Zusammenfassung
Ziel Das vorliegende gesundheitsökonomische Modell wurde entwickelt, um in Deutschland standardmäßig Therapien im Bereich chronische
Wunden systematisch und vergleichend zu analysieren. In der zugrunde liegenden Analyse wurden die gesundheitsökonomischen Parameter von
Patienten mit einem Ulcus cruris venosum/mixtum, die zusätzlich zur Standardversorgung (SV) mit einer azellulären synthetischen Matrix (ASM)
behandelt wurden, berechnet und mit denen von Patienten verglichen, die nur eine Standardversorgung erhalten haben.
Methodik Zunächst wurde in den (Standard-)Literaturdatenbanken systematisch nach einem gesundheitsökonomischen Modell gesucht. Die
Ergebnisse dieser Literatursuche werden in einer anderen Publikation zur Methodik und Modellbeschreibung ausführlich diskutiert. Angesichts
des Fehlens eines publizierten, akzeptierten und für Deutschland adäquaten Modells wurde in Form eines Discrete-Event-Simulations-Modells
(DES-Modell) ein neues gesundheitsökonomisches Modell für den Bereich chronische Wunden entwickelt. Auf Basis des DES-Modells wurde eine
Kosteneffektivitätsanalyse aus Sicht der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) durchgeführt. Für die Kostendaten wurden GKV-Routinedaten
genutzt. Patienten aus dem Deutschen Register chronischer Wunden (DRCW), die nur mit der SV behandelt wurden und ähnliche
Patientencharakteristika aufwiesen, wurden mit Patienten aus einer einarmigen multizentrischen Phase-II-Studie einer azellulären
synthetischen Matrix (ASM) verglichen. Die Wirksamkeit der Behandlung (1-Jahres-Vorhersage) wurde mittels Kaplan-Meier-Kurven für die
12-Wochen-Heilungszeit der SV + ASM im Vergleich zur alleinigen Behandlung mit der SV berechnet. Die Modellergebnisse wurden mittels einer
probabilistischen Sensitivitätsanalyse für ulzerationsfreie Tage validiert und die Ergebnisse jeweils in einem Scatterplot der geschätzten
gemeinsamen Dichte der inkrementellen Kosten und der inkrementellen Effekte der SV versus der SV + ASM sowie in einer
Kosteneffektivitäts-Akzeptanz-Kurve dargestellt.
Ergebnisse Die Kosteneffektivitätsanalyse zeigte, dass eine auf SV + ASM basierende Therapie gemäß dem Modell effektiver (0,008
inkrementeller Effekt ambulant; −0,045 inkrementeller Effekt stationär) und kostensparender (−321,14 €) ist und somit aus
gesundheitsökonomischer Sicht als dominant gegenüber der SV angesehen werden kann. Zusätzlich zeigten sich die Therapien in der
Versorgungssäule Facharzt gegenüber denen in der Versorgungssäule Hausarzt als zumindest gleich effektiv und kosteneinsparend und somit
dominant. Bei Berücksichtigung der ambulanten Pflege in Verbindung mit dem jeweiligen Arzt war die hausärztliche Versorgung zwar gleich
effektiv, aber kostensparender (129,40 € vs. 187,20 € = −57,80 €) als die fachärztliche Versorgung und somit dominant. Die Dominanz nach
Hausarzt und Facharzt sowie mit ambulanter Pflege war konsistent zu der, die sich aus der Kosteneffektivität ergibt.
Schlussfolgerung Die azelluläre synthetische Matrix (ASM) bestätigte in einer klinischen Studie ihre signifikanten Heilungschancen,
die in das gesundheitsökonomische Modell zur chronischen Wunde eingeflossen sind. Unter den zugrunde liegenden Modellannahmen bekräftigt das
Modell angesichts von Kosteneinsparungen in allen Behandlungspfaden eines Ulcus cruris venosum/mixtum die Wirtschaftlichkeit einer möglichen
Verordnung der ASM im deutschen Kontext.