scholarly journals Nicht-suizidales selbstverletzendes Verhalten und suizidales Verhalten im Jugendalter

Author(s):  
Corinna Reichl ◽  
Michael Kaess
2014 ◽  
Vol 62 (1) ◽  
pp. 65-71 ◽  
Author(s):  
Rebecca C. Groschwitz* ◽  
Martina Bonenberger* ◽  
Paul L. Plener ◽  
Isabel Böge ◽  
Franz Petermann

Nicht-suizidales selbstverletzendes Verhalten (NSSV) tritt im Jugendalter mit Prävalenzraten von weltweit ca. 19 % relativ häufig auf. NSSV kann dabei ohne weitere psychopathologische Auffälligkeiten, aber auch sehr häufig komorbid zu verschiedenen psychischen Störungen auftreten. NSSV stellt einen zudem einen Risikofaktor für suizidales Verhalten dar, was eine spezifische Diagnostik unerlässlich macht. Die vorliegende Arbeit soll einen Überblick über Instrumente im deutschen Sprachraum und eine praktische Handreichung geben. Standardisierte Instrumente zur Erfassung selbstverletzenden Verhaltens wurden primär für die wissenschaftliche Forschung konstruiert. Sie eignen sich jedoch auch im klinischen Alltag zur differenzierten Diagnostik, Verlaufskontrolle und Therapieevaluation. Dazu liegen im deutschen Sprachraum verschiedene evaluierte Fragebögen und ein Interview vor.


2017 ◽  
Vol 36 (04) ◽  
pp. 227-232 ◽  
Author(s):  
R. C. Groschwitz ◽  
N. D. Kapusta ◽  
P. L. Plener

ZusammenfassungSuizidales Verhalten hat einen ersten Häufigkeitsgipfel in der Adoleszenz. Trotz der im Vergleich zum Erwachsenenalter geringeren Suizidprävalenz, werden Suizidgedanken von etwa einem Drittel und Suizidversuche von 6–9% der Jugendlichen in Deutschland beschrieben. Risikofaktoren mit besonderer Relevanz für das Jugendalter umfassen Mobbing, psychische Erkrankungen, familiäre Konflikte, Konflikte in romantischen Liebesbeziehungen und nicht suizidales Selbstverletzendes Verhalten. In der Psychotherapie ist in dieser Altersgruppe vor allem der Einbezug des familiären Umfelds essenziell, während keine Evidenz für eine spezifische psychopharmakologische Behandlung suizidalen Verhaltens existiert. Die Wirksamkeit suizidpräventiver Maßnahmen im Jugendalter konnte auf verschiedenen Ebenen demonstriert werden.


Author(s):  
Michael Kaess ◽  
Peter Parzer ◽  
Margarete Mattern ◽  
Franz Resch ◽  
Antonia Bifulco ◽  
...  

Fragestellung: Validierung der deutschen Übersetzung eines Fragebogens und des korrespondierenden Interviews zur Erhebung belastender Kindheitserlebnisse im familiären Rahmen sowie Untersuchung eines Zusammenhangs dieser Erfahrungen mit suizidalen Verhaltensweisen. Methodik: Der Fragebogen wurde anhand einer konsekutiv rekrutierten klinischen Stichprobe von 125 stationären, psychiatrischen Patienten (13–25 Jahre) am Universitätsklinikum Heidelberg getestet. Zusätzlich wurden Testwiederholungen und das korrespondierende Interview durchgeführt. Suizidale Verhaltensweisen wurden mit der Paykel Suizid Skala erhoben. Ergebnisse: Der Fragebogen zeigte eine sehr gute interne Konsistenz und Retest-Reliabilität. Die Interrater-Reliabilität des Interviews war gut. Auch zeigte sich eine signifikante Korrelation der Ergebnisse von Fragebogen und Interview. Suizidale Verhaltensweisen waren signifikant mit allen negativen Kindheitserlebnissen assoziiert, jedoch waren mütterliche Vernachlässigung und Antipathie die besten Prädiktoren für suizidales Verhalten. Schlussfolgerungen: Fragebogen und Interview stellen reliable und valide Instrumente zur Erhebung von belastenden Kindheitserlebnissen dar. Sie erheben ein breites Spektrum an negativen Kindheitserlebnissen inklusive negativer Bindungserfahrungen. Der Zusammenhang dieser negativen Kindheitserlebnisse mit suizidalen Verhaltensweisen zeigt deutlich die Notwendigkeit der Erhebung solcher Erlebnisse in Forschung und Therapie.


