Herzfrequenzvariabilität – Stand der Forschung und klinische Anwendbarkeit

Praxis ◽  
2019 ◽  
Vol 108 (7) ◽  
pp. 461-468
Author(s):  
Marc Fouradoulas ◽  
Roland von Känel ◽  
Jean-Paul Schmid

Zusammenfassung. Die Messung der Herzfrequenzvariabilität (HRV) erlaubt Rückschlüsse auf die Aktivität des autonomen Nervensystems (ANS). Eine autonome Dysbalance (AD) findet sich als gemeinsame Komponente zahlreicher Erkrankungen. Vielfach geht diese einer Erkrankung voraus und korreliert mit dem Therapieansprechen. Sie hat damit neben dem pathologischen auch einen prädiktiven Wert. Daneben stellt die Herzfrequenzvariabilität (HRV) in Ruhe ein psychophysiologisches Phänomen mit breiter Aussagekraft dar. Psychisches Erleben wirkt sich über das ANS auf die physiologische Homöostase, einschliesslich Immunprozesse, aus, was psychosomatische Effekte biologisch untermauert und durch HRV messbar macht. Das autonome Nervensystem (ANS) als Schnittstelle dieser psychophysiologischen Regulation gewinnt durch die HRV-Forschung zunehmend Bedeutung und ermöglicht ein besseres Verständnis der Zusammenhänge zwischen Psyche, Lebensstil, autonomer Regulation und chronischen körperlichen Erkrankungen. Sie bedingt eine systemische, Organ-übergreifende Sichtweise sowie eine Orientierung an langfristigen Prozessen. Die Beurteilung und Normalisierung der AD stellt dadurch eine neuartige therapeutische Strategie dar, von der sich zahlreiche Interventionen und Lebensstilmodifikationen ableiten lassen. So erhalten Interventionen, die den Vagotonus stärken (aerobes bzw. moderates körperliches Training, Relaxationstechniken, Vagusstimulation etc.), eine zunehmende Bedeutung. Gegenüber der einfachen nicht-invasiven Messung und Beliebtheit als Forschungsinstrument steht die Komplexität der Interpretation und die zurückhaltende Umsetzung in der klinischen Praxis. Nichtsdestotrotz existieren Guidelines und Normwert-Sammlungen, derer sich der Anwender bedienen kann.

2018 ◽  
Vol 66 (3) ◽  
pp. 145-155 ◽  
Author(s):  
Rolf-Dieter Stieglitz ◽  
Harald J. Freyberger ◽  
Wolfgang Hiller

Zusammenfassung. In der klinischen Praxis gewinnen evidenzbasierte Behandlungsleitlinien zunehmend an Bedeutung. Innerhalb dieser finden sich jedoch nur unbefriedigende Informationen zur Diagnostik, speziell im Hinblick auf eine therapie-begleitende Diagnostik. Der Erfolg einer Therapie, ob Psycho- und/oder Pharmakotherapie, hängt jedoch von der Verzahnung von Therapie und Diagnostik ab, um z.B. den Therapieverlauf und -erfolg zu bewerten und bei Bedarf die therapeutische Strategie zu ändern. Der Ansatz des Evidence-Based Assessment (EBA) bietet hier ein hilfreiches Rahmenmodell und konkrete Vorschläge sowie Kriterien zur Realisierung dieser Verzahnung. Im Beitrag soll EBA vorgestellt sowie anhand ausgewählter Störungsgruppen illustriert werden.


Praxis ◽  
2017 ◽  
Vol 106 (3) ◽  
pp. 135-142
Author(s):  
Annina Seiler ◽  
Natalie Büel-Drabe ◽  
Josef Jenewein

Zusammenfassung. Die tumorassoziierte Fatigue ist ein häufig auftretendes und ernstzunehmendes Beschwerdebild mit belastenden körperlichen, psychischen und sozialen Auswirkungen, das im Verlauf einer Brustkrebserkrankung zu jedem Zeitpunkt auftreten kann. Das Erscheinungsbild der tumorassoziierten Fatigue ist in der klinischen Symptomatik wie auch in den pathophysiologischen Mechanismen sehr heterogen und komplex. Sowohl die Abklärung von Ursachen als auch die Behandlung erfordert ein differenziertes Vorgehen. Eine frühzeitige Therapie der tumorassoziierten Fatigue ist wichtig, um einer möglichen Chronifizierung entgegenzuwirken. Die Behandlung der Fatigue-Symptomatik erfolgt mittels medikamentöser und nicht-medikamentöser Therapieansätze. Während pharmakologische Interventionen mit Psychostimulanzien in der Behandlung der Fatigue-Symptomatik inkonsistente Resultate zeigen, können die Beschwerden der Fatigue-Symptomatik durch nicht-pharmakologische Interventionen, besonders körperliches Training, kognitiv-behaviorale Therapie, Psychoedukation, komplementärmedizinische Behandlungen (Akupunktur, Yoga, phytotherapeutische Verfahren mit Ginseng) deutlich gemindert werden.


2019 ◽  
Vol 38 (11) ◽  
pp. 841-844
Author(s):  
Clara Theil

ZUSAMMENFASSUNGDie Alzheimer-Demenz und andere Demenzerkrankungen stellen aufgrund der steigenden Prävalenzraten immer größer werdende Gesundheitsprobleme dar. Untersuchungen zeigen, dass sich eine hohe körperliche Fitness positiv auf die kognitive Leistungsfähigkeit von Personen auswirkt. Körperliche Fitness kann nicht nur neuronale Prozesse stimulieren, sondern geht zudem mit einer guten Leistung in kognitiven Tests einher. Folglich ist es plausibel, dass sich körperliche Trainings zur Demenzprävention eignen. Aktuelle metaanalytische und längsschnittliche Befunde liefern Evidenz dafür, dass eine Kombination aus körperlichen und kognitiven Interventionen eher zur Aufrechterhaltung kognitiver Funktionen beiträgt, als eine ausschließliche Verbesserung der körperlichen Fitness.


