scholarly journals Schnittbilddiagnostik im InEK‑Benchmark

Der Radiologe ◽  
2022 ◽  
Author(s):  
V. Wienicke ◽  
T. Denecke ◽  
J. Henkelmann ◽  
R. Jacob ◽  
Nikolaus von Dercks

Zusammenfassung Hintergrund Anhand der vom Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus (InEK) kalkulierten Fallpauschalen ist ein Vergleich der eigenen Leistungsdaten gegenüber allen nach der DRG („diagnosis-related groups“, diagnosebezogene Gruppen) abrechnenden Kliniken in Deutschland möglich. Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, Über- oder Unterschreitungen von CT- oder MRT-Untersuchungen im Vergleich mit den InEK-Daten zu ermitteln und mögliche Verbesserungspotenziale zu erschließen. Methodik Die InEK-Kalkulationsdaten für 2021 wurden zur Bildung von Vergleichskennzahlen der CT- und MRT-Diagnostik auf DRG-Ebene herangezogen. Auf Fallebene wurden Daten eines universitären Maximalversorgers auf Gesamthaus‑, Klinik‑, DRG- und Hauptdiagnosen-Ebene gegenübergestellt. Ergebnis Auf Gesamthausebene zeigt sich eine Überschreitung der MRTs um 1025 und der CTs um 371 gegenüber InEK. Die Analyse nach Fachabteilungen ergab am Beispiel der Neurologie eine Überschreibung der MRTs gegenüber InEK um 489 sowie eine Unterschreitung der CTs um $$-$$ - 620. Der Benchmark der DRGs zeigte in beiden Untersuchungsmodalitäten insbesondere die DRG B70B als Treiber der Abweichungen (MRT + 42,7; CT − 273). Die identifizierten Abweichungen lassen sich auf Hauptdiagnosen-Ebene weiter herunterbrechen. Diskussion Das Bewusstsein über eine überdurchschnittliche Schnittbilddiagnostik kann einen wichtigen Anstoß zur Weiterentwicklung der Behandlungspfade einer Klinik bilden. Die Methodik des InEK-Benchmarks ist für jedes Krankenhaus anwendbar und identifiziert valide bereits erbrachte Leistungen und Prozesse mit einem Verbesserungspotenzial. Die Prüfung beeinflussender Faktoren sowie die Bewertung durch Mediziner und Kaufleute bildet die Voraussetzung für Akzeptanz und Erfolg der daraus generierten Maßnahmen.

Der Urologe ◽  
2021 ◽  
Author(s):  
Martin Baunacke ◽  
Christer Groeben ◽  
Angelika Borkowetz ◽  
Annemarie Uhlig ◽  
Marianne Leitsmann ◽  
...  