2015 ◽  
Author(s):  
Tina In-Albon ◽  
Paul L. Plener ◽  
Romuald Brunner ◽  
Michael Kaess

2012 ◽  
Vol 21 (1) ◽  
pp. 23-39 ◽  
Author(s):  
Rachel Rauber ◽  
Stephanie Hefti ◽  
Tina In-Albon ◽  
Marc Schmid

In den letzten Jahren wurden zahlreiche Prävalenzstudien zum selbstverletzenden Verhalten bei Heranwachsenden in unterschiedlichen Ländern veröffentlicht. Aus der Schweiz liegen jedoch keine belastbaren Zahlen vor. Kritisch ist bei der Vielzahl der Studien anzumerken, dass sich diese oft auf ein „einfaches“ Feststellen der Prävalenz beschränken und kaum Hinweise für eine effektive Frühintervention geben. Im Rahmen einer epidemiologischen Fragebogenuntersuchung im Kanton Basel-Stadt wurden 447 Schüler (M = 14.95 Jahre, SD = 0.74, 52 % männlich) untersucht. Neben der Erfassung der Form und Art der Selbstverletzung wurde auch die psychische Belastung der Schüler erfasst. Es sollte überprüft werden, wie viele Selbstverletzer sich im Screening für psychische Störungen (SPS-J) als psychisch belastet beschreiben. 61 (13.6 %) Jugendliche gaben an, sich bereits mindestens einmal selbstverletzt zu haben. 29 (6.4 %) haben sich im letzten Monat selbst verletzt, 4 davon häufiger als viermal. Die Ergebnisse bestätigten die hohen Prävalenzraten für selbstverletzendes Verhalten. Interessant ist, dass Selbstverletzer im Schnitt zwar wesentlich höhere Werte im SPS-J erzielten, sich aber bei weitem nicht alle als psychisch auffällig beschrieben (18 von 61 selbstverletzenden Jugendlichen erzielten unauffällige Werte). Für eine effektivere Identifikation sollten daher Fragen zum selbstverletzenden Verhalten in psychopathologische Screeningfragebögen integriert werden, um diese Symptomatik adäquat abbilden zu können. Die Ergebnisse und die hohen Prävalenzen legen nahe, dass verschiedene Subgruppen von Selbstverletzern existieren, die passgenaue Hilfen für ihre Symptomatik benötigen.


2012 ◽  
Vol 21 (1) ◽  
pp. 5-15 ◽  
Author(s):  
Romuald Brunner ◽  
Christian Schmahl

Nicht-suizidales selbstverletzendes Verhalten (NSSV) stellt ein häufiges Phänomen sowohl im Jugendalter als auch im jungen Erwachsenenalter dar. NSSV zeigt auch in nicht-klinischen Populationen eine enge Beziehung zu psychopathologischen Auffälligkeiten. Im klinischen Kontext steht ein repetitives NSSV häufig im Zusammenhang mit einer Borderline-Persönlichkeitsstörung (BPS) im Jugend- wie auch im Erwachsenenalter. Um die therapeutische Handlungsfähigkeit zu erweitern, ist ein verbessertes Verständnis der Entstehung und Aufrechterhaltung von NSSV dringend erforderlich. In dieser Übersichtsarbeit werden neben der Phänomenologie und den intra- und interpersonellen Funktionen der NSSV und den psychosozialen Risikofaktoren auch Ergebnisse der neurobiologischen Grundlagenforschung zur Pathogenese dieses Phänomens referiert. Im Sinne eines Diathese-Stress-Modells werden die wichtigsten Vulnerabilitätsfaktoren zusammengestellt und zukünftige Forschungsstrategien entworfen.


2017 ◽  
Vol 46 (1) ◽  
pp. 2-10 ◽  
Author(s):  
Tina In-Albon ◽  
Katja Becker ◽  
Romuald Brunner ◽  
Rebecca C. Brown ◽  
Michael Kaess ◽  
...  

Zusammenfassung. Theoretischer Hintergrund: Nichtsuizidales Selbstverletzendes Verhalten (NSSV) ist insbesondere im Jugendalter häufig und klinisch bedeutsam. Die Entwicklung einer konsensbasierten Leitlinie verfolgt das Ziel, die Diagnostik und die Behandlung von NSSV zu optimieren und Impulse für die Forschung zu geben. Als Leitlinie der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Gesellschaften (AWMF) wurde diese erste Leitlinie zu NSSV verabschiedet und publiziert. Fragestellung und Methode: Die wichtigsten Empfehlungen zur Diagnostik und Behandlung von NSSV werden zusammengefasst und Forschungslücken aufgezeigt. Ergebnisse: In der Diagnostik von NSSV ist insbesondere die Einschätzung der Suizidalität zu berücksichtigen. Als erster Schritt ist die somatische Abklärung der Verletzungen und ggf. eine medizinische Erstversorgung zu nennen. Für die Evaluation des NSSV sind Häufigkeit, Methoden, Schmerzempfinden, Motive, Impulsivität als auch weitere familiäre und außerfamiliäre Einflussfaktoren zu erheben. Den Schwerpunkt der Behandlung bildet die Psychotherapie, insbesondere die kognitive Verhaltenstherapie, die Dialektisch-Behaviorale Therapie für Adoleszente und die Mentalisierungsbasierte Therapie für Adoleszente. Eine evidenzbasierte Indikation zur spezifischen Pharmakotherapie von NSSV existiert nicht. Schlussfolgerung: Die Leitlinie umfasst evidenz- und konsensusbasierte Empfehlungen zur Diagnostik und Therapie von NSSV. Die Implementierung soll zu einer Verbesserung der Versorgung von Patienten mit NSSV dienen.