2020 ◽  
Vol 29 (03) ◽  
pp. 227-230
Author(s):  
Luisa Beck ◽  
Jamil Sahar

ZusammenfassungRehabilitationssport (RS) und Funktionstraining (FT) nach § 64 SGB IX bieten Menschen mit einer Osteoporose-Erkrankung die Möglichkeit, eigenverantwortlich Einfluss auf ihren gesundheitlichen Status zu nehmen. RS und FT sind nach ärztlicher Verordnung durch die Rehabilitationsträger zu bewilligen und werden in einer anerkannten Sportgruppe unter Leitung eines lizenzierten Übungsleiters durchgeführt. Der Leistungsumfang des RS und FT ist grundsätzlich nicht beschränkt. Beides kann bis zu 3-mal pro Woche verordnet werden, die Mindestdauer einer Übungseinheit (ÜE) liegt bei RS bei 45 min, bei FT bei 30 min bzw. 15 min. Die Teilnehmerobergrenze orthopädischer Indikationen liegt bei 15 Personen. RS- und FT-Gruppen sind zur Sicherung und Weiterentwicklung der Qualität der von ihnen erbrachten Leistung verpflichtet und müssen an Qualitätssicherungsprogrammen der Rehabilitationsträger teilnehmen. Betrachtet man neben den verbindlichen Regelungen die relativ hohe Dichte an Gruppen in Deutschland, so bietet sich der RS und FT als ideales Vehikel zur Sekundär- und Tertiärprävention der Osteoporose an. Allerdings ist die Effektivität von RS und FT auf indikationsspezifische Größen derzeit nicht nachgewiesen.


2020 ◽  
Vol 29 (03) ◽  
pp. 207-214
Author(s):  
Simon von Stengel ◽  
Wolfgang Kemmler

ZusammenfassungOsteoporotische Frakturen sind ein hochrelevantes Problem unserer überalterten Gesellschaft. Die zentralen Zielparameter, welche in diesem Zusammenhang im Rahmen eines körperlichen Trainings angesteuert werden können, sind die Bereiche „Sturzhäufigkeit“ und „Knochenfestigkeit“ als wesentliche Determinanten des Frakturrisikos. Die Konzeption und Durchführung eines frakturwirksamen Trainings ist aus trainingswissenschaftlicher Sicht allerdings äußerst komplex und verlangt eine auf die anvisierte Zielsetzung und Personengruppe abgestimmte Komposition von Trainingsinhalten und Belastungsnormativen. Zur Senkung des Sturzrisikos sind neben einem gezielten Gleichgewichtstraining insbesondere multimodale Bewegungsprogramme, welche Gleichgewichts- und Kraftübungen beinhalten, geeignet. Für ein knochenwirksames Training können intensive osteogene Reize am Knochen über Muskelzüge im Rahmen eines Krafttrainings oder durch axiale Belastungen im Rahmen von gewichtstragenden High-impact-Übungen generiert werden. Ziel dieses Übersichtsartikels ist es, basierend auf der aktuellen Evidenz, Grundlagen und Strategien zur effektiven Frakturprophylaxe durch Sturzreduktion und positive Beeinflussung der Knochendichte durch körperliches Training herauszuarbeiten.


2008 ◽  
Vol 02 (04) ◽  
pp. 181-186
Author(s):  
J. Lecheler

ZusammenfassungDie Häufigkeit von Adipositas steigt seit einer Generation bei Kindern und Jugendlichen ebenso an wie die Häufigkeit von Asthma bronchiale. Epidemiologische Untersuchungen lassen vermuten, dass es kausale Verknüpfungen zwischen diesen beiden Krankheitsbildern gibt. Die Einschränkungen der Lungenfunktion Adipöser lassen jedoch auch einen anderen Schluss zu: Verminderte Flussraten in der Spirometrie sind nur in Relation zur gleichsinnig verminderten Vitalkapazität zu verstehen und können, absolut genommen, missverständlich als Asthma interpretiert werden. Missverständnisse können auch durch falsche Bewertungen der subjektiv empfundenen Dyspnoe ausgelöst werden. Der pathologischer Ausfall in Hyperreagibilitätstests Adipöser andererseits ist auf funktionelle Veränderung der glatten Muskulatur in den Atemwegen zurückzuführen (“bronchial latching”). Diese adipositasinduzierte bronchiale Dysfunktion bedarf jedoch keiner antiinflammatorischen oder broncho- spasmolytischen Theapie. Körperliches Training und Gewichtsreduktion sind dagegen ein kausaler Behandlungsansatz. Ein passiveres Bewegungsverhalten im Kindes- und Jugendalter mit häufigem Medienkonsum führt nicht nur zur Zunahme von Adipositas, sondern trägt auch zur Asthma-Entwicklung bei. Adipositas und Asthma sind dabei unabhängig voneinander Folgen einer gemeinsamen Ursache, können sich später jedoch ungünstig verstärken.


Pneumologie ◽  
2020 ◽  
Author(s):  
H. Worth ◽  
R. Bock ◽  
M. Frisch ◽  
O. Göhl ◽  
E. Grünig ◽  
...  

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