Zusammenfassung Hintergrund Die Behandlung von Harninkontinenz und erektiler Dysfunktion verbessert die Lebensqualität vieler Patienten. Insbesondere die Endoprothetik mit Sphinkter- und Penisprothesen erzielt hierbei sehr gute Ergebnisse, wenn konservative Therapieoptionen ausgeschöpft sind. Ziel dieser Studie ist eine Darstellung der Entwicklung und aktuellen Versorgungslage der Sphinkter- und Penisprothesenimplantation in Deutschland. Material und Methoden Wir führten eine Analyse der Diagnosis-Related-Groups-Abrechnungsdaten in Deutschland im Zeitraum von 2006 bis 2016 durch. Die Versorgungslage im Jahr 2016 beschrieben wir auf Basis der Qualitätsberichtsdaten der deutschen Krankenhäuser. Ergebnisse Von 2006 bis 2012 stieg die Zahl der implantierten Sphinkterprothesen in Deutschland von 739 auf 1112 (p < 0,001) und die Zahl der implantierenden Kliniken von 129 auf 206 (p < 0,001). Von 2012 bis 2016 fielen die Fallzahlen auf 980 und die Zahl der Kliniken auf 198. Im Jahr 2016 implantierten 168 (88 %) urologische Kliniken 1–9 Sphinkterprothesen und 23 (12 %) Kliniken ≥ 10 Sphinkterprothesen. Die 10 Top-Kliniken (≥20 Sphinkter) implantierten 34 % (283/839) aller Sphinkter. Von 2006 bis 2013 stieg die Zahl der implantierten Penisprothesen kontinuierlich von 263 auf 503 (p < 0,001) sowie die Zahl der implantierenden Kliniken von 71 auf 107 (p < 0,001). Von 2013 bis 2016 stagnierte die Fallzahl (p = 0,9) und die Zahl der implantierenden Kliniken (p = 0,5). Der Anteil implantierter Penisprothesen im Rahmen von Geschlechtsumwandlungen stieg von 17 % im Jahr 2006 auf 25 % im Jahr 2016 (p = 0,03). Im Jahr 2016 implantierten 83 (85 %) urologische Kliniken 1–6 Penisprothesen und 14 (15 %) Kliniken ≥ 7 Prothesen. Die 7 Top-Kliniken (≥20 Prothesen/Jahr) implantierten 232/448 (52 %) der Prothesen. Diskussion Der Versorgungsstand der urologischen Endoprothetik in Deutschland zeigt eine deutliche Zentrenbildung, aber auch eine große Zahl von Kliniken mit geringer Fallzahl. Seit 2012/2013 zeigt sich eine Stagnation der Fallzahlen von Penis- und Sphinkterprothesenimplantationen, die in Zusammenschau mit den Prostatektomiefallzahlen eine Unterversorgung vermuten lässt.


2016 ◽  
Vol 44 (04) ◽  
pp. 231-241
Author(s):  
Daniela Mader ◽  
Uta Delling ◽  
Tobias Theuß ◽  
Kristin Müller ◽  
Julia Offhaus ◽  
...  

Zusammenfassung Ziel der Studie war, die diagnostische Aussagekraft der mittels Niederfeld- Magnetresonanztomographie (MRT) erhobenen Befunde bei septischen Erkrankungen im Hufbereich nach durchdringenden Verletzungen (Nageltritt) zu überprüfen. Material und Methoden: Bei 10 Pferden mit Verletzungen im Hufbereich wurden die MRT-Befunde mittels klinischer, chirurgischer, röntgenologischer, sonographischer und computertomographischer Befunde und/oder postmortaler histologischer Untersuchung validiert. Ergebnisse: Am genauesten ließ sich eine Beteiligung des Strahlbeins nachweisen, die am besten in der fettunterdrückten Sequenz (Short-Tau-Inversion-Recovery-Sequenz, STIR) ermittelt wurde. Defekte der tiefen Beugesehne waren ausgezeichnet nachweisbar, aber unspezifischer als Veränderungen des Strahlbeins. Sie ließen sich am besten in transversalen T2-gewichteten Fast-Spin- Echo-Sequenzen (T2w FSE) nachvollziehen. Der Stichkanal war in sämtlichen Fällen in allen Ebenen erkennbar. Auch hier erwies sich die T2w FSE als gut geeignet. Am wenigsten deutlich konnte die septische Bursitis nachvollzogen werden. Eine Erkrankung der Bursa war am besten in der sagittalen Ebene erkennbar. Schlussfolgerung und klinische Relevanz: Die MRT-Diagnostik von Erkrankungen im Hufbereich nach Verletzung durch Fremdkörper (vor allem Nageltritt) stellt eine zuverlässige Untersuchungsmethode zur Absicherung der Diagnose dar. Dabei eignet sich eine transversale T2w FSE am besten zum Nachweis eines Stichkanals und Sehnendefekts. Für die Diagnostik der Bursitis sind der Stichkanalverlauf und sekundäre Reaktionen des Strahlbeins ausschlaggebend. Fettunterdrückte Sequenzen können eine Knochenbeteiligung gut nachweisen, wenn der Stichkanal nicht direkt bis auf den Knochen zu verfolgen ist. Die beschriebenen Fälle verdeutlichen, dass bei durchdringenden Verletzungen im Hufbereich eine MRT-Untersuchung angezeigt sein kann, wenn die Beteiligung von Strukturen vermutet wird, die eine schlechte Prognose bedingen. Nur die MRT erlaubt intravital eine Beurteilung der verschiedenen Strukturen innerhalb der Hornkapsel. Diese Information wie derum ist essenziell bei der Entscheidungsfindung für eine gezielte Therapie bzw. einer Vermeidung unnötiger Behandlungen.