2017 ◽  
Vol 36 (04) ◽  
pp. 239-243
Author(s):  
R. Haussmann ◽  
M. Bauer ◽  
J. Conell ◽  
U. Lewitzka

ZusammenfassungSuizidales Verhalten stellt ein häufiges Phänomen bei psychiatrischen Erkrankungen dar. Insbesondere Patienten mit affektiven Störungen haben ein erhöhtes Suizidrisiko. Die leitliniengerechte Versorgung affektiver Störungen ist für Ärzte, Pfleger, Psychologen und andere Berufsgruppen im Gesundheitswesen hochanspruchsvoll und bedarf pharmakotherapeutischer, psychotherapeutischer und pflegerischer Expertise sowie eines hohen Maßes an Empathie. Generell verfügen wir über pharmakologische Behandlungsmöglichkeiten, die effektiv in der Behandlung von psychiatrischen Erkrankungen eingesetzt werden können, mindestens genauso bedeutsam sind auch psychotherapeutische und soziotherapeutische Behandlungsansätze. In den letzten Jahren konnte eine andauernde Debatte über den potenziellen Einfluss antidepressiver Medikation auf Suizidalität verfolgt werden. Hierbei zeigte sich eine mangelnde Evidenz für die suizidprotektive Wirkung von Antidepressiva. Mögliche Gründe dafür liegen in methodischen Schwierigkeiten, dies zu untersuchen. Seit den frühen 1970er-Jahren haben eine große Anzahl von Studien einen suizidprotektiven Effekt von Lithium nachgewiesen. Für die Behandlung von schizophrenen Erkrankungen konnte ein solcher Effekt für Clozapin aufgezeigt werden. Der folgende Artikel gibt einen Überblick über den aktuellen Wissenstand bezüglich psychopharmakologischer Behandlungsmöglichkeiten von suizidalen Patienten.


2007 ◽  
Vol 26 (06) ◽  
pp. 487-491
Author(s):  
W. Machleidt ◽  
M. Ziegenbein ◽  
H. Haltenhof ◽  
I. T. Calliess
Keyword(s):  

ZusammenfassungDie Beurteilung des Funktionsniveaus der Persönlichkeit und der Steuerungsfähigkeit bei Migranten ist für kulturfremde Kliniker eine Herausforderung. Suizidales Verhalten ist im Hinblick auf Form, Bedeutung und Häufigkeit sehr stark von der jeweiligen Kultur beeinflusst, in deren Kontext es steht. Zwischen dem Grad des Kulturwandels beziehungsweise der Migration und der Suizidrate besteht ein (nicht unumstrittener) Zusammenhang. Suizidversuche bei Migranten können einen riskanten Konfliktlösungsversuch in Bezug auf eine transkulturelle Problematik darstellen. Der Migrationsprozess selbst unterliegt einem typischen, phasenhaften Verlauf. In der Phase der kritischen Anpassung können transkulturelle Konflikte besonders ausgeprägt sein. Da in diesem Stadium des Migrationsprozesses die emotionale Vulnerabilität erhöht und die Anfälligkeit für Stressreaktionen ausgeprägt ist, besteht ein erhöhtes Suizidalitätsrisiko. Effektive therapeutische Kriseninterventionen bei Migranten setzen die Kenntnis des Phasenmodells der Migration einschließlich seiner Psychodynamik sowie der kulturellen Haltung zum Suizid voraus. Das Bedürfnis nach interindividueller Bezogenheit bei Migranten muss ebenso berücksichtigt werden wie die Nutzung kulturspezifischer Ressourcen.


2010 ◽  
Vol 10 (02) ◽  
pp. 89-94 ◽  
Author(s):  
R. Brunner ◽  
F. Resch ◽  
M. Kaess

ZusammenfassungSelbstverletzendes Verhalten ist ein häufig auftretendes Problem bei Jugendlichen, das in den letzten Jahren deutlich zugenommen hat. Diese Übersichtsarbeit, basierend auf einer internationalen Literaturrecherche, soll einen kurzen Überblick über Formen und Häufigkeiten der Selbstverletzung geben sowie Motive, Ursachen und Risikofaktoren für selbstverletzendes Verhalten aufzeigen. Letztlich soll ein besseres Verständnis für dieses Symptom und somit eine raschere Überweisung selbstverletzender Jugendlicher in eine fachgerechte Diagnostik und Therapie erreicht werden, um Fehlentwicklungen oder persistierende Störungen abzuwenden.


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