Ökonomische Anreize belegärztlicher im Vergleich zu alternativen Versorgungsformen aus den Perspektiven von Krankenhaus und Vertragsarzt/Belegarzt sowie aus gesundheitssystemischer Sicht

2017 ◽  
Vol 22 (05) ◽  
pp. 244-254 ◽  
Author(s):  
Ursula Hahn ◽  
Peter Mussinghoff

Zusammenfassung Zielsetzung Die ökonomischen Anreize werden als wichtige Einflussgröße für die rückläufige Entwicklung des Belegarztwesens diskutiert. Um diese These zu überprüfen, werden die Erlöse für belegärztliche Versorgung und alternative Versorgungsformen aus Sicht der Akteure Krankenhaus und Vertragsarzt/Belegarzt und aus gesundheitssystemischer Perspektive vergleichend nebeneinander gestellt und die potenziellen Effekte diskutiert. Methodik Ein neu vorgestelltes Matchingverfahren nutzt den Operations- und Prozedurenschlüssel (OPS) als Intermediär, um Vergleichbarkeit zwischen den Vergütungssystemen Diagnosis-Related Groups (DRG) und Einheitlicher Bewertungsmaßstab (EBM) herzustellen. Die 10 häufigsten matchbaren belegärztlichen DRG werden identifiziert und die Erlöse der Akteure für die alternativen Versorgungsformen bei gleichem OPS gegenübergestellt. Die Krankenhausleistungen werden bei stationärer Versorgung in der Hauptabteilung nach Hauptabteilungs-DRG und in der Belegabteilung nach Belegabteilungs-DRG, ambulante Operationen werden nach Kapitel 31 EBM vergütet. Das Honorar des Vertragsarztes/Belegarztes bemisst sich bei stationärer belegärztlicher Versorgung nach Kapitel 36 EBM und bei ambulanter Versorgung nach Kapitel 31 EBM. Die Gesamtkosten bei belegärztlicher Versorgung entsprechen der Summe aus Belegabteilungs-DRG und dem Honorar nach Kapitel 36 EBM. Ergebnis Die Erlös-Mediane für die verschiedenen Versorgungsformen und Akteure zeigten folgende Trends: Für das Krankenhaus war die Hauptabteilungs-DRG deutlich attraktiver (im Median € 2320) als Belegabteilungs-DRGs (im Median € 1567). Die Mindereinnahme des Krankenhauses bei ambulanter Versorgung im Vergleich zu der in der Hauptabteilung betrug im Median 81 %. Für den Vertragsarzt/Belegarzt ging eine ambulante Durchführung (im Median € 447) mit einem deutlich höheren Honorar (inkl. Sachkosten) einher als eine belegärztliche (im Median € 270). Unter einem systemischen Kostenblickwinkel ist die ambulante Versorgung am attraktivsten; im Vergleich der alternativen stationären Formen schneidet die belegärztliche Versorgung deutlich günstiger ab als die in einer Hauptabteilung, sie ist rund 23 % günstiger. Schlussfolgerung Unter Erlösgesichtspunkten sind für beide Akteure Krankenhaus und Vertragsarzt/Belegarzt jeweils andere als die belegärztliche Versorgung attraktiver, die These rückläufiger belegärztlicher Versorgungsrelevanz aufgrund ökonomischer Anreize erweist sich als plausibel. Unter gesundheitsökonomischer Kostenperspektive ist hingegen der belegärztlichen Versorgung im Vergleich zu der in der Hauptabteilung der Vorzug zu geben. Anreize für eine Verlagerung von stationär nach ambulant gehen im Wesentlichen von den für Vertragsärzte/Belegärzte maßgeblichen Vergütungseckdaten aus.

2015 ◽  
Vol 78 (03) ◽  
pp. 168-174 ◽  
Author(s):  
D. Fischbach

ZusammenfassungAls ambulant-sensitive Krankenhausfälle (ASK) werden diejenigen Krankenhausfälle definiert, die durch eine besser zugängliche oder bessere Ergebnisse erzielende ambulante Versorgung hätten vermieden werden können. Als solche werden sie von einigen Gesundheitssystemen als Qualitätsindikator für die ambulante Versorgung verwendet. Welche Krankheiten als ambulant-sensitiv definiert werden, variiert von Land zu Land. Krankheitskataloge von ASK wurden bereits in Ländern wie den USA, England, Neuseeland und Kanada zusammengestellt und evaluiert. Für Deutschland existiert jedoch noch kein Katalog. Ziel der Studie ist es daher, anhand des Krankheitskatalogs aus dem englischen Gesundheitssektor die Kosten für ASK in Deutschland abzuschätzen, um so zur weiteren Erforschung dieses Instruments beizutragen. Für die Berechnung dieser Kosten wurde für den Zeitraum von 2003 bis 2010 ein Modell auf Basis der Datenveröffentlichungen gemäß § 21 Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG) der German-Diagnosis Related Groups (G-DRG)-Browser des Instituts für das Entgeltsystem im Krankenhaus (InEK) aufgesetzt. Hierzu wurden alle relevanten DRG-ICD Kombinationen extrahiert, die Anzahl der Fälle pro Kombination mit ihrer jeweiligen Bewertungsrelation und dem durchschnittlichen Zahl-Basisfallwert multipliziert und zuletzt die Produkte in ihre jeweiligen ICD-Gruppen und in die definierten Krankheiten aggregiert, um die Kosten pro Krankheit und die Gesamtkosten zu berechnen. Fallzahlen und errechnete Kosten wurden mit einer weiteren Quelle verglichen. Hieraus ergaben sich für das Jahr 2010 11,7 Millionen Fälle, von denen 10,7% als ASK definiert wurden. Im betrachteten Zeitraum wuchs die Anzahl der ASK um durchschnittlich 0,9% jährlich und 6% insgesamt. Die Gesamtkosten betrugen 37,6 Milliarden Euro (EUR), wobei der Anteil an ASK 3,4 Milliarden EUR ausmachte. 3 der 19 ambulant-sensitiven Krankheiten verantworteten circa 60% der Kosten. Diese ASK-Kosten bilden eine solide Grundlage, um die Erforschung dieses Qualitätsindikators für den deutschen ambulanten Sektor weiter anzutreiben.