Der Chirurg ◽  
2021 ◽  
Author(s):  
Johannes Binder ◽  
Maximilian Brunner ◽  
Matthias Maak ◽  
Axel Denz ◽  
Georg F. Weber ◽  
...  

Zusammenfassung Hintergrund Bereits während der ersten Welle der COVID-19-Pandemie wurden die deutschen Krankenhäuser dazu aufgefordert, ihre elektiven Operationskapazitäten einzuschränken, um eine Überlastung des Gesundheitswesens abzuwenden. Im März 2020 wurden mit dem COVID-19-Krankenhausentlastungsgesetz finanzielle Hilfen zum Ausgleich dieser Einschränkungen vereinbart. Die Auswirkungen dieser Maßnahmen wurden in dieser Studie regional untersucht. Material und Methoden Es wurden die Leistungsdaten und Erlöskennzahlen der Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie des Universitätsklinikums Erlangen (UKER) und der Chirurgischen Abteilung des Kreiskrankenhauses St. Anna Höchstadt/Aisch (KKH) im Zeitraum 01.04. bis 30.06.2019 mit denen des Jahres 2020 verglichen. Ergebnisse Es zeigte sich eine deutliche Reduktion der Bettenauslastung und der Fallzahlen stationär behandelter Patienten. Letztere sanken um 20,06 % im UKER bzw. 60,76 % im KKH. Nichtonkologische elektive Operationen nahmen um 33,04 % (UKER) bzw. 60,87 % (KKH) ab. Die Anzahl der Notfalleingriffe blieb am UKER unverändert und verringerte sich am KKH um 51,58 %.Die Erlöse aus DRG („diagnosis-related groups“) sanken um 22,12 % (UKER) und 54 % (KKH). Nach Berücksichtigung der Ausgleichszahlungen und Einsparungen aus variablen Sachkosten verzeichnete das UKER einen Verlust von −3,87 %, das KKH erreichte hingegen einen positiven Erlöseffekt von 6,5 %. Diskussion Die nichtselektive Einschränkung des elektiven Operationsbetriebs beeinflusste die Patientenversorgung und die Erlöskennzahlen an beiden Standorten signifikant. In Bezug auf die Schaffung von Intensivkapazitäten erscheint diese ungezielte Maßnahme jedoch nicht effizient. Zudem führte die einheitliche Freihaltepauschale zu einer unausgeglichenen Verteilung der finanziellen Hilfen zwischen den untersuchten Kliniken.


Author(s):  
G. Hinrichs ◽  
A. Behnisch ◽  
K. Krull ◽  
S. Reimers

Zusammenfassung Fragestellung: An einer Stichprobe von 145 männlichen Inhaftierten des Jugendstrafvollzuges wurden Einflussfaktoren, Struktur und Vorhersagbarkeit von Therapiemotivation erfasst. Methodik: Als Prädiktoren dienten biographische Daten, die Therapieerwartung, Persönlichkeitsmerkmale (gemessen mit dem FPI-R) sowie die psychische Belastung (erhoben über die Symptomcheckliste). Das Kriterium Therapiemotivation untergliederte sich in die Bereiche: Leidensdruck, Unzufriedenheit, Änderungswunsch, Hilfewunsch und Erfolgserwartung. Ergebnisse: Innerhalb der Stichprobe fand sich eine deutliche biographische, psychische und symptomatologische Belastung. Bei mittleren Werten für die Therapieerwartung und -motivation erklärten sich zwei Drittel zu einer Behandlung während ihrer Inhaftierung bereit. Schlussfolgerungen: Therapiemotivation erwies sich als eindimensionales Konstrukt, ließ sich am ehesten aus der emotionalen Labilität vorhersagen, gefolgt von der Symptombelastung, der Therapieerwartung sowie der Gehemmtheit. Bedeutsame Unterschiede durch zusätzliche Gruppenvergleiche fanden sich im Wesentlichen für die testpsychologischen Kennwerte, nicht so sehr für das Konstrukt der Therapiemotivation.


