Verzögerte Diagnose eines MYH9-assoziierten Syndroms bei einem Mann mit Azoospermie und Kinderwunsch

Author(s):  
Nina Cooper ◽  
Ulrich Sachs ◽  
Kathrin Heidinger

ZusammenfassungWir berichten über einen 46-jährigen Patienten mit einer seit 20 Jahren bestehenden Diagnose einer chronischen Immunthrombozytopenie. Die Vorstellung des Patienten in unserer Gerinnungsambulanz erfolgte zur Abklärung der Thrombozytopenie und zur Therapieempfehlung vor geplantem Eingriff zur operativen Spermatozoengewinnung bei einer nicht obstruktiven Azoospermie und Kinderwunsch. Kortikosteroide zeigten in der Vergangenheit keinen klinischen Effekt. Klinisch relevante Blutungen waren bisher nicht aufgetreten. Im Alter von 36 Jahren wurde eine Kataraktoperation durchgeführt, ferner bestand ein beginnender Hörverlust im hohen Frequenzbereich. Unsere Untersuchungen ergaben eine Plättchenzahl von 31 × 109/l, ein erhöhtes mittleres Thrombozytenvolumen (MPV 16,8 fl) und keinen Nachweis freier oder gebundener thrombozytärer Autoantikörper. Ein Bernard-Soulier-Syndrom konnte ausgeschlossen werden. Im Blutausstrich zeigten sich Einschlusskörperchen in den neutrophilen Granulozyten. Der Verdacht auf eine MYH9-assoziierte Thrombozytopenie konnte durch eine genetische Untersuchung des MYH9-Gens bestätigt werden (c.5717C>T; p.Thr1906Met [heterozygot]) und eine heterozygote Duplikation des Bereichs des Intron-Exon-Übergangs von Exon 37. Die testikuläre Spermienextraktion konnte erfolgreich mit präoperativer Gabe von Desmopressin i. v. durchgeführt werden. Dieser Fall zeigt, dass Patienten mit einer MYH9-assoziierten Thrombozytopenie als Patienten mit Immunthrombozytopenie fehldiagnostiziert werden können und es dadurch zu falschen Therapieentscheidungen kommen kann. Dabei kann die einfache Beurteilung des mittleren Thrombozytenvolumens und des Blutausstrichs bei der Diagnosefindung sehr hilfreich sein.

Author(s):  
Daniel Sagebiel

<span class="fett">Allgemeine Problemstellung:</span> Die Tuberkulose (TB) ist neben HIV/AIDS und Malaria die weltweit häufigste Infektionskrankheit. Etwa ein Drittel der Weltbevölkerung ist mit Mycobacterium tuberculosis (M. tuberculosis) infiziert, wobei 5–10 % der Betroffenen im Laufe ihres Lebens eine TB entwickeln. TB ist global weiter auf dem Vormarsch und bei HIV-Infizierten die Todesursache Nummer eins. Alle 15 Sekunden stirbt ein Mensch an TB und über 95 % der neuen TB-Fälle treten in Entwicklungsländern auf. </p><p> <span class="fett">Aktuelle Relevanz:</span> Bei abnehmender Erkrankungshäufigkeit in Deutschland und in vergleichbaren Industrieländern begegnet die Tuberkulose dem praktizierenden Mediziner hierzulande zunehmend seltener. So wurden im Jahr 2005 insgesamt nur noch 6.057 Tuberkuloseerkrankungen an das Robert-Koch-Institut (RKI) gemeldet (Robert-Koch-Institut, 2006).1995 waren in Deutschland noch doppelt so viele (n= 12.198) und 1985 dreimal so viele (n=20.074) Menschen erkrankt (WHO, 2006a). </p><p> <span class="fett">Schlussfolgerungen:</span> Als Folge mangelnder Erfahrung wird im klinischen Alltag häufig erst spät an eine TB gedacht. Die dadurch verzögerte Diagnose und Therapie gefährdet den Therapieerfolg und kann somit zu einer Zunahme von Mortalität und Transmission führen.


2014 ◽  
Vol 14 (03) ◽  
pp. 173-181
Author(s):  
B.C. Dobner ◽  
U. Pleyer
Keyword(s):  

ZusammenfassungIntraokulare Entzündungen sind im Kindesalter eine der häufigsten Ursachen gesetzlicher Blindheit in Europa. Daher kommt der Diagnostik und Behandlung der Uveitis im Kindesalter besondere Bedeutung zu. Der oft asymptomatische Beginn der Entzündung und die dadurch verzögerte Diagnose führen nicht selten zu einer funktionell schlechteren Prognose gegenüber Erkrankungen im späteren Lebensalter. Bei etwa 20–30 % betroffener Augen verbleiben irreversible Schäden. Ziel dieses Beitrages ist es, auf die diagnostischen und therapeutischen Besonderheiten einzugehen, um Risiken und Komplikationen auf ein Minimum zu reduzieren.


