Stationäre Therapie der komplexen PTBS in Folge körperlicher oder sexualisierter Gewalt in der Kindheit: Wirksamkeit und Prädiktoren des Behandlungsverlaufs
Zusammenfassung Hintergrund Die Wirksamkeit stationärer traumafokussierter Psychotherapie ist bei PatientInnen mit komplexer posttraumatischer Belastungsstörung (PTBS) insbesondere unter klinischen Routinebedingungen unzureichend belegt. Ziel dieser Untersuchung war neben der Verlaufsanalyse die Identifikation von Prädiktoren des Behandlungserfolges. Methode 150 PatientInnen der Abteilung für Psychotraumatologie der Klinik St. Irmingard mit komplexer PTBS in Folge körperlicher oder sexualisierter Gewalt in der Kindheit beantworteten Fragebögen zu PTBS, Kindheitstraumata, Achtsamkeit, Dissoziation und allgemeiner Psychopathologie. Die Unterschiede zwischen Prä- und Postmessung wurden regressionsanalytisch untersucht. Mittels konditionalem Klassifikationsbaum wurde untersucht, welche Parameter eine Response prädizieren. Ergebnisse Die signifikante Verbesserung der PTBS-Symptomatik entsprach einem großen Effekt (d=1,8) und einer Responserate von 52% gemäß Reliable Change Index (p<0,05). Hinsichtlich anderer Symptombereiche waren Verbesserungen in der Größenordnung mittlerer bis großer Effekte (0,5<d<1,1) zu beobachten. Sowohl Abbrüche (7%) als auch Verschlechterungen (4%) waren selten. Somatoforme Beschwerden, das Vorliegen einer komplexen dissoziativen Störung sowie Achtsamkeitsdefizite erwiesen sich als negative Prädiktoren einer reliablen Besserung der PTBS-Belastung. Diskussion und Schlussfolgerung Traumafokussierte Psychotherapie ist unter naturalistischen Bedingungen bei PatientInnen mit komplexer PTBS sicher und wirksam durchführbar. Zugleich zeigen sich hohe Nonresponseraten. Zukünftige Untersuchungen sollten die Bedeutung der identifizierten Prädiktoren für Nonresponse näher untersuchen. Mögliche Maßnahmen zur Reduktion von Nonresponse werden diskutiert.