Körperbezogenes Vermeidungsverhalten: Validierung des deutschsprachigen Body Image Avoidance Questionnaire (BIAQ) an Jugendlichen mit Anorexia und Bulimia Nervosa sowie einer gesunden Kontrollgruppe
ZusammenfassungKörperbezogenes Vermeidungsverhalten wird als behaviorale Manifestation einer Körperbildstörung konzeptualisiert und beschreibt Anstrengungen, der Auseinandersetzung mit dem eigenen Körper aus dem Wege zu gehen. Während Studien Hinweise darauf liefern, dass körperbezogenes Vermeidungsverhalten im Erwachsenenalter zur Entstehung und Aufrechterhaltung von Essstörungen beiträgt, existieren bisher keine entsprechenden Befunde für das Jugendalter. Der Body Image Avoidance Questionnaire (BIAQ) ist der international am weitesten verbreitete Fragebogen zur Messung des körperbezogenen Vermeidungsverhaltens. Da seine deutschsprachige Version bisher nur an einer Stichprobe aus Erwachsenen validiert wurde, ist das Ziel der vorliegenden Studie, den Fragebogen an Jugendlichen mit Essstörungen teststatistisch zu überprüfen. Insgesamt N=127 weibliche Jugendliche, davon n=57 mit einer Anorexia Nervosa und n=24 mit einer Bulimia Nervosa (BN) sowie n=46 gesunde weibliche Jugendliche beantworteten den BIAQ und verschiedene Instrumente zur Erfassung der Körperbild- und Essstörungssymptomatik. Die für die englischsprachige Originalversion angenommene Faktorenstruktur von dem Faktor höherer Ordnung „Körperbezogenes Vermeidungsverhalten“ und den 4 Subfaktoren „Kleidung“, „Soziale Aktivitäten“, „Gezügeltes Essverhalten“ sowie „Pflegen und Wiegen“ konnte durch eine konfirmatorische Faktorenanalyse bestätigt werden. Mit Ausnahme der Skala „Pflegen und Wiegen“ weisen alle Skalen eine überwiegend akzeptable interne Konsistenz, Test-Retest-Reliabilität, differenzielle Validität sowie Konstruktvalidität auf. Aufgrund ihrer befriedigenden psychometrischen Kennwerte ist der Einsatz der BIAQ-Skalen „Kleidung“, „Soziale Aktivitäten“ und „Gezügeltes Essverhalten“ auch für das Jugendalter in Forschung und Praxis zu empfehlen.