ZusammenfassungNeben Blutungskomplikationen ist die Heparin-assoziierte Thrombozytopenie (HAT) die wichtigste unerwünschte Wirkung der Heparintherapie. Zwei Formen der HAT werden unterschieden, ein häufiger, nichtimmunologischer Typ I, der einen geringgradigen Abfall der Thrombozyten verursacht und ohne klinische Komplikationen einhergeht, und ein immunologischer Typ II, der mit thromboembolischen Komplikationen verbunden sein kann. Die HAT Typ II tritt zwischen dem 4. und 20. Tag nach Beginn der Heparintherapie auf, mit einem Maximum um den 10. Tag. Im Fall einer Reexposition können sich die klinischen Symptome auch in den ersten Tagen manifestieren. Bei einem Abfall der Thrombozytenwerte um mehr als 50% des Ausgangswertes nach mehreren Tagen Heparintherapie und/oder neuen thromboembolischen Komplikationen während oder kurz nach Beendigung der Heparingabe sollte eine HAT Typ II als wichtige Differentialdiagnose ausgeschlossen werden. Blutungskomplikationen sind sehr selten, die Patienten sind vor allem durch neue Gefäßverschlüsse gefährdet. Der immunologische Typ der HAT ist definiert durch den Nachweis von Heparinabhängigen Antikörpern. Das Hauptantigen der HAT Typ II ist ein multimolekularer Komplex aus Plättchenfaktor 4 und Heparin. Die HAT-Antikörper binden an Thrombozyten und aktivieren diese über ihren Fc-Teil. HAT-Antikörper binden auch an Endothelzellen und aktivieren diese. Die gleichzeitige Aktivierung von Thrombozyten und Endothelzellen ist eine wahrscheinliche Erklärung für den ungewöhnlichen klinischen Verlauf der HAT Typ II. Es stehen mehrere sensitive Testverfahren zur Sicherung der klinischen Verdachtsdiagnose im Labor zur Verfügung. Für die weitere parenterale Antikoagulation betroffener Patienten sind das niedrig sulfatierte Heparinoid Orgaran® oder Hirudin die wichtigsten Medikamente. Beide Substanzen sind jedoch in Deutschland nicht zugelassen.