Der Traum, die durch einen Autoimmunpozess zerstörten Inseln des Pankreas (genauer der Betazellen) ersetzen zu können, rückte im Juli 2000 durch eine bahnbrechende Studie über Inseltransplantation einen beträchtlichen Schritt näher. In Edmonton konnte gezeigt werden, dass dank Transplantation von Inseln bei nicht urämischen Patienten mit Typ 1 Diabetes das Erreichen einer vollkommenen Insulinunabhängigkeit zur Regel wird. Der Erfolg, der inzwischen an vielen anderen Orten der Welt repliziert werden konnte, ist dadurch zu erklären, dass die Inseln von mehreren Spendern und eine steroidfreie Immunsuppression verwendet wurde. Dank dieses «Edmonton Protokolls» konnte die Insulinunabhängigkeit ein Jahr nach Transplantation auf 80% gesteigert werden. Es wurde aber auch festgestellt, dass beim längeren Follow-up dieser Prozentsatz deutlich absinkt. Aus diesem Grunde müsste von Zeit zu Zeit eine Inseltransplantation wiederholt werden, um die Insulinunabhängigkeit aufrecht erhalten zu können. Wegen dem ausgeprägten Organmangel kam es zu einem Paradigmenwechsel: Das Hauptziel, welches mit der Inseltransplantation verfolgt wird, ist nicht mehr unbedingt eine Insulinunabhängigkeit, sondern eine gute Blutzuckerkontrolle unter Vermeidung von schweren Hypoglykämien. Dieses Ziel kann bei 80–90% aller Patienten, welche eine Inseltransplantation erhielten, erfüllt werden, auch wenn geringe Dosen von Insulin injiziert werden müssen. Die lebenslang notwendige Immunsuppression hingegen limitiert diese praktisch komplikationslose Therapieform auf Patienten, welche eine andere Organtransplantation benötigen oder trotz optimierter Diabetesbehandlung lebensbedrohliche Hypoglykämien erleiden. Die häufigste Indikation bei uns sind Patienten mit einer chronischen dialysepflichtigen Niereninsuffizienz und einem Typ 1 Diabetes mellitus. Diese Patienten sollten auf die Möglichkeit einer kombinierten Insel-Nierentransplantation oder Pankreas-Nierentransplantation aufmerksam gemacht werden. Die Wahl, ob eine Insel- oder Pankreastransplantation in Frage kommt, hängt in allererster Linie vom Alter und vom Ausmaß der Begleiterkrankungen, vor allem kardiovaskulärer Art, ab, die wiederum mit Diabetesdauer, Alter und Qualität der Blutzuckereinstellung zusammenhängen.