Praxis ◽  
2008 ◽  
Vol 97 (6) ◽  
pp. 305-312 ◽  
Author(s):  
O. P. Gautschi ◽  
D. Cadosch ◽  
G. Hildebrandt

Akute Rückenschmerzen gehören zu einem der häufigsten Gründe für einen Hausarzt- oder Notarztbesuch. Bis zu 90% der Erwachsenen leiden im Laufe ihres Lebens an mindestens einer Rückenschmerzepisode.Obwohl es sich bei den meisten Patienten um ein unkompliziertes, gutartiges Krankheitsbild handelt und es bei 80–90% der Betroffenen innerhalb von 4 bis 6 Wochen zu einer Beschwerdebesserung kommt, liegen bei einem kleinen Anteil schwerwiegende Krankheitsbilder zugrunde. Zu diesen gehören unter anderem eine Aortendissektion, ein rupturiertes Aortenaneurysma, eine vertebrale Osteomyelitis, ein spinaler epiduraler Abszess und das Caudaequina- Syndrom (CES). Letzteres beinhaltet die akute Komprimierung der Nervenwurzeln der Cauda equina. Die Patienten präsentieren sich häufig posttraumatisch mit Rückenschmerzen und der klinischen Trias: Reithosenanästhesie, Blasen- oder Mastdarmfunktionsstörungen und muskuläre Schwäche der unteren Extremitäten. Eine verzögerte Diagnose und Behandlung kann zu einer signifikant erhöhten Morbidität führen. Deshalb sind eine frühzeitige Diagnose und die Einleitung der notwendigen therapeutischen Schritte essentiell. Ausführliche Patientenanamnese und körperliche Untersuchung führen zur Verdachtsdiagnose. Im Folgenden werden klinische Präsentation, Diagnostik und massgebende Therapie des CES praxisnah besprochen.


2017 ◽  
Vol 26 (01) ◽  
pp. 36-41
Author(s):  
F. Genest ◽  
L. Seefried

ZusammenfassungBei der Hypophosphatasie handelt es sich um eine seltene genetisch determinierte und somit erbliche Stoffwechselerkrankung, bedingt durch eine Mutation im ALPL-Gen (OMIM 171760). Infolgedessen kommt es zu einer defizienten Aktivität der alkalischen Phosphatase. Die gewebeunspezifische AP spielt eine entscheidende Rolle für die Skelettmineralisierung und ist für mehr als 90 Prozent der im Serum gemessenen APAktivität verantwortlich. Sowohl durch die reduzierte Enzymaktivität wie auch durch die vermehrt anfallenden Substrate (PLP und PEA) kommt es zu einer gestörten Skelettmineralisierung. Je nach Manifestationsalter und Diagnosezeitpunkt unterscheidet man formal zwischen verschiedenen Formen der Hypophosphatasie (perinatale, pränatal benigne, infantile und adulte Form – die Odonoto-HPP stellt dabei eine Sonderform dar), wobei die Grenzen im klinischen Alltag oft verschwimmen und nicht konkret voneinander zu separieren sind. Diagnostisch steht an erster Stelle die Bestimmung der erniedrigten AP im Serum und nach wiederholter und differenzialdiagnotisch abgewägter Messung bringt letztlich eine genetische Untersuchung des ALPL-Gens Klarheit über das Vorliegen einer Hypophosphatasie.


2007 ◽  
Vol 7 (04) ◽  
pp. 183-187
Author(s):  
Sibylle Strenge ◽  
Ursula Froster ◽  
Annegret Kujat

ZusammenfassungDie genetische Beratung ist integraler Bestandteil in der Abklärung genetisch bedingter und mitbedingter Entwicklungsstörungen im Kindesalter. Wichtige Elemente der genetischen Beratung sind die Stammbaumerhebung sowie die klinisch-genetische Untersuchung. Dabei gilt es, das Auftreten von einzelnen Merkmalen, Dysmorphiezeichen und klinischen Manifestationen zu einem Gesamtbild zusammenzuführen. Bereits ab dem frühen Kleinkindesalter ist die Diagnosefindung für die Eltern außerordentlich wichtig – einerseits, um einen Namen für die Entwicklungsstörung zu finden und damit auch eine Ursache benennen zu können und andererseits, um die Entwicklung der Kinder zu unterstützen. Ein weiterer Aspekt in der Arbeit der Humangenetik ist die Bestimmung des Wiederholungsrisikos.


2009 ◽  
Vol 28 (04) ◽  
pp. 211-216
Author(s):  
P. Zill ◽  
M. Rietschel ◽  
W. Maier ◽  
D. Rujescu

ZusammenfassungDas Risiko für suizidales Verhalten wird durch ein komplexes Wechselspiel zwischen soziokulturellen Faktoren, traumatischen Lebenserfahrungen, psychiatrischer Vorgeschichte, Persönlichkeitsfaktoren und genetischer Vulnerabilität determiniert. Letzteres wird durch Familien-, Zwillingsund Adoptionsstudien unterstützt, die darauf hinweisen, dass Suizidhandlungen eine von der Heritabilität psychiatrischer Erkrankungen unabhängige genetische Komponente besitzen. Eine der größten epidemiologischen Untersuchungen konnte in diesem Zusammenhang zeigen, dass sich das Risiko für einen eigenen Suizidversuch um den Faktor 4,2 erhöhte, wenn die leibliche Mutter einen Suizidversuch begangen hatte, sowie um den Faktor 3,3 bei einem Suizidversuch des leiblichen Vaters. Dieser familiären Häufung könnte eine gewisse Vulnerabilität zugrunde liegen, die teilweise auf genetische Risikofaktoren zurück zu führen sein könnte. In diesem Artikel werden Strategien zur Suche nach genetischen Risikofaktoren für suizidales Verhalten auf molekularer Ebene aufgeführt (z. B. Kopplungs-, Assoziations-, Microarrayoder genomweite Assoziationsstudien) sowie die bisherige Datenlage zur Thematik diskutiert. Letztendlich ist zu hoffen, dass die genetische Untersuchung in Zukunft dazu beitragen kann, Patienten mit einem erhöhten Suizidrisiko zu identifizieren, sodass eine adäquate Therapie frühzeitig eingeleitet und die Suizidrate gesenkt werden kann.


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