ZusammenfassungZur Pharmakotherapie von vestibulären Erkrankungen kommen im Wesentlichen folgende Wirkstoffgruppen zum Einsatz: Antivertiginosa,
Antikonvulsiva, Antidepressiva, Antiphlogistika, Anti-Menière-wirksame Substanzen, Migräneprophylaktika, Aminopyridine (Kaliumkanalblocker)
und Acetyl-DL-Leucin (eine modifizierte essenzielle Aminosäure). Die Behandlung des Symptoms Schwindel und der begleitenden vegetativen
Beschwerden wie Übelkeit, Brechreiz oder Erbrechen sollte zeitlich stets begrenzt werden. Bei einem akuten einseitigen Vestibularisausfall
verbessern Kortikosteroide die Erholung der peripher vestibulären Funktion, ohne ausreichende Evidenz für eine allgemeine Empfehlung.Für die Wirksamkeit von Betahistin (16 mg dreimal täglich oder 48 mg dreimal täglich) bei Morbus Menière gibt es bislang keine ausreichende
Evidenz, ggf. sollten hierbei höhere Dosierungen angestrebt werden – insbesondere, da in tierexperimentellen Studien eine Verbesserung der
Durchblutung des Innenohrs nachgewiesen wurde. Bei der Vestibularisparoxysmie sind Carbamazepin/Oxcarbazepin wahrscheinlich wirksam, es
fehlen aber noch randomisierte kontrollierte Studien (RCTs) dazu. Bei der vestibulären Migräne gibt es bislang keine RCTs zur Wirksamkeit
von Betablockern oder Topiramat, so dass hier aufgrund von klinischen Erfahrungen die Therapie in Analogie zur Migräne ohne Aura empfohlen
wird.Aminopyridine werden für die Behandlung von Patienten mit Downbeat-Nystagmus (2 RCTs) und der episodischen Ataxie Typ 2 (EA2, 1 RCT)
empfohlen. Die Wirksamkeit von Aminopyridinen wurde in tierexperimentellen und funktionellen Bildgebungsstudien evaluiert. Acetyl-DL-Leucin,
eine modifizierte essenzielle Aminosäure, verbessert die klinischen Symptome der zerebellären Ataxie (bisher 3 Beobachtungsstudien). Nach
tierexperimentellen Studien beschleunigt es auch die zentrale Kompensation vestibulärer Störungen; randomisierte klinische Studien dazu
waren negativ. Derzeit werden die folgenden klinischen RCTs zu verschiedenen Erkrankungen durchgeführt: Vestibularisparoxysmie
(Carbamazepin, VesPa), akute einseitige Vestibulopathie/Neuritis vestibularis (Betahistin, BETAVEST), vestibuläre Migräne (Metoprolol,
PROVEMIG), BPPV (Vitamin D, VitD@BPPV), EA2 (Aminopyridin vs. Acetazolamid, EAT-2-TREAT) und zerebelläre Ataxien (Acetyl-DL-Leucin,
ALCAT).