2000 ◽  
Vol 31 (3) ◽  
pp. 143-152 ◽  
Author(s):  
Marianne Hammerl
Keyword(s):  

Zusammenfassung: Sozialpsychologische Experimente stehen häufig in der Kritik, sie seien artifiziell und spiegeln nicht das «wirkliche Leben» wider. In diesem Zusammenhang weisen Aronson und Carlsmith (1968) darauf hin, dass es gar nicht die Aufgabe eines Experiments ist, die Lebenswelt zu simulieren, sondern ein Höchstmaß an experimenteller Realitätsnähe aufzuweisen (d. h. eine größtmögliche Wirkung auf die Versuchspersonen zu erzielen). Die experimentelle Realitätsnähe eines Laborexperiments wird wiederum bestimmt durch die Art der gewählten Operationalisierung der unabhängigen und abhängigen Variablen. Daher wurde in der vorliegenden Arbeit anhand von 6 kompletten Jahrgängen (1994-1999) der Zeitschrift für Sozialpsychologie überprüft, auf welche Weise diese Variablen in den jeweiligen experimentellen Arbeiten operationalisiert wurden. Es zeigte sich eine stark ausgeprägte Präferenz für hypothetische Szenarien zur Manipulation der unabhängigen Variablen und für Selbstberichtsverfahren zur Messung der abhängigen Variablen. Systematische Vergleiche zwischen verschiedenen experimentellen Settings wurden nur selten durchgeführt.


2002 ◽  
Vol 23 (3) ◽  
pp. 305-326 ◽  
Author(s):  
Peter Schulz ◽  
Wolff Schlotz ◽  
Jutta Wolf ◽  
Stefan Wüst
Keyword(s):  

Zusammenfassung: Obwohl Frauen durchschnittlich von mehr Befindensstörungen, Stress und körperlichen Beschwerden berichten als Männer, weist ihre höhere Lebenserwartung objektiv auf eine bessere Gesundheit hin. Zur Erklärung dieses paradoxen Befundes wird die interindividuell variierende Neigung zur Besorgnis herangezogen. In der Besorgnis-Skala des Trierer Inventar zur Erfassung von chronischem Stress (TICS) zeigt sich eine altersunabhängig stärker ausgeprägte Besorgnisneigung bei Frauen (N = 1255), die Geschlechtsunterschiede in anderen Skalen zum chronischen Stress aufklärt. In einer weiteren Stichprobe (N = 360) erklärt die Variable Besorgnisneigung Geschlechtsunterschiede bei stressbezogenen Variablen, die in der Literatur berichtet werden. Nach den hier vorgestellten Ergebnissen lassen sich die durchschnittlich höheren Werte von Frauen im Stresserleben, bei den fatalistisch-externalen Kontrollüberzeugungen, bei der Stressanfälligkeit, der Depressivität und bei körperlichen Beschwerden, sowie ihre geringeren Werte im Selbstwertgefühl und im Selbstkonzept eigener Fähigkeiten auf den Geschlechtsunterschied in der Besorgnisneigung zurückführen. Messungen der Cortisol-Aufwachreaktion und des Cortisol-Tagesprofils sind von der Neigung zur Besorgnis unabhängig. Die Befunde werden zur Erklärung der geschlechtsabhängigen Diskrepanz zwischen Morbidität und Mortalität herangezogen.


