ZusammenfassungTrotz der Fortschritte in Psychopharmakologie und etablierter psychotherapeutischer Interventionen respondieren mehr als 40 % der Patienten mit Zwangsstörung nicht auf konventionelle Behandlungsversuche. Seit einigen Jahren gewinnen nicht-invasive Hirnstimulationsverfahren Bedeutung in der Behandlung psychiatrischer Erkrankungen. Die transkranielle Gleichstromstimulation (transcranial direct current stimulation – tDCS), ein nicht-invasives Hirnstimulationsverfahren mit Applikation eines niedrigen konstanten Gleichstroms zur Modulation neuronaler Netzwerkstrukturen, wird seit einiger Zeit als neues therapeutisches Verfahren beforscht, um Symptome behandlungsresistenter Zwangsstörungen zu verbessern. Ziel dieser Übersichtarbeit ist ein umfassender Überblick über den aktuellen Stand der Literatur zu diesem Thema sowie ein Ausblick auf zukünftige Anwendung der tDCS bei Zwangsstörungen. Die Suche in der NIH-Datenbank pubmed und eine erweitere manuelle Suche ergab eine bislang geringe Zahl von neun Fallberichten, drei offenen Studien und einer randomisierten Studie mit zwei aktiven Bedingungen. Plazebokontrollierte Studien liegen nicht vor. Eine Gesamtzahl von 78 Patienten erhielt aktive tDCS mit einer Vielzahl unterschiedlicher Elektrodenplatzierungen, wobei das Hauptziel der dorsolaterale präfrontale Kortex, der orbitofrontale Kortex oder (prä-)supplementär-motorische Areale waren. Trotz der Heterogenität der Stimulationsbedingungen zeigen die berichteten Fälle nicht nur eine Verbesserung von Zwangssymptomen, sondern auch von komorbiden Depressionen und Angststörungen bei Patienten mit therapieresistenter Zwangsstörung. Einschränkend ist festzuhalten, dass keine plazebokontrollierten Studien vorliegen und die bisherigen Resultate einer Bestätigung bedürfen.