2007 ◽  
Vol 18 (1) ◽  
pp. 55-60 ◽  
Author(s):  
Karin Schoof-Tams
Keyword(s):  

Zusammenfassung: Klinisch neuropsychologische Behandlung ist heilkundliche Tätigkeit und bedarf deshalb der staatlichen Erlaubnis. Bei der berufsrechtlichen Etablierung der Klinischen Neuropsychologie als Psychotherapie war der Nachweis der wissenschaftlichen Anerkennung durch den Wissenschaftlichen Beirat Psychotherapie Voraussetzung für die Einbeziehung der Neuropsychologie durch Etablierung von Weiterbildungsordnungen und eine Musterweiterbildungsordnung bei den Kammern der Psychologischen Psychotherapeuten und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten. Für die sozialrechtlichen Regelungen gilt eine neue Verfahrensordnung des Gemeinsamen Bundesausschusses, die den Regeln der evidenzbasierten Medizin folgt. Neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden müssen danach u. a. bzgl. ihres Nutzens beurteilt werden, wenn sie in die ambulante Versorgung zu Lasten der gesetzlichen Krankenkassen übernommen werden sollen. Hier ist die Prüfung der ambulanten Neuropsychologie bereits weit fortgeschritten. Die Anerkennung und Übernahme in die ambulante Versorgung als Psychotherapieverfahren kann aber auch bei Nachweis von Evidenz derzeit aus Gründen der bisherigen Interpretation des Verfahrensbegriffs nicht erfolgen. Hier werden derzeit Lösungswege gesucht, um den betroffenen Patienten die dringend benötigte ambulante neuropsychologische Versorgung zu ermöglichen und die Klinische Neuropsychologie der berufsrechtlichen Situation entsprechend in Psychotherapierichtlinien zu regeln.


2020 ◽  
Vol 18 (08) ◽  
pp. 310-310
Keyword(s):  

In Deutschland ist die ambulante Versorgung von Diabetespatientinnen und -patienten aufgrund vielfältiger Behandlungsmöglichkeiten sehr gut. Dennoch ist der Blutzucker bei mindestens jedem Dritten nicht optimal eingestellt, wie aktuelle Studien zeigen. Infolgedessen ist die Zahl der diabetischen Folgeerkrankungen weiterhin zu hoch, konstatiert die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG).


2019 ◽  
Vol 01 (04) ◽  
pp. 22-23
Author(s):  
Sabine Rößing

In der Schweiz steigen die Kosten für den medizinischen Sachmittelbedarf, während sich Erlöse und Rahmenbedingungen ändern – etwa mit den Swiss Diagnosis Related Groups (SwissDRG). Um Wirtschaftlichkeit bei höchster medizinischer Qualität zu erzielen, ist in den Spitälern ein Paradigmenwechsel nötig.


2020 ◽  
Vol 45 (06) ◽  
pp. 513-517
Author(s):  
Heinrich Geidel
Keyword(s):  

Die sog. Dispensaires dienten in der ehemaligen DDR als Betreuungsstellen für Patienten mit rheumatischen Erkrankungen. Hier erfolgte die ambulante Versorgung sowie die Behandlung. Auch für die weitere Unterstützung der Patienten waren die Dispensaires zuständig. Die Schließung der Rheuma-Dispensaires war sowohl für die Betroffenen als auch die Ärzte in hohem Maße bedauerlich.


2021 ◽  
Vol 19 (02) ◽  
pp. 50-52
Author(s):  
Gottlobe Fabisch
Keyword(s):  

Im internationalen Vergleich wird dem deutschen Gesundheitswesen ein gutes Versorgungsniveau und hohe Behandlungsqualität bescheinigt. Angesichts des demografischen Wandels, Fachkräftemangels und medizinisch-technologischen Fortschritts steht das Gesundheitswesen jedoch vor einem „Weiterentwicklungsbedarf“ 1, damit eine flächendeckende ambulante Versorgung auf hohem Niveau auch in Zukunft sichergestellt werden kann.


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