2015 ◽  
Vol 72 (9) ◽  
pp. 587-591
Author(s):  
Claas Lennart Neumann ◽  
Egbert Godehard Schulz
Keyword(s):  

Zusammenfassung. Trotz zahlreicher Probleme bei der Umsetzung und den bereits zahlreichen vorhandenen telemedizinischen Ansätzen zeigt sich eine zunehmender Wunsch nach mehr Integration von IT-Lösungen in das Gesundheitssystem bei allen beteiligten Akteuren (Patienten, Ärzte, Software- und Hardwareentwickler, Versicherer und Leistungserbringer etc.). Dies spiegelt wieder, dass die digitalen Lösungen in der Medizin noch nicht im 21. Jahrhundert angekommen sind und weit hinter ihren Möglichkeiten zurückbleiben. So bleiben telemedizinische Ansätze „Leuchtturmprojekt“ meist ohne mittel- und langfristige Bedeutung für die medizinische Patientenversorgung oder die wissenschaftliche Forschung und ist weit entfernt von einer überregionalen bzw. nationalen Standardisierung. Das EUSTAR-Register unter der ESH-Schirmherrschaft wird konzipiert, um durch die Verwendung der innovativen Softwarelösung SCITIM® die noch bestehenden informationstechnischen Lücken zu schließen und eine breite Verwendung von Telemedizin unter der Schaffung von wissenschaftlichen und wirtschaftlichen Evidenzen zu ermöglichen. Der Ansatz des interventionellen dezentralen Telemonitorings (idTM®) scheint hierfür am geeignetsten, da eine klare und direkte Arzt-Patienten-Bindung und -Kommunikation erhalten bleibt. Der grundsätzliche Bewertungsmaßstab, die Qualität der telemedizinischen Applikation von der medizinischen Qualität der Handlungskonsequenz abzuleiten, findet bei der Mehrzahl der in kleineren Projekten etablierten Anwendungen und Verfahren kaum Berücksichtigung.


2015 ◽  
Vol 72 (4) ◽  
pp. 225-231
Author(s):  
Irene Bopp-Kistler

Vor der Diagnoseeröffnung geht sowohl für die Demenzerkrankten, wie aber auch für ihre Angehörigen eine lange Zeit der Unsicherheit, der Verunsicherung, der Angst, der Zweifel, aber auch von Konflikten voraus. Der Beginn einer neurodegnerativen Erkrankung ist immer mit sehr vielen offenen Fragen verbunden. Wenn jüngere Patienten noch im Berufsleben stehen, löst bereits das Stadium des Mild Cognitive Impairment Fehlleistungen, Burnout, Mobbing, Depression und Krankschreibung aus. In der Partnerschaft entstehen Konflikte und Schuldzuweisungen. Es ist viel zu wenig bekannt, dass meist diese Probleme auf Beziehungsebene belastender sind als die typischen Defizite, die auf die Demenzerkrankung zurückzuführen sind. Es besteht leider immer noch die Meinung, dass sich eine Abklärung und Diagnosestellung nur bei Krankheiten lohnt, die auch behandelbar sind. Ziel jeder evidenzbasierten Medizin sollte es aber sein, den Patienten und ihren Angehörigen eine möglichst gute Lebensqualität zu geben. Und diese Forderung ist besonders bezüglich Demenzdiagnose zu stellen. Ein offenes Diagnoseeröffnungsgespräch ermöglicht es den Patienten und ihren Angehörigen, sich mit der Situation auseinander zu setzen, miteinander Lösungsstrategien zu suchen in der herausfordernden Situation einer Demenzerkrankung, die immer das ganze familiäre und soziale System betrifft. Der Patient hat das Recht auf Information über seine Diagnose, das gilt auch für die Demenzerkrankten. Das Diagnosegespräch erfordert Zeit und höchste Professionalität, das Wissen um die individuellen Defizite und Ressourcen, die soziale Situation und die Biographie und Persönlichkeit der Patienten, aber auch ihrer Angehörigen. Das Diagnosegespräch löst viele Emotionen aus, es ist wichtig auf diese einzugehen und diese auch aufzunehmen. Primär sollte mit dem Patienten gesprochen werden, aber möglichst im Beisein der Angehörigen, wichtig dabei ist die Wertschätzung des Demenzerkrankten auch bei Anosognosie. Den Angehörigen sollten nicht Ratschläge gegeben werden, sondern es sollte in einem therapeutischen Gespräch auf ihre Gefühle des permanenten Abschiednehmens der geliebten Person eingegangen werden, auf ihre Trauer und Wut. Erst dann wird die Grundlage gelegt, damit gemeinsam im Sinne eines verhaltenstherapeutisch-systemischen Settings Lösungsstrategien gefunden werden können. Begleitung von Demenzerkrankten und ihren Angehörigen bedeutet somit nicht nur Case-Management und Beratung, wobei auch dies von großer Wichtigkeit ist, sondern sich Einlassen auf die veränderte Beziehung und Situation. Dann kann Resilienz entstehen, welche Voraussetzung dafür ist, dass die langdauernde Krankheit, die mit einem permanenten Abschiednehmen verbunden ist, gemeistert werden kann.


