außergewöhnlichen Erkrankungen als Differenzialdiagnose einer CED nachzugehen.


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