2012 ◽  
Vol 69 (5) ◽  
pp. 315-323 ◽  
Author(s):  
Hänsel ◽  
von Känel

Die moderne psychosomatische Forschung untersucht den Einfluss psychosozialer Faktoren auf die Blutdruckkontrolle und Ausbildung einer manifesten arteriellen Hypertonie. Diese Übersichtsarbeit fokussiert zuerst auf das aktuelle Stresskonzept, verschiedene Anteile, die die Intensität der Stressreaktion mitbestimmen, und physiologische Veränderungen durch mentalen Stress. Anhand verschiedener psychosozialer Faktoren (z. B. Zivilstand, soziale Unterstützung, sozio-ökonomischer Status, Bedingungen am Arbeitsplatz), werden Auswirkungen auf den arteriellen Blutdruck analysiert. Weiter wird auf den Einfluss von Persönlichkeitsfaktoren und der Kognition auf den Blutdruck eingegangen. Im zweiten Teil werden verhaltensmedizinische Interventionen und die Auswirkungen von Entspannungstechniken zur Therapie der arteriellen Hypertonie erläutert. Zusammenfassend zeigt sich eine gute Evidenz für eine Erhöhung des arteriellen Blutdrucks und die Ausbildung einer arteriellen Hypertonie durch psychosoziale Stressoren. Ebenso gibt es Hinweise, dass verhaltenstherapeutisch orientierte und mit Entspannungstechniken kombinierte Interventionen einen Beitrag zu einer statistisch und klinisch relevanten Blutdrucksenkung leisten können.


Pflege ◽  
2004 ◽  
Vol 17 (6) ◽  
pp. 364-374 ◽  
Author(s):  
Heiner Friesacher
Keyword(s):  

In dieser Arbeit wird das Konzept der Gouvernementalität des französischen Philosophen Michel Foucault (1926–1984) vorgestellt und seine Übertragung auf die Pflegewissenschaft aufgezeigt. Der Begriff Gouvernementalität entstammt den Spätschriften Foucaults und bildet eine Fortsetzung, Erweiterung und Akzentverschiebung seiner einflussreichen Analytik der Macht. Die Problemkomplexe Staat und Subjektivität kann Foucault mit der strategischen Konzeption von Macht nicht hinreichend unter einer einheitlichen analytischen Perspektive untersuchen. Erst mit dem Begriff der Regierung und dem Konzept der Gouvernementalität findet Foucault eine befriedigende Analysemethode. Machtbeziehungen werden hierbei unter dem Blickwinkel von Führung untersucht; so lassen sich Sozialtechnologien und Technologien des Selbst in ihrer Beziehung zueinander analysieren. Mittels dieser Perspektivenerweiterung gelingt die Analyse neoliberaler Gouvernementalität. Es lässt sich eine Neudefinition des Verhältnisses von Staat und Ökonomie aufzeigen, wobei der Markt zum regulierenden Prinzip des Staates wird und das Ökonomische alle Bereiche menschlichen Handelns umfasst. Die bisherige Foucault-Rezeption in der Pflegewissenschaft schließt (bis auf wenige Ausnahmen) nicht an die Spätschriften Foucaults an und bleibt damit in ihren Möglichkeiten begrenzt. Exemplarisch wird in dieser Arbeit der Qualitätsdiskurs und die Problematik der Bedürfnisinterpretation untersucht. In beiden Feldern lässt sich zeigen, wie sowohl die Patienten als auch die Pflegenden im Sinne neoliberaler Subjektbildung geformt werden und letztlich pflegerisches Handeln zu ökonomischem Handeln transformiert wird.


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